Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
tanzenden Paaren hindurch
    zu einer freien Stelle. Dann begann er mit einer unglaublichen Beweglichkeit
    und Energie, die Beine nach rechts und nach links zu drehen und zu schleudern,
    sodass Emma alle Vorbehalte und Unsicherheiten vergaß und es ihm nachmachte.
    „Sie sind ein Naturtalent, Frau Pastor!“, brachte er zwischendurch atemlos
    hervor. Er lachte ausgelassen. Dass er unglaublich stark schwitzte, schien ihm
    nichts auszumachen. „Sie aber auch!“, sagte sie lachend. „Oh, meine Frau und
    ich haben früher viel getanzt. Doch mit ihrem Knie kann sie nicht mehr.“ Die
    Paare um sie herum tanzten ausgelassen. Auch die Musiker auf der Bühne hatten
    ihren Spaß, bewegten sich übermütig im Takt der Musik und feuerten sich
    gegenseitig an. Beim Schlussakkord schnappte Ottmar Friedrich nach Luft und
    wischte sich mit dem Taschentuch über Glatze und Nacken. „Ich bewundere Ihren
    Mut, Frau Pastor, sich auf diese Missionsgeschichte einzulassen“, sagte er
    kurzatmig. „Ach, ich weiß gar nicht wirklich, was auf mich zukommt. Ich weiß
    nicht, ob man dann von Mut sprechen kann.“ „Na gut, dann nennen wir es Mut in
    Ihr Vertrauen. Hat Ihnen Ihr Mann auch gesagt, dass es zwischen Weißen und
    Ureinwohnern blutige Gemetzel gibt?“ Er runzelte die glänzende rosafarbene
    Stirn. Sie wollte Paul nicht bloßstellen und sagte „Ja“.„Sie schlachten sich
    gegenseitig ab; immerhin sind die Weißen im Vorteil. Ich möchte Ihnen ein
    Angebot machen. Nicht dass Sie denken, ich will Sie verunsichern.“ „Nein, das
    würde ich nie denken.“ „Also, wenn es Schwierigkeiten gibt, ob mit Ihrem Mann
    – verzeihen Sie, aber man weiß ja nie, gerade wenn man sich erst so kurze
    Zeit kennt –, also, wenn Sie Schwierigkeiten haben ... Ein Bekannter ist Arzt in Adelaide. Er hat
    sicher Möglichkeiten, Sie als Krankenschwester unterzubringen - in einer
    halbwegs zivilisierten Stadt. Ich gebe Ihnen seine Adresse.“ „Das ist sehr
    freundlich von Ihnen, aber ich glaube nicht, dass ...“ „Man kann nie wissen,
    Frau Pastor“, unterbrach er sie bestimmt. „Es ist ja nur eine Adresse, und nur
    für den Ernstfall! Oh, ein zweiter Charleston! Und jetzt wird nicht mehr
    geredet, nur noch getanzt!“ Während des Tanzes versuchte Emma ihre aufkeimenden
    Bedenken zu vergessen. Sie hatte sich doch geschworen, keine Zweifel mehr
    aufkommen zu lassen.

6
    Paul und Hilde Friedrich
    waren in ein ernstes Gespräch vertieft. Es verstummte, als Emma und ihr
    Begleiter sich dem Tisch näherten. Emma hatte schon befürchtet, Paul würde sie
    die ganze Zeit auf der Tanzfläche beobachten. „Na, habt ihr euch gut
    unterhalten?“, fragte Ottmar Friedrich schwer atmend, tupfte sich mit dem
    Einstecktuch über die Stirn und ließ sich dann ächzend auf den Stuhl fallen.
    Hilde Friedrich lächelte, und Paul antwortete floskelhaft: „Aber sicher.“ Er
    musterte Emma, doch bevor sie sich ihre gute Stimmung verderben lassen würde
    – sie kannte Paul einfach noch nicht gut genug - nahm sie seine Hand.
    „Jetzt bist du an der Reihe!“, sagte sie gut gelaunt. Er sträubte sich. „Ach,
    komm schon, Paul!“ Sie zog ihn von seinem Stuhl. Der Wein hatte sie mutig gemacht
    – und auch ein wenig unbeschwerter, wie sie feststellte. „Na, gehen Sie
    schon, Herr Pastor! Ihre Frau ist eine großartige Tänzerin!“, drängte Ottmar
    Friedrich. „Wir haben noch nie zusammen getanzt. Jetzt will ich endlich mal mit
    dir tanzen“, sagte Emma. Einen Augenblick lang fürchtete sie, Paul würde wütend
    aufstehen und den Saal verlassen. Sie hatte die Anspannung auf seinem Gesicht
    bemerkt. Doch tatsächlich gab er seinen Widerstand auf und ließ sich von ihr
    zwischen den Paaren hindurch auf die Tanzfläche ziehen. In diesem Moment wurde
    ihr klar, dass sie etwas herausfinden wollte. Nicht, ob er tanzen konnte,
    sondern was sie dabei empfinden würde, wenn sie sich eng an ihn geschmiegt
    zwischen den anderen Paaren bewegte. Und noch etwas wollte sie wissen: was er dabei empfand.
    Die Kapelle spielte nun
    keinen Charleston mehr, sondern ein langsames Stück. Zu Emmas Überraschung
    stellte sich Paul gar nicht ungeschickt an. Seine Hand lag leicht auf ihrem
    Rücken, nur Zentimeter unter der Spitze ihres Rückenausschnitts. „Von wem hast
    du das gelernt?“, fragte sie. Er machte eine kühne Drehung. Vergessen waren
    ihre Befürchtungen, die sie zu Beginn des Abends geplagt hatten. „Du hast mir
    noch nichts von den anderen Frauen in deinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher