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Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Titel: Das Kleine Buch Der Wahren Liebe
Autoren: Anselm Gruen
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das ist Ausdruck einer spirituellen Liebe, die mehr ist als eine erotische Liebe. Dieses Versprechen gilt auch, wenn der Weg der Ehepartner auseinandergeht, aus welchen Gründen auch immer. Auch dann kommt es darauf an, den Partner weiter zu lieben, zu achten und zu ehren. Wenn ich den Ehepartner, der mich verlassen hat, nur schlechtmache, dann mache ich einen Teil von mir schlecht. Denn immerhin habe ich mit diesem Mann, mit dieser Frau eine Zeit lang gelebt. „Ehren“ im Gespräch heißt nicht, dass ich seine Schuld verdränge oder dass ich den Schmerz unterdrücke, den er mir mit seiner Trennung bereitet hat. Aber ich ehre in ihm immer noch den, den ich einmal geliebt habe. Ich verliere die Achtung nicht, auch wenn er vielleicht Wege geht, die ich nicht verstehe und die negative Seiten in ihm zeigen.

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    Was heißt es, den anderen zu lieben, auch wenn keine starken Liebesgefühle in mir sind? Wenn ich betrauere, dass wir momentan keine heiße Liebe erfahren, sondern eher eine nüchterne, dann kann ich vielleicht auch die Kraft dieser alltäglichen Liebe dankbar annehmen. Es ist eine Liebe, die sich in Solidarität äußert, in Fairness, in Zuverlässigkeit, in Hilfsbereitschaft, in der Achtung des anderen. Das ist nicht die Liebe, die eine Ehe ausmacht und im Innersten zusammenhält. Aber es ist doch auch Liebe. Und auch diese Liebe kann die Ehe eine Zeit lang retten. Wir sollten allerdings nie die Hoffnung aufgeben, dass diese nüchterne und alltägliche Liebe sich wieder in eine lebendige Liebe wandelt. Manche meinen, die Liebe sei nur freundschaftlicher Natur, aber sie reiche nicht für eine Ehe. Sie würden sich gut verstehen, aber es fehle die Leidenschaft, das Begehren des anderen. Wenn wir so reden, haben wir feste Vorstellungen, wie die Liebe sein müsse. Das, was unserer Liebe fehlt, sollen wir betrauern, um das Geschenk einer freundschaftlichen Liebe genießen zu können. Es ist schon viel, freundschaftlich miteinander zu leben, sich zu achten und zu ehren, sich gegenseitig zu ergänzen. Es muss nicht immer die große erotische Liebe sein.

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    Wenn die Liebe die Verletzung in uns aufdeckt, meinen wir nicht selten, der andere würde uns verletzen. Und wir zahlen es ihm heim, indem wir ihn auch kränken. So entsteht ein Teufelskreis der gegenseitigen Verletzungen, die die Liebe nicht vertiefen, sondern zerstören. Wer sich auf den Weg der Liebe einlässt, muss wissen, dass es ein Weg in die Wahrheit ist, ein Weg, auf dem ich meine eigene Wahrheit entdecke und die des andern. Die Erkenntnis der Wahrheit ist das wirklich Schmerzliche. Aber die Liebe wäre auch die Chance, diese Verletzung zu heilen. Wenn ich mich selbst mit meinen Wunden annehme und den andern wegen seiner Verwundungen nicht verurteile, sondern ihn gerade so liebe, wie er ist, dann vermag die Liebe meine und seine Wunden zu heilen.

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    Es gibt keine Beziehung ohne Verletzung. Die Beziehung wächst durch immer größere Nähe. Aber sie kann auch durch Verletztwerden wachsen: Die Verletzungen können mich nämlich für den anderen öffnen. Sie zeigen, dass ich meine Fassade nicht aufrecht erhalten kann. Wenn ich den anderen wirklich spüren will, muss ich aus meinem Lebenshaus heraustreten und mich dem anderen so zeigen, wie ich bin. Die Verletzung zeigt mein Herz in seiner Bedürftigkeit. Ich zeige meine Empfindlichkeit und Verletzlichkeit. Davor haben viele Angst. Sie wollen nach außen hin stark erscheinen, unverletzlich. So müssen sie sich verschließen. Sie haben Angst, negativ bewertet zu werden, wenn sie ihre Verletzlichkeit offenbaren. Es ist ein tiefes Misstrauen in ihnen, dass sie so, wie sie sind, nicht gut sind.

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    Die Brüche in unserer persönlichen Lebensgeschichte und die Brüche in unserem Miteinander wollen uns immer mehr aufbrechen für unsere innere Wahrheit und für die Wahrheit des anderen. Durch die Brüche können wir einander näherkommen. Wir brechen uns füreinander auf. Wir lassen den anderen hineinschauen in die Abgründe unsere Seele, die durch einen äußeren Bruch in uns aufgebrochen sind. Und dort brechen alle Masken zusammen, die wir manchmal doch noch aufsetzen, um den anderen nicht so nah an uns heranzulassen. Die Brüche zerbrechen alle Hindernisse, die wir zwischen uns aufgebaut haben. Sie sind die Chance, dass wir uns in unserer Wahrheit näherkommen und uns nun bedingungslos annehmen. Wir nehmen den anderen nicht mehr nur mit seinem Erfolg, mit seinen Stärken, mit seiner
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