Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
Untersuchung überwucherter Ruinen im Dschungel zeigten? Wo waren die exotischen Andenken, die er nach Hause mitgebracht haben musste? Und stand in keinem Buch etwas über ihn?
    Seine Mutter wusste es nicht. Aber einmal hatte sie etwas gesagt, das ihm im Gedächtnis haften geblieben war.
    »Eines Tages«, hatte sie gesagt, »wirst du in die Fußstapfen deines Vaters treten. Auch du wirst ein bedeutender Mann werden. Du wirst sein Werk fortsetzen …«
    Und obwohl Will nicht wusste, was das genau hieß, verstand er doch die Bedeutung der Worte, und Stolz und Hoffnung erfüllten ihn. Alle seine Spiele würden eines Tages Wirklichkeit werden. Sein Vater lebte noch, irgendwo verloren in der Wildnis, und er würde ihn retten und sein Werk fortsetzen … Ein so großes Ziel lohnte jede Mühe.
    Er erzählte niemandem von den Ängsten seiner Mutter. Es gab Zeiten, zu denen sie ruhiger und in ihren Gedanken klarer war, und er passte auf, dass er dann von ihr lernte, wie man einkaufte, kochte und das Haus putzte, damit er es tun konnte, wenn sie verwirrt war und Angst hatte. Und er lernte auch, sich unsichtbar zu machen, in der Schule unbemerkt zu bleiben und die Aufmerksamkeit der Nachbarn nicht zu erregen, sogar wenn seine Mutter in einem Zustand der Angst und des Wahnsinns war, dass sie kaum sprechen konnte. Mehr als alles fürchtete Will, die Behörden könnten davon erfahren und sie ihm wegnehmen und ihn in ein Heim zu fremden Kindern stecken. Alles war besser als das. Denn es gab Zeiten, in denen sich das Dunkel über dem Geist seiner Mutter hob und sie wieder glücklich war; sie lachte dann über ihre Ängste und segnete ihn dafür, dass er sich so liebevoll um sie kümmerte, und sie war so voller Liebe und Zuneigung, dass er sich keine bessere Gefährtin vorstellen konnte und nichts mehr wünschte, als für immer allein mit ihr zu leben.
    Doch dann kamen die Männer.
    Sie kamen nicht von der Polizei und auch nicht von der Fürsorge, und sie waren keine Verbrecher – wenigstens soweit Will das beurteilen konnte. Sie sagten ihm nicht, was sie wollten, auch als er versuchte, sie zu vertreiben. Sie sprachen nur mit seiner Mutter. Und deren Zustand war damals gerade sehr labil.
    Er lauschte an der Tür, und als er hörte, dass sie nach seinem Vater fragten, merkte er, wie sein Atem schneller ging.
    Die Männer wollten wissen, wohin John Parry gegangen war, ob er ihr etwas geschickt, wann sie zuletzt von ihm gehört und ob er Kontakt zu ausländischen Botschaften aufgenommen habe. Wills Mutter wurde immer aufgeregter und schließlich stürmte er ins Zimmer und sagte den Männern, sie sollten gehen.
    Er funkelte sie so wild entschlossen an, dass sie nicht lachten, obwohl er noch so klein war. Sie hätten ihn mit Leichtigkeit niederschlagen oder mit einer Hand hochheben können, aber er hatte keine Angst, und sein Zorn war heftig und unversöhnlich. 
    Die Männer gingen. Natürlich bestärkte dieser Vorfall Will in seiner Überzeugung, dass sein Vater irgendwo in Not sei und nur er ihm helfen könne. Seine Spiele waren nicht mehr die eines Kindes, und er spielte sie nicht mehr so offen. Sie wurden Wirklichkeit, und er musste sich ihrer würdig er  weisen.
    Wenig später kamen die Männer wieder und behaupteten erneut, Wills Mutter wisse etwas, das sie ihnen sagen müsse. Sie kamen, als Will in der Schule war, und einer verwickelte seine Mutter unten in ein Gespräch, während der andere oben die Zimmer durchsuchte. Seine Mutter bemerkte es nicht, aber Will kam früher nach Hause und traf die Männer noch an. Wieder starrte er sie zornig an, und wieder gingen sie.
    Sie schienen zu wissen, dass er aus Angst, seine Mutter an die Behörden zu verlieren, nicht zur Polizei gehen würde, deshalb wurden sie immer aufdringlicher. Zuletzt brachen sie in das Haus ein, als Will seine Mutter gerade vom Park nach Hause holte; ihr Zustand verschlechterte sich jetzt zusehends, und sie glaubte, an sämtlichen Bänken um den Teich jede einzelne Holzstrebe berühren zu müssen. Will half ihr, damit sie schneller fertig wurden. Als sie nach Hause kamen, sahen sie gerade noch das Auto der Männer wegfahren, und im Haus stellte Will fest, dass sie überall gewesen und fast alle Schub  laden und Schränke durchsucht hatten.
    Er wusste, wonach sie suchten. Die grüne Ledermappe war das Wertvollste, das seine Mutter besaß. Nicht im Traum wäre ihm eingefallen sie zu öffnen, und er wusste nicht einmal, wo seine Mutter sie aufbewahrte. Aber er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher