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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze
Autoren: Jules Verne
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Worte, er war nur zum Gehorchen erschaffen, und diese Verneinung seines eigenen Ichs ihm ganz in Fleisch und Blut übergegangen. Aus solchen Leuten bildet man die furchtbaren Armeen. Sie sind nur Arme, welche einem Kopfe gehorchen. Liegt aber darin nicht die wahrhafte Organisation der Kraft? Die Fabel hat zwei Bilder erfunden: Briareus mit hundert Armen und die Hydra mit hundert Köpfen. Wenn diese beiden Ungeheuer mit einander kämpften, wer trüge den Sieg davon? – Briareus.
    Corporal Joliffe ist schon etwas bekannt. Er war schon mehr eine schwärmende Fliege, aber man ergötzte sich bei deren Summen. Zu einem Haus-und Hofmeister eignete er sich besser, als zum Soldaten, und wußte das auch selbst. Mit Vorliebe nannte er sich den »Corporal für alles Mögliche«, aber dabei wäre er hundertmal nicht zurecht gekommen, hätte ihn nicht die sichere Hand der kleinen Mrs. Joliffe geleitet. Daraus folgt, daß der Corporal, ohne es zuzugestehen, nach seines Weibchens Pfeife tanzte, wobei er wohl mit dem Philosophen Sancho denken mochte: »An dem Rathschlage einer Frau ist zwar nicht viel, aber ein Thor ist, wer gar nicht auf einen solchen merkt.«
    Das fremde Element der Abendgesellschaft war, wie erwähnt, durch zwei Frauen, im Alter von etwa vierzig Jahren, repräsentirt. Die Eine derselben verdiente mit Recht in der Reihe der berühmtesten weiblichen Reisenden zu stehen; als Rivalin der Ida Pfeifer, der Tinné, der Haumaire de Hell, wurde auch Paulina Barnett’s Name in den Sitzungen der Königlich Geographischen Gesellschaft häufig ehrenvoll erwähnt. Paulina Barnett hatte auf ihrem Zuge längs des Bramaputra bis zu den Gebirgsstöcken Tibets, und bei einem solchen durch unbekannte Theile Australiens, nämlich von der Bai der Schwäne bis zum Golf von Carpentaria, alle Eigenschaften einer großen Reisenden entfaltet. Sie war eine Frau von hohem Wuchse, seit fünfzehn Jahren Witwe, welche die Leidenschaft zu reisen immerfort durch unbekannte Länder jagte. Ihr von langen Bändern umrahmter, stellenweise schon ergrauter Kopf brachte eine stählerne Energie zum Ausdruck. Ihre etwas kurzsichtigen Augen verbargen sich hinter einem silbernen Lorgnon, welches seinerseits auf einer langen, geraden Nase aufsaß, deren bewegliche Flügel »nach der Weite zu trachten« schienen. Ihr Auftreten war freilich etwas männlich, und ihre ganze Erscheinung athmete weniger Liebreiz, als moralische Kraft. Sie war eine reiche Engländerin aus der Grafschaft York und verwendete einen großen Theil ihres Vermögens auf abenteuerliche Reisen. Auch wenn sie sich jetzt in Fort-Reliance befand, kam das daher, daß eine neue Entdeckungsfahrt sie dorthin verschlagen hatte. Nach Durchstreifung der Tropenregionen wollte sie nun zweifellos bis an die letzten Grenzen der Polarländer vordringen. Ihre Gegenwart im Fort galt als ein Ereigniß. Der Director der Compagnie hatte sie dem Kapitän Craventy schriftlich speciell empfohlen. Dieser sollte, nach dem Inhalte des Briefes, die Absicht der berühmten Reisenden, nach den Küsten des Eismeeres zu ziehen, nach Kräften fördern. Welch’ großes Unternehmen! Es galt, den Weg eines Hearne, Mackenzie, Raë und Franklin einzuschlagen. Welche Mühen und Prüfungen, welche Kämpfe gegen die in den Polarländern so schreckliche Natur standen damit bevor! Wie konnte ein Weib sich dahin wagen, wo so viele Forscher umgekehrt oder untergegangen waren? Aber die Fremde, welche jetzt schon bis nach Fort-Reliance gekommen, war kein gewöhnliches Weib, es war eben Paulina Barnett, die Preisgekrönte der Royal Society.
    Wir fügen hinzu, daß die berühmte Reisende in ihrer Begleiterin, Namens Madge, mehr als eine Dienerin, eher eine muthige, ergebene Freundin besaß, welche nur für sie lebte, eine Schottin aus der guten alten Zeit, die ein Caleb ohne langes Besinnen hätte heiraten können. Madge war noch einige Jahre älter als ihre Herrin, dabei groß und von gesundem Holze gezimmert. Madge duzte Paulina, wie diese Madge. Paulina betrachtete Letztere mehr als ältere Schwester, Madge aber Paulina als ihre Tochter. Alles in Allem machten Beide nur ein zusammengehöriges Wesen aus.
    Zu Ehren dieser Paulina Barnett also bewirthete Kapitän Craventy an jenem Abende seine Beamten und die Indianer vom Stamme der Chipeways. Die Reisende sollte sich dann dem Detachement des Lieutenants Jasper Hobson auf dessen Erforschungsreise nach dem Norden anschließen. Für Paulina Barnett ertönte der große Salon der Factorei
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