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Das Juwel der Elben

Das Juwel der Elben

Titel: Das Juwel der Elben
Autoren: Alfred Bekker
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komme?“
    „Natürlich.“
    „Du hast mich gerufen.“
    Keandir lächelte. Er trug ein schlichtes Wams und einen breiten Gürtel, in dessen mit Elbenrunen verzierten Scheide sein Schwert Schicksalsbezwinger steckte. Um den Hals trug er einen Lederbeutel, der die magischen Elbensteine enthielt.
    Beides – die Elbensteine und das Schwert Schicksalsbezwinger - waren die Symbole der Herrschaft des Elbenkönigs. Eines Tages, so hatte Keandir seinem Enkel gesagt, würde er sie an ihn - Daron - übergeben.
    „Ich habe dich nicht gerufen“, sagte Keandir.
    „Aber ich glaubte, deine Gedanken zu spüren …“
    „Ich habe mir gewünscht , mit dir zu sprechen, das ist richtig“, erklärte Keandir.
    „Ist das nicht dasselbe?“
    „Nicht ganz. Aber da du schon einmal hier bist … Ich habe gesehen, wie Sarwen und du mit dem Riesenfledertier umhergeflogen seid. Ihr hattet Schwierigkeiten.“
    „Aber die ließen sich lösen“, sagte Daron. „Manchmal will Rarax nicht so wie wir.“
    „Die Riesenfledertiere gehören zu den Geschöpfen, die Xaror in das Zwischenland holte, um es zu erobern“, sagte Keandir. „Ich würde ihnen niemals völlig vertrauen.“
    „Aber der Krieg ist längst und lange zu Ende, und Xaror gibt es nicht mehr. Diese Wesen können nichts für das, was früher war.“
    „Ich will nur, dass ihr vorsichtig seid, Daron.“
    „Du weißt, wie stark die dunkle Kraft in uns ist, Großvater. Unsere Magie kann so ein Fledertier leicht beherrschen - genauso wie ein Elbenpferd. Und auch bei denen kommt es doch mal vor, dass sie etwas bockig sind.“
    „Gewiss.“
    Daron spürte, dass Keandir eigentlich noch über etwas anderes mit ihm sprechen wollte. Und er ahnte längst, was es war.
    „Du bist schon lange nicht mehr gewachsen, Daron“, stellte Keandir fest. „Und deshalb mache ich mir Sorgen.“
    „Es ist doch normal, dass Elbenkinder selbst bestimmen, wie schnell sie wachsen“, entgegnete Daron. „Menschenkinder müssen sich damit beeilen. Die meisten Menschen werden ja nicht einmal hundert Jahre alt, da muss man eben zusehen, dass man auf keinen Fall mehr als achtzehn oder zwanzig Jahre braucht, um erwachsen zu werden. Aber wir Elben leben viel länger. Wozu sich beeilen, Großvater? Es gibt sogar Elben, die nie erwachsen geworden sind, weil sie einfach nicht wollten.“
    „Ja, doch das waren auch nicht die Nachfahren des Elbenkönigs, von denen man erwartet, dass sie selbst einmal Könige werden“, gab Keandir zu bedenken.
    „Aber du wirst doch noch sehr lange leben, Großvater. Jahrhunderte, sogar Jahrtausende, wenn du willst und nicht diese Krankheit namens Lebensüberdruss, bekommst. Du brauchst noch keinen Nachfolger.“
    „Aber es könnte mir etwas zustoßen, Daron. Und dann wäre es gut, wenn mein Enkel bereitstünde, die Krone zu tragen. Mein erwachsener Enkel wohlgemerkt.“
    Sie tauschten einen etwas längeren Blick. Ja, das war der Kern des Problems. Daron sollte König werden, das war von Anfang beschlossene Sache gewesen. Aber Daron wusste noch gar nicht, ob er das überhaupt wollte. Seit er am Hof von Elbenhaven lebte, hatte Daron mitbekommen, wie groß die Erwartungen waren, die die gesamte Elbenheit an ihren König stellten. Er hatte dafür zu sorgen, dass in Elbiana Wohlstand und innerer Frieden herrschten, dass es genügend ausgebildete Magier gab, die Brücken und Bauwerke instand hielten und dass das Land vor potentiellen Feinden geschützt war.
    Daron glaubte nicht, dass er klug und stark genug war, um diesen Ansprüchen immer und jeder Zeit gerecht zu werden.
    „Elbenkinder bestimmen ihr Wachstum selbst“, sagte Keandir. „So ist es immer schon gewesen …“
    „Dann lass auch mich selbst bestimmen, wie schnell ich wachse! Habe ich nicht die gleichen Recht wie andere Elben auch?“
    „Elbenzwillinge richten sich bei ihrem Wachstum oft nach ihrem Geschwister“, fuhr Keandir fort. „Wächst ein Zwilling, macht es der andere ihm nach. Eigentlich besteht eher die Gefahr, dass sie zu schnell wachsen, weil sie sich dabei gegenseitig zu übertreffen versuchen, nicht umgekehrt.“
    „Dann sprich doch mit meiner Schwester“, schlug Daron vor. „Wenn sie wächst, werde ich auch wachsen, wenn du mit deiner Vermutung richtig liegst.“
    König Keandir lächelte milde und schüttelte den Kopf. „Nein, umgekehrt wird ein Elbenstiefel daraus: Deine Schwester würde gern wachsen, aber sie tut es deinetwegen nicht. Also hat es keinen Sinn, wenn ich mit ihr rede, denn sie
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