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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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heiligen Gebäudes aufführte. Noch ist er dort eine unschätzbare Reliquie (Ueberbleibsel) und der Abdruck von des Erzvaters Fuße ist an ihm deutlich genug, daß er von allen wahrhaft Gläubigen wahrgenommen werden kann.
    Während Abraham und Ismael auf diese Weise beschäftigt waren, brachte ihnen der Engel Gabriel einen Stein, über welchen die auf Sagen gegründeten Erzählungen etwas auseinander gehen. Nach Einigen soll es einer von den Edelsteinen aus dem Paradiese gewesen sein, der mit Adam auf die Erde fiel und hernach in dem Schlamme der Sündfluth sich verlor, bis er vom Engel Gabriel wiedergefunden wurde. Die häufiger geglaubte Ueberlieferung besagt, daß dieser Stein ursprünglich der Aufsicht führende Engel war, welcher über Adam im Paradiese wachen sollte, aber in einen Stein verwandelt und aus demselben mit jenem bei dessen Falle hinausgeworfen wurde zur Strafe dafür, daß er nicht wachsamer gewesen war. Diesen Stein empfingen Abraham und Ismael mit geziemender Ehrfurcht, und sie fügten ihn in eine Ecke der äußeren Mauer der Kaaba, wo er bis auf den heutigen Tag geblieben ist und von den Andächtigen jedes Mal ehrfurchtsvoll geküßt wird, wenn sie den Rundgang um den Tempel machen. Als er zuerst eingesetzt wurde, war es, wie uns erzählt wird, ein reiner Hyacinth von blendender Weiße, aber durch die Küsse sündlicher Sterblichen wurde er allmälig geschwärzt. Bei der Auferstehung wird er die Engelsgestalt wieder erhalten und vor Gott fortan als Zeuge zu Gunsten derjenigen stehen, welche die Gebräuche der Wallfahrt getreulich verrichtet haben.
    Das sind die arabischen Sagen, welche seit dem grauesten Alterthum die Kaaba und die Quelle Zem Zem unter den Völkern des Morgenlandes und besonders unter den Nachkommen Ismaels zu Gegenständen außerordentlicher Verehrung machten. Mekka, welches diese heiligen Gegenstände in seinen Mauern enthielt, war viele Menschenalter vor der Gründung des Mohammedanismus eine heilige Stadt und der Sammelplatz der Pilger aus allen Theilen Arabiens. So allgemein und tief war das dieses religiöse Herkommen achtende Gefühl der Frömmigkeit, daß vier Monate des Jahres den Gebräuchen der Wallfahrt gewidmet und in Ansehung jeglicher Gewaltthat und Kriegführung als heilig angesehen wurden. Feindliche Stämme legten alsdann ihre Waffen bei Seite, nahmen die Spieße von ihren Speeren, durchzogen die kurz zuvor gefahrreichen Wüsten in Sicherheit, drängten sich in Pilgertracht gehüllt in den Thoren Mekkas, hielten ihre sieben Rundgänge um die Kaaba zur Nachahmung der Engelschaaren, berührten und küßten den geheimnißvollen schwarzen Stein, tranken und wuschen sich aus der Quelle Zem Zem zum Andenken an ihren Ahnherr Ismael; und wenn sie alle uralten Gebräuche der Wallfahrt verrichtet hatten, so kehrten sie heim in Sicherheit und griffen wieder zu den Waffen und zum Kriege.
    Unter den religiösen Gebräuchen der Araber in diesen ihren »Tagen der Unwissenheit«, d.h. vor der Bekanntmachung der moslemischen Lehren, nahm Fasten und Beten die oberste Stelle ein. Sie hatten während eines Jahres drei Hauptfasten, eins von sieben, eins von neun und eins von dreißig Tagen. Sie beteten jeden Tag dreimal, um Sonnenaufgang, zu Mittage und um Sonnenuntergang, wobei sie das Gesicht nach der Gegend der Kaaba richteten, was ihr Kebla oder Punct der Anbetung war. Sie hatten viele religiöse Ueberlieferungen; einige derselben erhielten sie in früheren Zeiten von den Juden, und ihre frommen Gefühle sollen sie mit dem Psalmenbuche und mit einem andern, welches Seth zugeschrieben wird und Betrachtungen über die Sittlichkeit enthält, genährt haben.
    Da Mohammed in dem Hause des Aufsehers über die Kaaba erzogen wurde: so mögen die Ceremonien und Andachtsübungen, welche mit diesem heiligen Gebäude in Verbindung standen, auf sein Gemüth frühzeitig einen starken Einfluß ausgeübt und dasselbe zu jenen Grübeleien über religiöse Gegenstände hingelenkt haben. Wiewohl seine moslemischen Biographen (Lebensbeschreiber) uns gern einreden möchten, daß seine hohe Bestimmung in der Kindheit durch Zeichen und Wunder deutlich vorhergesagt worden wäre: so scheint dennoch seine Erziehung ebenso sehr vernachlässigt worden zu sein, wie die der gewöhnlichen arabischen Kinder; denn wir finden, daß er weder im Lesen noch Schreiben unterrichtet war. Er war jedoch ein gedankenvolles Kind, gewandt im Beobachten, geneigt, über Alles, was er beobachtete, nachzudenken und
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