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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett
Autoren: Lois McMaster Bujold
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einigermaßen ordentliches Ergebnis bringen.«
    Kostolitz hob die Augenbrauen. »Wem muss man denn den Arsch küssen, um so ’ne Sonderbehandlung zu bekommen? Gregor Vorbarra?« Die Eifersucht war nicht zu überhören, der Verdacht eines Klassenbewussten.
    Miles biss die Zähne zusammen. Über das Thema Väter wollen wir jetzt nicht reden …
    »Und wie willst du reinkommen, ohne den Test zu bestehen?«, bohrte Kostolitz nach. Seine Augen waren zusammengekniffen, die Nasenflügel bebten beim Geruch von Privilegien wie ein Tier, das Blut riecht.
    Sei diplomatisch! sagte Miles zu sich. Diplomatie sollte ihm ebenso im Blut stecken wie Kriegführen. »Ich habe ein Gesuch gestellt«, erklärte Miles geduldig, »dass mein Gesamtergebnis gewertet wird, und ich rechne damit, dass die Theorie die Praxis hochreißt.«
    »So weit? Dazu brauchst du aber ein fast hundertprozentiges Ergebnis.«
    »Stimmt«, knurrte Miles.
    »Kosigan, Kostolitz!«, rief ein uniformierter Prüfer. Sie gingen an den Startplatz.
    »Für mich ist das ziemlich blöd«, beschwerte sich Kostolitz.
    »Warum? Du hast damit doch überhaupt nichts zu tun. Es geht dich gar nichts an«, sagte Miles spitz.
    »Wir laufen doch paarweise. Wie soll ich wissen, wie gut ich bin?«
    »Ach, du brauchst nicht mit mir Schritt zu halten«, meinte Miles honigsüß. Kostolitz runzelte verärgert die Stirn. Man wies ihnen die Startplätze an. Miles warf einen Blick über den Paradeplatz. Auf der anderen Seite stand eine Gruppe von Zuschauern. Einige Verwandte, die ebenfalls Militärs waren, und die Diener in Livrée der Handvoll Söhne von Grafen, die heute an der Prüfung teilnahmen. Da standen auch zwei harte Burschen im Blau und Gold der Vorpatrils. Miles’ Vetter Ivan musste irgendwo sein.
    Und da war Bothari – groß wie ein Baum und schlank wie ein Dolch – im Braun und Silber der Vorkosigans. Miles hob kaum merkbar das Kinn zum Gruß, Bothari sah die Geste auch aus hundert Metern Entfernung und zeigte dies durch stumme Paradehaltung.
    Mehrere Prüfungsoffiziere, der Sergeant und zwei Lehrgangsausbilder standen in einiger Entfernung als ein Grüppchen. Einige gestikulierten und blickten zu Miles herüber. Anscheinend Meinungsverschiedenheiten. Dann gingen die Prüfer wieder auf ihre Posten. Ein Offizier gab dem nächsten Paar das Startzeichen, mit dem Hindernislauf zu beginnen. Der Sergeant kam zu Miles und seinem Kameraden herüber. Ihm schien in seiner Haut nicht wohl zu sein. Miles riss sich zusammen. Sein Gesicht war ganz kühle Aufmerksamkeit.
    »Kosigan«, begann der Sergeant vorsichtig. »Sie müssen die Beinschiene abnehmen. Künstliche Hilfsmittel sind beim Test nicht zugelassen.«
    Miles fiel auf Anhieb ein Dutzend Gegengründe ein, aber er behielt sie für sich. Dieser Sergeant war gewissermaßen sein befehlsführender Offizier, und er wusste, dass heute mit Sicherheit nicht nur die körperliche Leistung bewertet wurde. »Jawohl Sir.« Der Sergeant war offensichtlich erleichtert.
    »Darf ich sie meinem Diener geben?«, fragte Miles. Er bedrohte den Sergeant mit den Augen: Wenn nicht, dann hänge ich dir die Dinger an und du kannst den Rest des Tages damit herumlaufen. Dann merkst du, wie komisch dich die Leute anstarren …
    »Selbstverständlich, Sir«, antwortete der Sergeant. Das ›Sir‹ war ihm herausgerutscht. Natürlich wusste der Sergeant, wer Miles war. Ein leichtes, wölfisches Lächeln huschte über Miles’ Gesicht, verschwand aber sofort. Miles gab Bothari ein Zeichen. Gehorsam kam der livrierte Leibwächter zu ihm.
    »Sie dürfen sich aber mit ihm nicht unterhalten«, warnte der Sergeant.
    »Jawohl, Sir«, bestätigte Miles. Er setzte sich hin und schnallte den verhassten Apparat ab. Gut! Ein Kilo weniger zu schleppen. Er warf die Schiene Bothari zu, der sie mit einer Hand auffing, und stand mühsam wieder auf.
    Korrekterweise bot Bothari ihm nicht die Hand, um ihm dabei zuhelfen. Als Miles seinen Leibwächter neben dem Sergeant sah, störte ihn dieser nicht mehr so sehr, denn er wirkte irgendwie kleiner und jünger, sogar etwas weich. Bothari war größer, hagerer, viel älter, sehr viel hässlicher und sah bedeutend gefährlicher aus. Aber schließlich war Bothari schon Sergeant gewesen, als dieser Sergeant noch in die Windeln geschissen hatte.
    Schmales Kinn, Adlernase, Augen von nicht zu beschreibender Farbe, viel zu nah beieinander stehend – Miles schaute zum Gesicht seines livrierten Dieners mit liebevollem Stolz auf. Dann blickte
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