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Das Licht der Hajeps (German Edition)

Das Licht der Hajeps (German Edition)

Titel: Das Licht der Hajeps (German Edition)
Autoren: Doska Palifin
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an Paul vorbei als ob er gar nicht vorhanden wäre. „Ich bin ein Mädchen und hab trotzdem Muckis! Viel mehr als Tobias, so!”
    „Haste nich!“ fauchte Tobias.
    „Hab ich doch!”
    „Mädchen sind dafür hübscher!” versuchte Paul einzulenken.
    Niemand schien ihn zu hören. Die Kinder schnitten Paul deutlich, da ihnen seine lautstarken Proteste, dass er sie nicht haben wollte, nicht entgangen waren.
    „Du liebe Scheiße!“ ächzte Tobias plötzlich.
    „Tobias!“ gemahnte ihn Margrit. „So etwas wolltest du doch nicht mehr sagen!“
    „Aber ich hab ihn verloren!“ protestierte er.
    „Wen? Etwa einen deiner Muckis?” feixte Paul.
    Doch der Kleine meinte es ernst. Er war käseweiß geworden. Wie ein Wilder kramte er in sämtlichen Taschen seiner zerfledderten Kleidung. Er schien nach irgendetwas äußerst Wichtigem zu suchen. Er war dabei so hektisch, dass er mit dem Ellenbogen abwechselnd gegen die Hüften der dicken Frau oder gegen die Tasche, in der eine lebende Ente saß, stieß. Die Ente fauchte empört, die Frau bekam einen roten Kopf und Paul kochte innerlich. Traumatisierte Kinder hin oder her – sollte er deswegen vielleicht selbst noch eine Macke bekommen? Wie der Bengel sich wieder aufführte! Margrit ließ Tobias zu viele Freiheiten.
    Der Kleine war nun vollends aufgesprungen, weil er hoffte, dadurch tiefer in seine Hosentaschen hineingreifen zu können.
    Die Leute sahen Tobias zu, denn sie hatten ja sonst nichts zu tun, und Paul bekam Schweißausbrüche.
    „Wen hast du denn verloren?“ fragte Julchen, sich dabei das blonde, verfilzte Haar zausend, denn seit die Hajeps auch die Kanalisationen und Wasserwerke beschädigt hatten, stand es mit der Hygiene nicht gerade zum Besten.
    „Na, wen wird Tobias wohl suchen, Julchen, naaa?“ Paul war es nämlich eingefallen und deshalb lehnte er sich seufzend in die Bank zurück.
    Da Julchen nichts von sich gab und nur nach wie vor erstaunt dreinschaute, half er ihr etwas.
    „Sicher seinen heißgeliebten ‚Putti‘!“
    „Aber Paul“, kicherte Margrit, „dieser Hartgummiball heißt nicht ‚Putti‘, sondern ‚Knuddi‘!“
    „Ist mir doch Wurst!” knurrte Paul eingeschnappt.
    „Ich kann ihn nicht finden, ich kann ihn nicht …!“ kreischte Tobias jetzt mit hochrotem Kopf.
    Oh Gott, wie peinlich! Paul schaute zur Nervenberuhigung wieder mal aus dem Fenster. Die alte Lok fuhr noch mit Diesel und so zuckelten Wiesen und Wälder ziemlich gemütlich am kleinen Abteil vorbei. Paul runzelte die Stirn. Auch die Fabriken waren von den Hajeps dem Erdboden gleich gemacht worden. Es gab kaum noch Busse, geschweige denn Autos. Möglichkeiten zu tanken existierten so gut wie gar nicht. Wer von all diesen Menschen hier hätte sich je träumen lassen, eines Tages mit solch einem museumsreifen ´Ding´ durch die Gegend kutschieren zu müssen.

Kapitel 2
     
    Nicht nur Paul, auch die Fahrgäste wurden inzwischen unruhig, als sie die beiden Kinder zwischen ihren wenigen, aber für sie lebenswichtigen Habseligkeiten suchen sahen, und einige murrten sogar, denn sie hatten Angst, es würde ihnen dabei etwas weggenommen.
    „Was habe ich euch gesagt, was man als erstes tun soll“, griff Margrit zur Pauls Erleichterung endlich ein, „besonders, wenn etwas ganz Schreckliches passiert ist?“ Sie machte ein ernstes Gesicht.
    Paul seufzte. Ganz schrecklich nannte Margrit so etwas, oh Gott, oh Gott!
    „Hast was Wicht’ges du verloren, schwitz nicht gleich aus allen Poren, bleibe ruhig, denk’ erst mal nach!“ kam es, wie aus der Pistole geschossen, von den Kindern.
    „Richtig“, sagte Margrit, „also?“
    Es raschelte, die Ente fauchte, die dicke Frau neben Tobias schüttelte verärgert den Kopf und Paul bekam rote Ohren, denn gleich beide Kinder hatten einfach in der engen Bank Platz genommen, um nachzudenken.
    „Ohmannnohmannohmann!“ quiekte plötzlich Julchen aufgeregt. „Du hast den ‚Knuddi‘ doch in deinen Rucksack getan, bevor du eingeschlafen bist, stümms?“
    „Stümmt!” Der Kleine schaute sofort in den halb zerfetzten Beutel, den er stets vor sich auf dem Boden liegen hatte.
    „Du liebe Scheiße!” Der Junge klatschte sich erleichtert gegen die Stirn.
    „Tobias!” rügte ihn Margrit schon wieder und wurde nun auch ein bisschen rot.
    „T’schuldigung!” Er lachte so heiser und befreit auf, dass die Ente in der Tasche einen gehörigen Schrecken bekam und mit den Flügeln zu schlagen begann. Die Bäuerin hatte Mühe, sie in der
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