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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer
Autoren: Philip Pullman
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Blumenläden und mit Perlenschnüren verhängte Türen, die in private Häuser führten. Schmiedeeiserne, dick mit Blumen überwachsene Balkone ragten über den schmalen Bürgersteig, und die Stille war in dieser Abgeschiedenheit noch tiefer.
    Die Straße führte abwärts und mündete schon bald in eine breite Straße, an der sich gleichfalls Palmen zum Himmel reckten, deren Blätter von unten von den Straßenlaternen an  gestrahlt wurden.
    Auf der anderen Seite der breiten Straße war das Meer.
    Vor sich sah Will einen Hafen, umschlossen links von einem steinernen Wellenbrecher, rechts von einer Landzunge, auf der inmitten blühender Bäume und Büsche ein von Flut  licht angestrahltes großes Gebäude mit steinernen Säulen, breiten Treppen und kunstvoll verzierten Balkonen stand. Im Hafen lagen bewegungslos ein oder zwei Ruderboote jenseits des Wellenbrechers glitzerten die Sterne auf der stillen Oberfläche des Meeres.
    Wills Müdigkeit war verflogen. Er war hellwach und kam aus dem Staunen nicht heraus. Auf dem Weg durch die Gassen hatte er hin und wieder die Hand ausgestreckt und eine Mauer oder Tür oder die Blumen in einem Blumenkasten berührt, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich waren. Jetzt hätte er am liebsten das ganze Panorama in die Arme genommen, weil es zu weit war, um es nur mit den Augen aufzunehmen. Ganz still stand er da, atmete tief ein und empfand fast so etwas wie Angst.
    Er merkte, dass er die Flasche, die er im Cafe mitgenommen hatte, immer noch in der Hand hielt, und trank. Es war eiskalte Limonade, und das war gut, denn es war eine heiße Nacht.
    Er ging nach rechts weiter, vorbei an Hotels mit Markisen über hell erleuchteten Eingängen und mit üppig blühenden Bougainvillea daneben, bis er zu den Gärten auf der kleinen Landzunge kam. Das Gebäude zwischen den Bäumen mit der angestrahlten, reich verzierten Fassade hätte ein Opernhaus sein können. Hier und da verliefen zwischen mit Lichterketten behängten Oleanderbüschen Wege, aber nirgends war ein Laut zu hören, kein singender Nachtvogel, kein Insekt. Das Einzige, das Will neben dem Geräusch seiner eigenen Schritte hörte, war das regelmäßige, leise Rauschen zarter Wellen am Strand jenseits der Palmen am Rand des Gartens. Will ging ihm nach. Tretboote lagen in einer Reihe auf dem weichen, weißen Sand über der Flutlinie. Alle paar Sekunden überschlug sich eine kleine Welle am Rand der Wasserfläche, um dann lautlos unter der folgenden Welle zurückzugleiten. Fünfzig Meter weiter draußen lag ein Badefloß auf dem ruhigen Wasser.
    Will setzte sich auf eins der Tretboote und schüttelte seine Schuhe ab, billige Turnschuhe, die bereits aus dem Leim gingen und die für seine verschwitzten Füße zu eng waren. Er ließ die Socken daneben fallen und grub die Zehen tief in den Sand. Einen Augenblick später hatte er auch die restlichen Kleider abgeworfen und watete ins Wasser.
    Das Wasser war genau richtig, weder zu kalt noch zu warm. Spritzend schwamm er zu dem Badefloß, zog sich hinauf, setzte sich auf die vom Wetter glattgeschmirgelten Planken und sah zur Stadt zurück.
    Rechts von ihm lag der durch den Wellenbrecher eingeschlossene Hafen. Etwa einen Kilometer dahinter stand ein rot-weiß gestreifter Leuchtturm, hinter dem Leuchtturm ragten in der Ferne Klippen auf und noch weiter entfernt die mächtigen, ausladenden Berge, die er von der Stelle aus gesehen hatte, an der er angekommen war.
    Näher lagen die lichtergeschmückten Bäume der Gärten um das Kasino und die Straßen der Stadt und ihre Promenade am Wasser mit den Hotels und Cafes und den einladend er  leuchteten Läden, die alle still und leer waren.
    Und in denen er sicher war. Niemand würde ihm hierher folgen. Der Mann, der das Haus durchsucht hatte, würde nicht wissen, dass er hier war, und die Polizei würde ihn nicht finden. Er hatte eine ganze Welt, in der er sich verstecken konnte.
    Zum ersten Mal, seit Will an diesem Morgen zur Haustür hinausgerannt war, fühlte er sich außer Gefahr.
    Er hatte wieder Durst und auch Hunger, schließlich hatte er zuletzt in einer anderen Welt gegessen. Er glitt ins Wasser und schwamm, diesmal langsam, zum Strand zurück. Dort zog er die Unterhose an, die restlichen Kleider nahm er zusammen mit der Tasche in die Hand. Die leere Flasche ließ er in den ersten Mülleimer fallen, an dem er vorbeikam, dann ging er barfuß auf der Promenade entlang in Richtung Hafen.
    Als das Wasser auf seiner Haut getrocknet war, zog
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