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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer
Autoren: Philip Pullman
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Aeronauten Lee Scoresby zu bleiben, doch Serafina selbst war hoch in jene Nebelbänke hinaufkatapultiert worden, die bald durch das Loch hereinquollen, das Lord Asriels Experiment in den Himmel gerissen hatte.
    Als sie ihren Flug wieder unter Kontrolle hatte, galt ihr erster Gedanke Lyra. Sie wusste weder vom Zweikampf zwischen dem falschen Bärenkönig und dem richtigen, Iorek Byrnison, noch von Lyras späterem Schicksal.
    Also begann sie nach ihr zu suchen. Begleitet von ihrem Dæmon, der Schneegans Kaisa, flog sie auf ihrem Kiefern  zweig durch die goldfarbenen Wolken nach Svalbard zurück und noch weiter nach Süden und kreiste stundenlang unter einem Himmel, in dem seltsame Lichter und Schatten fla  ckerten. An dem irritierenden Kribbeln auf ihrer Haut er  kannte Serafina Pekkala, dass das Licht aus einer anderen Welt kam.
    So verging einige Zeit. Dann sagte Kaisa: »Sieh dort! Der Dæmon einer Hexe, der sich verirrt hat …«
    Serafina spähte durch die Wolkenbänke und sah in den von dunstigem Licht erfüllten Schluchten eine Seeschwalbe krei  sen und klägliche Rufe ausstoßen. Sie machten eine Wende und flogen auf sie zu. Als die Seeschwalbe sie näherkommen sah, stieg sie alarmiert auf, doch Serafina Pekkala bedeutete ihr, dass sie als Freunde gekommen seien, worauf sie zu ihnen herunterkam.
    »Von welchem Clan bist du?«, fragte Serafina Pekkala.
    »Taymyr«, erwiderte die Seeschwalbe. »Meine Hexe wurde gefangen … Die anderen Hexen wurden weggejagt! Ich bin verloren …«
    »Wer hat deine Hexe gefangengenommen?«
    »Die Frau aus Bolvangar mit dem Affendæmon … Helft mir! Helft uns! Ich habe solche Angst!«
    »War dein Clan mit den Kinderabschneidern verbündet?«
    »Ja, bis wir herausfanden, was sie taten … Nach dem Kampf in Bolvangar wurden wir vertrieben, nur meine Hexe wurde gefangen … Man hat sie auf ein Schiff gebracht… Was soll ich tun? Sie ruft mich die ganze Zeit und ich kann sie nicht finden! Bitte helft mir doch!«
    »Still«, sagte Kaisa, der Gänsedæmon. »Hört nach unten.«
    Sie glitten tiefer und lauschten angespannt, und Serafina Pekkala konnte schon bald das vom Nebel gedämpfte Stampfen eines Gasmotors ausmachen.
    »In einem Nebel wie diesem kann kein Schiff fahren«, sagte Kaisa. »Was ist das?«
    »Es ist ein kleineres Fahrzeug«, sagte Serafina Pekkala, und noch während sie sprach, ertönte aus einer anderen Richtung ein neues Geräusch, ein sehr tiefes, durch Mark und Bein gehendes Dröhnen wie von einem gewaltigen Seeungeheuer, das aus den Tiefen des Meeres rief. Das Dröhnen hielt einige Sekunden an, dann endete es abrupt.
    »Das Nebelhorn des Schiffes«, sagte Serafina Pekkala.
    Sie kreisten über dem Wasser und suchten erneut nach dem Geräusch des Motors. Plötzlich war es wieder da, denn der Nebel schien weniger dichte Stellen zu haben, und sie konnten gerade noch außer Sichtweite aufsteigen, als durch die Schwaden feuchter Luft langsam eine Barkasse tuckerte. Die Dünung war schwerfällig und glatt, als weigere sich das Wasser, sich zu größeren Wellen aufzutürmen.
    Sie näherten sich erneut, die Seeschwalbe dicht hinter der Hexe wie ein Kind hinter seiner Mutter, und beobachteten, wie der Steuermann den Kurs korrigierte, als das Nebelhorn wieder dröhnte. Am Bug brannte eine Lampe, doch drang ihr Schein nur wenige Meter durch den Nebel.
    »Hast du nicht gesagt, es gebe immer noch einige Hexen, die diesen Leuten helfen?«, fragte Serafina Pekkala den verirrten Dæmon.
    »Ich glaube es zumindest – einige abtrünnige Hexen aus Volgorsk –, es sei denn, sie sind auch geflohen. Was willst du tun? Hilfst du mir meine Hexe zu suchen?«
    »Ja. Aber bleibe vorerst bei Kaisa.«
    Serafina Pekkala flog zu der Barkasse hinunter, während die Dæmonen außer Sicht zurückblieben, und landete auf der Gillung gleich hinter dem Steuermann. Dessen Dæmon, eine Seemöwe, krächzte, und der Mann drehte sich um.
    »Du hast dir aber Zeit gelassen«, sagte er. »Flieg voraus und lotse uns zur Backbordseite des Schiffes.«
    Serafina Pekkala flog sofort wieder auf. Es hatte funktioniert: Offenbar arbeiteten immer noch einige Hexen für diese Leute, und der Mann hielt sie für eine davon. Backbord war links, erinnerte sie sich, und das Backbordlicht rot. Sie suchte den Nebel ab, bis sie kaum mehr als hundert Meter entfernt den dunstigen Schein der Lampe entdeckte. Sie flog zurück, bis sie wieder über der Barkasse stand, und rief dem Steuermann die Richtung zu. Er drosselte die
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