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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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darum keine Sorgen, mein Bruder. Meine Eltern starben, als ich noch ein Kind war. Und ich habe schriftlich festgehalten, dass ich lebe, wie ich lebe und wie lange ich noch leben werde, und versiegelt habe ich den Brief mit - mit etwas, das mein Großvater nicht verkennen kann. Meine Botschaft reist mit demselben Schiff, das die Nachricht von meinem Tod bringt. Sie werden alles verstehen.«
    Rajasta nickte. Dann fiel ihm ein, dass der Atlanter zwar imstande war, ihm in die Tiefen seiner Seele zu blicken, seine Gesten dagegen nicht sehen konnte. Deshalb sagte er laut: »Dann hat also alles seine Ordnung. Doch was hat man dir angetan? Und aus welchem Grund?« Micon wollte protestieren, aber Rajasta ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern fuhr mit erhobener Stimme fort: »Es ist mein Recht - mehr noch, es ist meine Pflicht, es zu erfahren! Ich bin hier Wächter.«
    Rajasta wusste nicht - und Micon war es völlig entfallen -, dass unweit von ihnen Deoris auf der Kante ihres Skriptorenschemels hockte. Still wie eine kleine weiße Statue hatte sie den beiden Männern zugehört, die bei ihrem Gedankenaustausch alles um sich herum vergessen hatten. Sie begriff so gut wie nichts davon, aber Domaris war erwähnt worden, und Deoris brannte darauf, mehr zu hören. Die Tatsache, dass das Gespräch nicht für ihre Ohren bestimmt war, störte sie nicht im geringsten. Sie war der Meinung, alles, was Domaris betraf, sei ebenso auch ihre Angelegenheit. Inbrünstig hoffte sie, Micon werde ihre Anwesenheit auch weiterhin nicht bemerken. Domaris musste das erfahren! Das Mädchen ballte die Hände zu Fäusten, als sie sich ihre Schwester als Mutter eines Kindes vorstellte... Eine immer wieder unterdrückte, kindische Eifersucht, über die Deoris sich nie ganz klar werden sollte, verwandelte ihre Bestürzung in Schmerz. Wie kam Micon darauf, Domaris auszuwählen? Deoris wusste, dass ihre Schwester mit Arvath verlobt war - wenngleich diese Heirat erst in ferner Zukunft stattfinden würde. Wie konnten Micon und Rajasta es wagen, auf diese Weise von ihrer Schwester zu sprechen? Wie konnte Micon es wagen, Domaris zu lieben? Wenn sie sie nur nicht bemerkten!
    Sie bemerkten sie nicht.
    Micons Augen waren dunkel geworden. Ihr seltsames Leuchten verschleierte eine kaum verhüllte Gefühlsbewegung. »Das Streckbett und der Strick«, sagte er langsam, »und Feuer zum Blenden, weil ich einem die Maske abriss, bevor sie mich binden konnten.« Seine Stimme war leise und heiser vor Erschöpfung, als seien er und Rajasta nicht Priester in ihrem Ornat an einem altehrwürdigen und heiligen Ort, sondern kämpfende Ringer auf einer Matte. »Der Grund?« fuhr Micon fort. »Wir aus Ahtarrath besitzen die angeborene Fähigkeit, uns bestimmte Naturkräfte zu Dienste zu machen - Regen, Donner und Blitz und sogar die furchtbare Gewalt des Erdbebens und der Vulkane. Dies ist unser Erbe und unsere Wahrheit, ohne die das Leben in den See-Königreichen vielleicht unmöglich wäre. Es gibt Legenden...« Micon schüttelte plötzlich den Kopf, lächelte und sprach in leichterem Ton weiter: »Du musst es gewusst oder erraten haben. Wir setzen unsere Macht zum Wohle aller ein, selbst derer, die sich unsere Feinde nennen. Aber die Fähigkeit, diese Kräfte zu kontrollieren, kann gestohlen und in die schlimmste Art von Zauberei umgewandelt werden.«
    »Und sie wollten...«
    »Ja«, sagte Micon grimmig. »Doch von mir haben sie nichts bekommen. Ich bin kein Abtrünniger. Ich hatte zumindest genug Kraft, um ihre finsteren Absichten zu durchkreuzen, wenngleich nicht genug, um mich selbst zu retten... Ich weiß nicht genau, was meinem Halbbruder widerfahren ist, und muss mich daher zwingen, in und mit diesem Körper zu leben, bis ich die Überzeugung gewonnen habe, dass ich sterben darf.«
    »Oh, mein Bruder!« Rajasta dämpfte seine Stimme und rückte wieder näher an Micon heran.
    Der Atlanter senkte den Kopf. »Ich fürchte, die Schwarzmäntel haben Reio-ta auf ihre Seite ziehen können. Mein Großvater ist alt und wieder zum Kind geworden. Wenn ich ohne Nachkommen sterbe, geht die Macht bei meinem Tod auf meinen Bruder über. Aber ich will nicht, dass Zauberer und Abtrünnige sie bekommen! Du kennst das Gesetz! Allein das Gesetz zählt, nicht dieser zerbrechliche Körper noch das, was in ihm wohnt und leidet. Mein eigentliches Ich bleibt unangetastet, weil nichts es berühren kann, solange ich es nicht zulasse!«
    »Lass mich dir Kraft leihen«, bat Rajasta von neuem. »Mit
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