Das letzte Opfer (German Edition)
halben Tag in der Wanne gelegen, und sie ließ sich nicht blicken.»
«Und Sie sind nicht auf den Gedanken gekommen, mal nachzuschauen, wo sie bleibt?», fragte Klinkhammer.
«Erst mal können ohne Auto», antwortete Kolbe. «Sie hatte noch im Bergischen Land zu tun und meinte, sie wäre so gegen fünf wieder in Köln.»
«Wissen Sie was oder mit wem sie zu tun hatte?»
Kolbe schüttelte den Kopf. Klinkhammer versuchte es anders. «Von wem wollte sie denn dieses Abschiedsfoto machen lassen?»
«Von der Tussi, bei der sie in dem Sommer untergekommen war, nehm ich an», sagte Kolbe. «Die hatte was mit Fotos zu tun.»
Mit der Tussi musste Alexa gemeint sein. Kolbe bestätigte das sofort: «Ja, richtig, so hieß die.» Alexas Familiennamen wusste er leider nicht, sie war für ihn wie für Norbert nur Alexa gewesen. Ob sie als Model gejobbt hatte, konnte er nicht sagen. Gekellnert hatte sie am Wochenende in der Diskothek an der Zülpicher Straße. Und in Klettenberg gewohnt hatte sie, das wusste er genau, weil Li ihn mal mit in die Wohnung genommen hatte, heimlich. Alexa hatte nichts übrig für Männer wie ihn. Li dagegen habe von ihm nicht genug bekommen können.
Kolbe geriet ins Plaudern, wunderte sich keine Sekunde lang, dass Klinkhammer mit seinen Fragen zu ihm kam und bisher keinen plausiblen Grund dafür genannt hatte. Bereitwillig gab er Auskunft über Lis Verschwinden. Die Sache mit dem tollen Job in Rom sei Quatsch, das hätte sie doch nur erzählt, um den Gänsen in der Disko den Hals lang zu machen.
Den Winter über sei Li jedes Jahr in Spanien gewesen, da hätte ihre Oma gelebt. Sie schickte immer Ansichtskarten. Zwei besaß Kolbe noch, die anderen waren ihm bedauerlicherweise abhanden gekommen, vermutlich seiner Mutter in die Finger gefallen. Die beiden verbliebenen hütete er, eingewickelt in Seidenpapier in einer Pappschachtel, wie Kostbarkeiten.
Klinkhammer durfte einen Blick auf die Postkartenmotive werfen, auch einen auf die beschriebene Rückseite, eine weiche, schwungvolle Handschrift. «Hey, Lolli», las er. Dann schlug Kolbe das Seidenpapier wieder darum und erzählte weiter.
Natürlich habe er sich gewundert, dass im Winter 90/91 keine einzige Karte kam. Aber dass Li im Frühjahr nicht zurückkehrte, sei klar gewesen, weil sie abtauchen wollte. Kolbe hatte sich all die Jahre vorgestellt, sie lebe nun glücklich und zufrieden in Spanien oder sonst wo mit einem, der gut erzählen konnte – so richtig scharfe Geschichten. Darauf stand sie.
Als sie im Sommer 88 hörte, dass er frisch aus dem Knast kam, hätte sie nicht eher Ruhe gegeben, bis sie den Grund seiner Verurteilung kannte. Dann hätte sie sich von Dierden getrennt und sich an ihn gehängt wie eine Klette. Ständig sollte er Einzelheiten erzählen. Dabei wollte sie gar nicht hören, wie es wirklich gewesen war. Je perverser es klang, desto mehr hätte sie sich dafür begeistert.
«Dann haben Sie ihr also doch erzählt, Sie hätten sich mal über Dierdens Schwester hergemacht», stellte Klinkhammer fest.
Kolbe schüttelte heftig den Kopf. «Nee! Das hat sie der Kleinen so weis gemacht. Sie wollte sogar, dass ich sage, ich wär’s gewesen. Ich war vielleicht sauer.»
«Von wem wusste sie denn, dass Karen Dierden vergewaltigt worden war?», fragte Klinkhammer.
«Na, von wem wohl!», fuhr Kolbe auf. «Von dem Typ, der sich die Kleine zur Brust genommen hat. Das war eine richtig perverse Sau, so ein Psycho, wenn Sie wissen, was ich meine.»
«Ja, das weiß ich», sagte Klinkhammer. «Und wissen Sie, wer der Psycho war?»
Kolbe schüttelte erneut den Kopf.
«Vielleicht denken Sie mal scharf nach», verlangte Klinkhammer, nun nicht mehr ganz so freundlich. «Sie waren an dem Abend im Januar 1988 in der Diskothek am Clodwigplatz. Sie haben gesehen, wie Karen Dierden mit ihrem Freund schmuste. Sie haben sie nach Hause geschickt und sind ihr …»
«Wer erzählt denn so ’n Quatsch?», fiel Kolbe ihm ins Wort. «Ich doch nicht. Ich hab noch zu Dierden gesagt, er soll ihr den Spaß gönnen. Und dann ist er raus wie ein geölter Blitz.»
Scheib hatte das gelesen, für Klinkhammer war es neu. Scheiße, dachte er, was mach ich hier eigentlich? Aber da war immer noch die alte Frau mit dem kleinen Hund, und deshalb sagte er: «Aber Sie haben anschließend Ihre Mutter losgeschickt, mal nachschauen, wie es der Kleinen ging. Ihre Mutter hat noch den Hund mitgenommen, Lilli.»
Reine Spekulation, doch offenbar hatte er den Nagel auf den
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