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Das leere Grab

Titel: Das leere Grab
Autoren: André Marx
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schließe mich dir an.«
    »He! Wir wollten aufräumen! Ihr könnt doch nicht so einfach abhauen«, protestierte Justus empört.
    »Aufräumen?« Bob lachte. »Ist ja nicht viel draus geworden, was?«
    »Wir haben uns an alten Erinnerungen festgebissen«, sagte Justus. »Das kommt vor. Aber wenn wir uns jetzt zusammenreißen, können wir heute noch viel schaffen.«
    »Nein, heute nicht mehr«, widersprach Peter. »Morgen, okay? Morgen fangen wir gleich nach der Schule an. Tschau!« Er verließ die Zentrale. Bob folgte ihm.
    Der Erste Detektiv seufzte. »Es ist immer dasselbe. Ständig bleibt die Arbeit an mir hängen.« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das vor ihm aufgetürmte Chaos aus Papieren, Ordnern und Kisten. Sein Blick fiel auf einen kleinen Karton mit Fotos. Nur für einen Augenblick rang er mit seinem Gewissen. Dann gab er nach, ließ die Unordnung Unordnung sein und widmete sich den Bildern:
    Peter am Strand mit seinem Surfbrett, Justus daneben. Er fand, dass er neben dem sportlichen Zweiten Detektiv eine ziemlich unglückliche Figur abgab. Seine Diäten hatten zwar etwas gebracht, trotzdem hatte er nach wie vor einige Pfunde zu viel. Schnell legte er das Foto beiseite. Das nächste zeigte Bob in Los Angeles vor einem Plakat für die Verleihung des Filmpreises ›Der Goldene Rabe‹. Justus, Bob und Albert Hitfield, mit dem sie einmal zusammengearbeitet hatten. Peter und sein Großvater irgendwo in Missouri: Das war auf ihrem Trip zur Ostküste gewesen.
    Justus bewegte sich rückwärts durch die Zeit. Irgendwann wurden die Fotos von Peter und Bob weniger, dafür waren öfter Tante Mathilda, Onkel Titus und er selbst zu sehen: als Zehnjähriger, als Achtjähriger auf einer Schaukel, bei der Einschulung... Es waren eine Menge Fotos und Justus bemerkte gar nicht, wie die Zeit verging. Draußen wurde es langsam dunkel, doch erst als sein Rücken zu schmerzen begann, stand er auf und setzte sich an den Schreibtisch.
    Unter dem Licht der Lampe sah er sich die restlichen Fotos an: Bilder von ihm und seinen Eltern. Julius und Catherine Jonas waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, als Justus noch ein kleiner Junge war. Danach war er zu seinem Onkel und seiner Tante gezogen. An seine Eltern konnte er sich kaum noch erinnern, nur einige wenige Szenen aus seiner frühsten Kindheit waren ihm in Erinnerung geblieben.
    Justus betrachtete die Bilder mit gemischten Gefühlen. Wenn er anderen Menschen erzählte, dass seine Eltern vor vielen Jahren gestorben waren, reagierten sie oft mit einer merkwürdigen Betroffenheit, die er selbst gar nicht richtig nachvollziehen konnte. Tante Mathilda und Onkel Titus waren seine Eltern. Von Julius und Catherine Jonas gab es nur noch ein paar blasse Bilder in seinem Kopf und einige Fotos. Trotzdem beschlich ihn ein bedrückendes Gefühl, wenn er an sie dachte. Er fragte sich manchmal, wie es wäre, wenn seine Eltern damals nicht gestorben wären. Vermutlich hätte sein Leben dann ganz anders ausgesehen. Besser oder schlechter? Aber hatte es Sinn, diese Frage zu stellen?
    Das schrille Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Er zuckte zusammen und brauchte einen Moment, um sich in der Wirklichkeit zurechtzufinden. Dann nahm er den Hörer ab. »Justus Jonas?«
    »Justus? Hier spricht Albert Hitfield.«
    »Mr Hitfield! Schön, mal wieder von Ihnen zu hören. Ich habe gerade an Sie gedacht.«
    »Tatsächlich? Wie komme ich zu der Ehre?«
    »Ich habe mir ein paar alte Fotos angesehen und auf einem waren Sie«, erklärte Justus. Mr Hitfield war früher Privatdetektiv in New York gewesen, bevor er sein erstes Buch geschrieben hatte und innerhalb kürzester Zeit ein berühmter Krimiautor geworden war. Die drei ??? hatten in der Vergangenheit ein paarmal mit ihm zu tun gehabt. »Wie geht es Ihnen?«
    »So weit recht gut. Ich war ein paar Wochen in Südamerika, um für ein neues Buch zu recherchieren. Heute bin ich zurückgekommen. Ich habe eine Frage an dich, Justus.«
    »Geht es um den neuen Roman?«
    »Nein, um etwas ganz anderes: Wie heißen deine Eltern, Justus?«
    Der Erste Detektiv war verblüfft. »Sie meinen Tante Mathilda und Onkel Titus?«
    »Nein, ich meine deine richtigen Eltern.«
    »Merkwürdig, dass Sie danach fragen. Ich habe mir gerade auch Fotos von ihnen angesehen. Sie heißen Julius und Catherine. Sie hießen. Sie sind vor vielen Jahren gestorben.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende. Dann sagte Albert Hitfield:
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