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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer
Autoren: Philip Pullman
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keine Bitte. Er schüttelte den Kopf.
    »Nicht jetzt«, sagte er. »Ich will schlafen. Es ist mitten in der Nacht.«
    »Dann zeig es mir morgen!«
    »Gut, mache ich. Aber ich muss meine eigenen Angelegenheiten erledigen. Deine Wissenschaftler musst du schon selbst finden.«
    »Kinderspiel«, sagte sie. »Mit Wissenschaftlern kenn ich mich aus.«
    Er stellte die Teller aufeinander und stand auf.
    »Ich habe gekocht«, sagte er, »dann kannst du abwaschen.«
    Sie sah ihn ungläubig an. »Die Teller abwaschen?«, spottete sie. »Hier liegen doch Millionen saubere herum! Und ich bin schließlich kein Diener. Ich wasche sie nicht ab.«
    »Dann zeige ich dir das Fenster nicht.«
    »Das finde ich schon alleine.«
    »Findest du nicht, es ist gut versteckt. Nie im Leben findest du es. Hör zu. Ich weiß nicht, wie lange wir hier bleiben können. Wir müssen essen, also essen wir, was hier ist, aber hin  terhermachen wir sauber und räumen auf, weil sich das so gehört. Du wäschst jetzt diese Teller ab. Wir müssen uns hier anständig benehmen. Und ich gehe ins Bett. Ich nehme das andere Zimmer. Also bis morgen früh.«
    Er ging ins Haus, putzte sich mit einem Finger und etwas Zahnpasta aus seiner zerfransten Tasche die Zähne, fiel auf das Doppelbett und war im nächsten Moment eingeschlafen.
     
     
    Lyra wartete, bis sie sicher war, dass er schlief, dann trug sie die Teller in die Küche, stellte sie in die Spüle, ließ Wasser drüber laufen und rieb sie mit einem Tuch ab, bis sie sauber aussahen. Dasselbe tat sie mit den Messern und Gabeln, nur mit der Pfanne funktionierte es nicht, deshalb versuchte sie es mit einem gelben Stück Seife. Hartnäckig schabte sie an der Pfanne, bis sie so sauber aussah, wie sie nach Lyras Meinung überhaupt aussehen konnte. Dann trocknete sie alles mit einem anderen Tuch ab und stellte es sorgfältig auf das Abtropfgestell.
    Weil sie immer noch Durst hatte und außerdem noch ein  mal eine Dose aufmachen wollte, öffnete sie eine Cola und nahm sie mit nach oben. Vor Wills Tür lauschte sie, und als sie nichts hörte, schlich sie auf Zehenspitzen in ihr Zimmer und zog das Alethiometer unter dem Kopfkissen hervor.
    Sie brauchte nicht in Wills Nähe zu sein, um das Instrument nach ihm zu befragen, aber sie wollte sowieso einen Blick in sein Zimmer werfen. Sie drückte die Klinke so leise wie möglich nach unten und trat ein.
    Eine Laterne von der Uferpromenade schien direkt in das Zimmer, und in ihrem Schein, reflektiert von der Zimmer  decke, betrachtete sie den schlafenden Jungen. Er runzelte die Stirn und sein Gesicht glänzte vom Schweiß. Er war muskulös und stämmig, natürlich nicht wie ein Erwachsener, denn er war ja kaum älter als sie, aber eines Tages würde er sehr stark sein. Wieviel leichter es wäre, wenn sie seinen Dæmon hätte sehen können! Sie überlegte, wie er wohl aussehen mochte und ob er schon eine feste Gestalt angenommen hatte. Aber egal was für eine Gestalt er hatte, er würde ein wildes und zu  gleich liebenswürdiges und unglückliches Wesen ausdrücken.
    Auf Zehenspitzen ging sie zum Fenster. Sorgfältig stellte sie im Licht der Straßenlaterne die Zeiger des Alethiometers und entspannte sich, um eine Frage zu stellen. Der dünne Zeiger begann ruckartig um das Zifferblatt zu kreisen, so schnell, dass man ihm kaum folgen konnte.
    Sie hatte gefragt: Wer ist er? Ein Freund oder ein Feind? Das Alethiometer antwortete: Er ist ein Mörder.
    Als sie die Antwort sah, war sie erleichtert. Er konnte etwas
    zu essen beschaffen und ihr zeigen, wie man nach Oxford kam, und das waren zwar nützliche Eigenschaften, aber er hätte immer noch feige oder nicht vertrauenswürdig sein können. Ein Mörder dagegen war ein würdiger Begleiter. So  fort fühlte sie sich bei ihm so geborgen wie bei Iorek Byrnison, dem Panzerbären.
    Sie klappte den Laden über das offene Fenster, damit die Morgensonne ihm später nicht ins Gesicht schien, und schlich auf Zehenspitzen wieder hinaus.

Unter Hexen
     
     

    Die Hexe Serafina Pekkala, die Lyra und die anderen in der Versuchsstation Bolvangar gefangenen Kinder gerettet hatte und mit Lyra auf die Insel Svalbard geflogen war, machte sich große Sorgen.
    Die atmosphärischen Turbulenzen, die Lord Asriels Flucht von seinem Exil auf Svalbard gefolgt waren, hatten sie und ihre Begleiterinnen von der Insel weg und kilometerweit auf das zugefrorene Meer hinausgeweht. Einigen Hexen war es gelungen, beim beschädigten Ballon des texanischen
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