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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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Hofmode.
    Isaura betrat nach einem kurzen Klopfen das Büro der Chefredakteurin. Alex war nicht einmal zehn Jahre älter als sie, dennoch schaffte sie es zuweilen, dass sich Isaura in ihrer Gegenwart wie ein Kind fühlte, das von einem Erwachsenen gerügt wurde. Es kam ihr sogar der Verdacht, dass Alex diese strenge, schmale Brille nur besaß, um sie ein Stück die Nase herunterschieben und dann mit diesem eisigen Blick über den Rand schauen zu können, der selbst die Hartgesottenen unter ihnen verlegen stottern ließ, die einige Jahre mehr als die Chefin auf dem Buckel hatten.
    »Schließ die Tür und setz dich!«
    Isaura versuchte eine freundlich-unbeschwerte Miene zu wahren und zog sich einen Stuhl heran. Stumm wartete sie, bis Alex den Stapel Papiere beiseiteschob, nachdem sie ihn in unglaublichem Tempo durchgesehen hatte. Ja, sie war mit ihren vierzig Jahren schon die Richtige auf diesem Posten, den ihr nicht wenige neideten. Dann richtete sich der Blick auf Isaura, als wolle er bis in die letzten Tiefen ihrer düsteren Geheimnisse vordringen. Isaura widerstand dem Bedürfnis, unruhig auf dem Stuhl herumzurutschen. Stattdessen erwiderte sie den Blick. Endlich sprach Alex die Frage aus, die Isaura bereits in ihren Augen gelesen hatte.
    »Was ist eigentlich mit dir los?«
    »Ich war im Archiv, etwas nachschauen, und da habe ich die Zeit vergessen«, entschuldigte sich Isaura. »Es tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    Alex wischte ihre Erklärung mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Das meine ich nicht. Oder zumindest nicht nur das. Du vergisst Termine, hältst Zeiten nicht ein, bist abwesend und …«, sie hielt inne, und Isaura hatte die seltene Gelegenheit zu erleben, dass ihre Chefin um Worte rang, die doch sonst ihre Verbündeten und ihre schärfsten Waffen waren.
    »Du gefällst mir nicht«, sagte sie schließlich. »Schau nur in den Spiegel, wie du aussiehst.«
    »Danke für das aufmunternde Kompliment«, gab Isaura sarkastisch zurück.
    Alex schüttelte unwirsch den Kopf. »Das ist kein Spaß. Du bist blass, hast Ringe unter den Augen und wirkst unkonzentriert, und das schon seit einer ganzen Weile. Ist etwas vorgefallen? Hast du Ärger mit deinem Mann? Oder etwas anderes, das dich quält? Du kannst doch mit mir reden!«
    Isaura überlegte. Quälte sie etwas? Außer dass Justus sich gegen Kinder entschieden hatte, wogegen sie sich ein Kind in ihrem Leben durchaus vorstellen konnte? Zumindest meinte er, es sei jetzt nicht der rechte Zeitpunkt. Doch wann glaubte er, würde dieser kommen? Wenn er keinen Stress mehr haben würde? Wann könnte das sein? Mit sechzig, wenn er aus dem Job aussteigen wollte? Isaura war jetzt zweiunddreißig. Wie lange wollte oder konnte sie warten?
    Aber nein, das war nicht das, was an ihr zehrte. Glaubte sie jedenfalls. Und Justus? Eheprobleme – abgesehen von ihrer voneinander abweichenden Meinung zum Thema Kinder? War da etwas? Sie sahen einander nicht mehr so häufig. Die gemeinsamen Unternehmungen schrumpften. Natürlich. Justus war geschäftlich viel unterwegs, und sie lebten seit mehr als zehn Jahren zusammen. War es da nicht natürlich, dass das Feuer nachließ und zu einer behaglichen Glut zusammenschrumpfte? Sie führten eine gute Ehe! Es gab nichts, das ihr Sorgen bereiten sollte.
    Wirklich?
    Ja!
    Dann waren es nur diese Träume, die sie quälten? Die ihr so sehr zusetzten, dass ihre Arbeitsleistungen darunter zu leiden begonnen hatten?
    Was für ein Blödsinn!
    »Es ist nichts Ernstes«, wiegelte Isaura ab. »Ich habe nur die letzte Erkältung verschleppt und bin ein wenig urlaubsreif. Ja, ich sollte mit Justus wegfahren, nur wir beide, um mal wieder Zeit für uns und unsere Beziehung zu haben«, fügte sie eingedenk des Rats ihrer Freundin Aline hinzu.
    Bei dem Wort Urlaub verzog Alex das Gesicht. So recht wollte sie nicht einsehen, wozu ein Mitarbeiter so viele Tage Urlaub im Jahr benötigte. Sie selbst verbrachte die meisten ihrer Urlaubstage in der Redaktion.
    »Wann? Und an wie viele Tage denkst du?«, hakte die Chefredakteurin vorsichtig nach.
    Isaura hob die Schultern. »Ich weiß noch nicht. Ich muss erst mit Justus darüber sprechen, wie lange er sich losreißen kann und wohin er fahren möchte.« Sie erhob sich, ehe Alex noch ein paar unangenehme Fragen einfielen.
    »Ich sag dir dann Bescheid. Im Moment ist die Redaktion ja gut besetzt«, fügte sie hinzu, was Alex gezwungen war zu bestätigen.
    »Und ich
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