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Das Inferno

Das Inferno

Titel: Das Inferno
Autoren: Colin Forbes
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Sorgen wegen des verschwundenen Dampfers machte, dann brauchte sich Butler auch keine grauen Haare wachsen zu lassen. Offenbar gab es auf der Nordseite der Insel, die Butler von hier aus nicht sehen konnte, eine zweite Anlegestelle mit einem anderen Schiff, das sie wieder von der Insel wegbringen würde.
    Obwohl die Sonne immer noch erbarmungslos herunterbrannte, genoss Butler ihre Strahlen. Manchmal schloss er die Augen und wäre dabei einmal sogar um ein Haar im Stehen eingeschlafen.
    Milo Slavic blies den Rauch seiner Zigarre langsam in den Raum und starrte durch die bläulichen Schwaden weiter an die leere Wand. Dann aschte er ab und nahm einen weiteren tiefen Zug. Das Schweigen im Arbeitszimmer war bedrückend.
    Niemand wagte es, auch nur ein einziges Wort zu sagen.
    Paula sah hinüber zu Tweed, der stumm mit dem Rücken an der Wand lehnte und die Augen halb geschlossen hatte. Sie war so aufgeregt, dass sie ihn am liebsten mit einem Stoß in die Rippen dazu aufgefordert hätte, etwas zu sagen oder zu tun.
    Auch Slavic tat nichts, außer an seiner Zigarre zu ziehen und den Rauch nachdenklich in die Luft zu blasen. Wie hatten sie nur den Fehler machen und diesem bizarren Menschen ihr Vertrauen schenken können? Oskar Vernon fiel ihr wieder ein, wie er dem Dampfer in Travemünde hinterhergewinkt hatte, als ob er sich für immer von ihnen verabschieden wollte.
    Wahrscheinlich hatte er gewusst, was sie auf dieser Insel erwarten würde.
    Paula lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Rondel, der aufgestanden war und die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
    Seine attraktive, schlanke Gestalt hob sich wie ein Scherenschnitt vor dem großen Fenster ab. Warum sagte nicht wenigstens
er
etwas?
    Dann kam Paula ein weiterer erschreckender Gedanke. Was hatte Slavic Tweed für einen Schlüssel gegeben? War das wirklich ein Duplikat seines Schlüssels oder nur eine Fälschung, mit der man die Konsole der Höllenmaschine niemals würde öffnen können? Slavic war hochintelligent und mit allen Wassern gewaschen. Wahrscheinlich hatte er sich mit der Übergabe des Schlüssels nur Tweeds Vertrauen erschleichen wollen.
    Während sich ihre Gedanken förmlich überschlugen, wurde das Bild in Paulas Kopf immer klarer. Slavic hielt die Welt für zutiefst verdorben und plante deshalb ihre völlige Vernichtung.
    Hier draußen auf seiner Felseninsel mitten in der Ostsee hatte er beschlossen, dass die Welt es nicht wert war, weiter zu bestehen, und eine teuflische Maschine zu ihrer Vernichtung ersonnen. Ja, es passte alles zusammen.
    »Giftgas?«, sagte Slavic plötzlich mit ruhiger Stimme.
    »Und Schlimmeres«, gab Rondel aufgeregt zurück. »Ich weiß, dass einige Ihrer Wissenschaftler Versuche mit dem Erreger der Beulenpest gemacht haben. Bisher habe ich mich immer gefragt, weshalb sie das getan haben, aber jetzt ist es mir auf einmal klar geworden. Zu spät, wie ich befürchte. Wahrscheinlich sind die Sprengköpfe der Raketen schon längst mit Pestbakterien bestückt worden.«
    Paula durchfuhr ein eisiger Schrecken, aber Slavic blieb ungerührt sitzen und rauchte seine Zigarre. Seine offen zur Schau getragene Gleichgültigkeit widerte sie an. Wie konnte man nur so böse sein? Wenn diese Raketen einschlugen und die ersten Fälle der Pest auftraten, würden die Menschen in Panik fliehen und so die tödliche Krankheit über alle Kontinente verbreiten. Vielleicht lahmte Tweed dieses Schreckensszenario genauso wie sie. Vielleicht saß er deshalb so regungslos neben ihr.
    Paula musste an die schwer bewaffneten slowakischen Wachleute denken, die nur auf Slavics Befehl hörten.
    Wahrscheinlich sprach er als Slowene sogar ihre Sprache, war doch Slowenien nicht weit von der Slowakei entfernt. Ob er wohl eine seiner Raketen auch auf den Balkan gerichtet hatte?
    Sicher nicht.
    Schließlich legte Milo die halb gerauchte Zigarre in den Aschenbecher und fing an zu sprechen. Seine Sprechweise war noch bedächtiger als sonst, was Paula als Zeichen dafür auffasste, dass er sich nun von jeglicher Vernunft verabschiedet hatte.
    »Mein Kompliment, Blondel. Sie sind ein begabter Märchenerzähler.«
    »Glauben Sie ihm kein Wort«, unterbrach ihn Rondel. »Er hat uns alle hinters Licht geführt, sogar seine eigene Tochter!«
    Zum ersten Mal seit sie wieder im Arbeitszimmer waren, blickte Paula hinüber zu Lisa, die bewegungslos auf der Bank saß und mit ungläubigem Gesicht ihren Vater anstarrte.
    Offenbar war sie von dem, was Rondel über Milo Slavic gesagt hatte,
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