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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett
Autoren: Frank Schwieger
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Löwe.
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    doch die Geschichte, oder? Einst sah Zeus ein schönes Mädchen auf der Erde umherwandeln, da verwandelte er sich in einen Schwan und …«
    »Papa!«, unterbrach Delia ihn ungeduldig. »Du schweifst ab.«
    »Nun gut. Also, der Greif … Nemesis … Was fällt mir dazu noch ein? Lasst mich überlegen … Es gibt einen berühmten Nemesistempel in Rhamnus. Das liegt in Griechenland, in der Nähe von Marathon. Wisst ihr, in der Ebene von Marathon hatten dereinst die Athener in einer gewaltigen Schlacht …«
    »Papa!!!«
    »Entschuldige. Also, diesen Tempel schmückt eine groß-artige Statue der Göttin. Ich glaube, sie ist von Praxiteles.
    Nein, falsch, Agorakritos hat sie geschaffen! Eine wunderbare Statue, ich habe sie einmal …«
    Wenn Delias Vater so weitermachte, war Myron längst gefasst, bevor er seine Geschichten beendet hatte. Ich versuchte es anders: »Kannst du uns vielleicht sagen, welche Menschen die Göttin Nemesis besonders verehren?«
    »Oh«, Ovid zuckte mit den Schultern, »das kann im Grunde jeder sein. Jeder kann zu ihrem Tempel gehen, zu ihr beten und ein Opfer darbringen. Weil sie die Göttin der Vergeltung ist, ist sie natürlich besonders bei enttäuschten Liebenden beliebt. Ein betrogener Liebhaber könnte sich an Nemesis wenden, auf dass sie seinen Nebenbuhler mit Alb-träumen oder Schrecklicherem heimsucht. Oder ein Kaufmann, der von einem Konkurrenten übers Ohr gehauen wurde. Oder ein Gladiator, der Beistand für seinen nächsten 34

    Kampf braucht. Oder ein Bauer, der sich von seinem Nachbarn um ein Stück Land betrogen glaubt. Oder …«
    Es war aussichtslos. »Schon gut«, murmelte ich enttäuscht, »das hilft uns nicht weiter.«
    »Eins noch.« Ovid runzelte erneut die Stirn. »Beide Tiere sind stark und angriffslustig, beide können den einen beschützen, den anderen zugrunde richten. Irgendwo muss da ein Zusammenhang sein …« Er rieb sich das Kinn. »Und dann diese Buchstaben … Das ist wirklich interessant. Aber ich fürchte, ich kann euch nicht weiterhelfen, jedenfalls im Moment nicht.«
    »Weißt du«, fragte Delia zaghaft, »wo wir mehr über das Amulett herausfinden können?«
    »Warum interessiert euch das nur so brennend?«
    »Och«, sagte ich, »es ist so eine Art Spiel. Wir beide haben uns geschworen, dass wir noch heute herausfinden, wem dieses Amulett gehört. Damit wir es ihm zurückgeben können.«
    »Na, wenn das so ist … Hört euch doch einfach in der Stadt um. Vielleicht in der Straße, in der ihr das Amulett gefunden habt. Oder geht zum Nemesistempel auf dem Aventin. Die Priester dort sind sehr freundlich.«
    »Auf dem Aventin?«, fragte Delia. »Wo ist denn da ein Nemesistempel?«
    »Es ist ein kleiner Tempel, viele Römer kennen ihn gar nicht. Er liegt am Rande eines kleinen Platzes. Wenn du …«
    Während Ovid seiner Tochter den Weg zum Tempel beschrieb, bemerkte ich Schritte hinter mir. Es war Lydia, die wir eben in der Küche getroffen hatten.
    »Herr, verzeih die Störung. Deine warme Ziegenmilch.«
    35

    »Vielen Dank, Lydia, stell sie hier auf die Bank.«
    Die Sklavin tat, wie ihr geheißen, wandte sich aber nicht zum Gehen, sondern tänzelte unruhig vor der Bank auf der Stelle.
    »Ist noch etwas?«, fragte Ovid und sah sie interessiert an.
    »Herr, es gibt Neuigkeiten von Senator Metellus. Möchtest du sie hören?«
    »Unbedingt!«, sagte Ovid. »Aber wir sollten erst die Mädchen informieren. Ihr habt mich mit diesem Amulett so überrannt, dass ich gar keine Gelegenheit hatte, euch von den schrecklichen Dingen zu erzählen, die heute Nacht geschehen sind.«
    Delia bemühte sich, ein überraschtes Gesicht aufzusetzen.
    »Was ist es denn passiert?«
    »Unser Nachbar ist überfallen worden.«
    »Nein!«, rief Delia und schlug sich die Hand vor den Mund. Ich fand das etwas übertrieben. »Senator Metellus?«
    »Ja, Senator Metellus. Afra war eben hier und hat es uns erzählt. Beim Hercules, das arme Ding war mit den Nerven völlig am Ende. Aber der Senator hat Glück im Unglück gehabt.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Delia. Diesmal war ihre Überraschung nicht gespielt.
    »Afra hatte in der Nacht Lärm gehört, aus dem Arbeitszimmer des Senators. Sie ist dorthin geeilt und konnte das Schlimmste verhindern.«
    »Das Schlimmste?«, fragte ich. Worauf wollte Ovid hinaus? Der Senator war doch tot.
    »Nun, der Halunke stand vor Metellus, einen scharfen 36

    Dolch in der Hand. Stellt euch vor – es war der Dolch des Senators! Ein ganz
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