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Das Lied der schwarzen Berge

Das Lied der schwarzen Berge

Titel: Das Lied der schwarzen Berge
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bisher geschaffenen Werkes. Die Staumauer war zusammengebrochen … aus dem sich verlaufenden Wasser ragte das Dach des Turbinenhauses hervor … die Brücke lag als ein Gewirr von verbogenem Stahl und zerknickten Hölzern in der Flut. Wo der Felsen herabgestürzt war, über dem Wald, war das Land öde … die Stämme waren mitgerissen worden, nur die Stümpfe ragten aus der Erde … ein Bild wie nach einer großen Schlacht, von der sich der Boden noch nach Jahrzehnten nicht erholt.
    Osik senkte den Kopf. Er hatte Meerholdt ausgelacht, er hatte die Bohrversuche abgebrochen, er hatte Jossip Verbände und Medikamente gebracht und ihm somit die Kraft wiedergegeben, dieses einmalige schaurige Werk der Vernichtung auszuführen. Er dachte an die Worte Jossips: Geh aus Zabari weg! Sofort! Nichts wird mehr leben! Aber du wirst leben und auch Elena … Und Elena lebte … sie mußte ihm gegenüber in den Felsen sein und wie er hinabblicken auf eine Welt, die keiner mehr erkannte.
    Da fiel der große, starke Stanis Osik auf die Knie, schlug die Hände vor die Augen und bettelte zu Gott um Gnade für seinen Irrtum …
    Drei Tage dauerte der Fluß aus dem Felsen … dann hatte sich das Wasser beruhigt … es floß ab in andere Täler und rauschte durch unbewohnte Gebiete, bis es sich fern aller Siedlungen aus einer Schlucht in die Tara ergoß. Aus dem Felsen quoll jetzt nur noch in starkem Strahl ein mächtiger Bach, der in herrlichen Kaskaden den zerklüfteten Berg hinabstürzte und im See unterging, im See, der einmal das Dorf Zabari war.
    Meerholdt und Rosa waren von Suchtrupps gefunden worden, die drei Stunden nach der Katastrophe die umliegenden Gegenden absuchten und auch Stanis Osik von seiner Insel holten. Elena fanden sie ohnmächtig vor der verbrannten Hütte, deren noch immer aufsteigender, beißender Rauch ihnen den Weg wies. Sie hatte in letzter Verzweiflung, als Jossip sie am Tage verließ und ihr höhnisch sagte, daß er jetzt Zabari vernichten wollte, die Tür mit Feuer aufgebrannt und war dann aus dem brennenden Haus geflüchtet, ehe die Balken des Daches einstürzten. Vom Plateau aus sah sie den Untergang Zabaris, und sie war zusammengebrochen vor Grauen und dem Gedanken, daß auch ihr Vater und Ralf Meerholdt von der Woge der Vernichtung zermalmt worden waren.
    Bonelli saß bereits wieder in einem gefundenen Zelt und rechnete auf einem Blatt Papier aus, was er verloren hatte. Er war empört und wehrte sich mit Händen und Füßen, als man sein Zelt, eines der wenigen, die man rettete, für ein Notlazarett beschlagnahmte, das der Arzt einrichtete. Osik brüllte ihn an und warf ihn hinaus, als er sich beschwerte … resignierend saß er dann wieder mit seiner Katja auf einem Grasplatz und haderte mit der Welt. Aus Belgrad kam mit dem Flugzeug eine Abteilung Regierungsbeamte nach Niksic und landete mit Hubschraubern auf der Felsenstraße. Sie besichtigte die Katastrophengebiete und versprach den Bauern Entschädigungen und neues Land.
    Ralf Meerholdt saß in einem der Lazarettzelte, eingewickelt in Mullbinden, und zeichnete schon wieder. Rosa hatte von dem Sturz weniger körperlichen Schaden erlitten, aber ihre Nerven waren wieder zerrissen … sie hatte drei Tage lang geweint, Tag und Nacht, bis man sie nach Sarajewo in die staatliche Klinik brachte und in einen Heilschlaf versetzte. Jeden Tag rief Meerholdt an und erkundigte sich. »Sie schläft – nichts Neues«, hieß es immer. »Lassen Sie sie schlafen, sie stand am Rande eines völligen Zusammenbruchs.«
    Jetzt zeichnete und rechnete er wieder. Osik saß bei ihm am Bett, die Beamten aus Belgrad, die beiden Techniker, die den Untergang überlebt hatten, er zeigte ihnen seine Pläne und war selbst erstaunt, woher ihm seine Gedanken kamen.
    »Jossips Rache öffnet für uns ein ungeahntes Kraftfeld«, sagte er. »Wir werden den Strom, der aus dem Felsen kommt, durch große Beton- und Stahlrohre leiten … wir werden den Felsenmund vermauern und das Wasser gleich vor dem Austritt auffangen und durch die Rohre zu Turbinen leiten, die auf dem Hang stehen, wo ehemals der Wald wuchs. Von dort leiten wir es ebenfalls durch ein Röhrensystem zu dem Staudamm, wo es wiederum durch die unteren Turbinen läuft, um dann als Fluß durch verschiedene Gräben und Kanäle in Gebiete geleitet zu werden, wo es die unfruchtbaren Böden bewässert. So kann uns der freigewordene Fluß dreimal nutzen!«
    »Genial!« sagte Osik ehrlich. »Einfach genial! Der Kerl macht aus einem
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