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Das leere Haus

Titel: Das leere Haus
Autoren: Doyle , Arthur Conan
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zu schauen?
Mal sehen, ob meine dreijährige Abwesenheit mir
völlig die Fähigkeit
genommen hat Sie zu überraschen.«
    Ich kroch vorwärts und schaute
mir das Fenster gegenüber an. Als ich erkannte was ich sah,
schnappte
ich nach Luft und stieß einen Schrei des Erstaunens aus. Die
Jalousie
war unten und im Zimmer brannte ein helles Licht. Die Silhouette eines
Mannes, der in einem Stuhl in dem Raum saß zeichnete sich
deutlich als
Umriß auf der beleuchteten Leinwand im Fenster ab. Man konnte
die
Gestalt nicht verwechseln, die Kopfhaltung, die quadratischen
Schultern, die scharfen Gesichtszüge waren eindeutig. Das
Gesicht war
im Profil, so daß es aussah wie eines der Schattenbilder, die
unsere
Großeltern so gerne aufhängten. Es war eine perfekte
Reproduktion von
Holmes. Ich war so erstaunt, daß ich mit meiner Hand nach
meinem
Begleiter griff, um sicherzugehen, daß er auch wirklich neben
mir
stand. Er bebte in stillem Gelächter.
    »Nun?« sagte er.
    »Meine Güte!« rief ich.
»Das ist fabelhaft.«
    »Ich
schätze weder das Alter, noch die Gewohnheit
läßt meine unendliche
Vielfalt schwinden«, sagte er und ich erkannte in seiner
Stimme die
Genugtuung und Stolz eines Künstlers über sein Werk.
»Es sieht wirklich
aus wie ich, oder?«
    »Ich hätte schwören
können, daß Sie es sind.«
    »Die
Ausführung geht auf das Konto von Monsieur Oscar Meunier aus
Grenoble,
der einige Tage mit der Modellierung verbrachte. Es ist eine
Büste aus
Wachs. Den Rest habe ich heute Nachmittag bei meinem Besuch in der
Baker Street selbst arrangiert.«
    »Aber wofür?«
    »Weil, mein
lieber Watson, ich den starken Wunsch hatte, daß bestimmte
Leute
glaubten ich sei dort, während ich in Wirklichkeit woanders
bin.«
    »Und Sie denken dieser Raum wird
beschattet?«
    »Ich WEIß, daß er beschattet
wird.«
    »Von wem?«
    »Von
meinen alten Feinden, Watson. Von der so reizenden Gesellschaft, deren
Chef nun in den Reichenbachfällen liegt. Sie müssen
sich erinnern, daß
sie und nur sie wußten, daß ich immer noch am Leben
war. Sie dachten,
das ich früher oder später sicher wieder in meine
alten Räume
zurückkehren würde. Also waren sie
regelmäßig auf der Lauer und heute
Morgen haben sie mich ankommen sehen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich
habe ihren Späher erkannt, als ich aus dem Fenster schaute. Er
ist ein
eher kleiner Fisch namens Parker, schwerer Diebstahl seine
Spezialität
und er ist ziemlich gut an der Maultrommel. Er war mir egal. Aber die
Person, die hinter ihm stand, war mir ganz und gar nicht egal: Der
Busenfreund Moriartys, der Mann, der mir die Steine über das
Kliff
entgegengeworfen hatte, der gewiefteste und gefährlichste
Verbrecher in
London. Das ist der Mann, der heute Abend hinter mir her ist, Watson,
und er ist sich bestimmt nicht bewusst, daß wir hinter ihm
her sind.«
    Die
Pläne meines Freundes enthüllten sich mir langsam.
Durch seinen
genialen Trick wurden die Beschatter beschattet und die Verfolger
verfolgt. Die Silhouette oben im Fenster diente als Köder und
wir waren
die Jäger. Wir standen still nebeneinander am Fenster und
beobachteten
die Leute, die vor uns vorüber gingen. Holmes war still und
regungslos,
aber ich wußte, daß er sehr aufmerksam war und
seine Augen waren auf
den Strom der Passanten fixiert. Es war eine düstere und
stürmische
Nacht und der Wind heulte schrill die Straße entlang. Es
gingen viele
Leute vorbei, die meisten in ihre Mäntel und Schals
eingemummt. Ein
oder zwei Mal war mir als hätte ich die Person zuvor schon
einmal
gesehen und mir fielen besonders zwei Männer auf, die sich
scheinbar
vor einer Eingangstür etwas weiter oben an der
Straße unterstellten.
Ich versuchte meinen Begleiter auf sie aufmerksam zu machen, aber er
wies meine Versuche nur ungeduldig zurück. Mehrere Male zuckte
er mit
den Füßen oder tippte mit den Fingern auf die Wand.
Es war deutlich zu
erkennen, daß er langsam ungeduldig wurde und sein Plan nicht
so
funktionierte wie er es sich erhofft hatte. Kurz vor Mitternacht, als
sich die Straßen langsam leerten, ging er in
unkontrollierbarem Ärger
im Zimmer auf und ab. Ich wollte ihm schon etwas sagen, als ich noch
einen Blick auf das Fenster warf und wieder eine unglaubliche
Überraschung erlebte. Ich packte Holmes am Arm und zeigte nach
oben.
    »Der Schatten hat sich bewegt!« keuchte
ich.
    Es war tatsächlich nicht mehr das Profil sondern der
Rücken, der zu uns zeigte.
    Die
drei Jahre hatten ihn offensichtlich nicht gütiger
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