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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor
Autoren: dtv
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wird spät. Du musst auch noch packen, wenn du die Morgenmaschine
     nimmst.«
    »Nicht das Thema wechseln!«, beeilte sich Aaro von hinten einzuwerfen wie der Trainer zweier Boxer beim Sparring.
    »Aaros Generation wächst ohnehin schon in einem derartigen Technikrausch auf, dass ein bisschen Kritik sicher nicht schadet«, |32| fuhr Timo fort und gab Gas. »Auch die Technik kann versagen. Ingenieure sind auch nur Menschen. Und das gilt selbst für Teilchenphysiker.«
    »Aha. Dann sollte man wohl mehr Energie erzeugen, indem man Weidenäste verbrennt? Oder besser Kohle? Das bisschen Klimaerwärmung.
     Weißt du, dass dadurch mehr Schaden entsteht, als die Atomenergie je anrichten könnte? Selbst grüne Fanatiker haben inzwischen
     begriffen, dass von zwei Übeln die Atomenergie das geringere ist.«
    Timo wusste, dass Soile keinen Unsinn redete. Trotzdem: Aus irgendeinem Grund wollte er seiner Frau, die manchmal so auftrat,
     als wüsste sie alles, heute in die Parade fahren.
    Dann aber fiel ihm die bevorstehende Reise nach Helsinki ein: das Material, das in der Seine gefunden worden war. Auch Olkiluoto.
     Und das wiederum führte seine Gedanken zu einer Frau namens Heli Larva.
     
    Kim Jørgensen drehte den Schlüssel, und das Schloss rastete ein. Die feuerfeste Aktentasche war mit einer Kette am Handgelenk
     des Kuriers befestigt. Darin befand sich die Diskette, die Jørgensen für 75000   Euro dem DGS E-Beamten abgekauft hatte.
    »Gute Reise«, murmelte Jørgensen eher der Tasche als dem Kurier zu, der mit zwei Sicherheitsleuten auf den cremefarbenen Ledersitzen
     in der Passagierkabine des
Gulfstream-
Learjets saß.
    Jørgensen verließ die Maschine. Das Feld vor dem Geschäftsreiseterminal des Flughafens Le Bourget in der Nähe von Paris wurde
     von orangegelben Lampen erleuchtet. Von der Startbahn war die Beschleunigung einer Propellermaschine in der feuchten Nachtluft
     zu hören. Der kleine Zivilflugplatz wurde vor allem von Geschäftsleuten und VIPs benutzt. Hier war am 30.   August 1997 auch Prinzessin Diana mit ihrem Freund Dodi al Fayed von Saint-Tropez aus angekommen, am Vorabend ihres fatalen
     Unfalls.
    Erleichtert sah Jørgensen zu, wie die Maschine auf die Startbahn |33| zurollte. Er kaute Kaugummi und spielte mit dem Daumen an seinem Ring. Es fiel ihm schwer, ruhig zu bleiben. Die erste Phase
     seines Auftrags hatte er hinter sich gebracht, obwohl sich das als deutlich schwieriger erwiesen hatte, als vorauszusehen
     gewesen war – und als wesentlich teurer. Aber sein Arbeitgeber hatte für die Operation unbeschränkte Mittel zur Verfügung
     gestellt. Es gab nur ein Ziel: den Erfolg. Da hatte es keine Probleme bereitet, als plötzlich 75000   Euro in bar gebraucht wurden.
    Die Maschine stieg zum dunklen Himmel auf und flog in einem sanften Bogen nach Osten. Die Kopie der KG B-Archivdiskette , die aus der Seine gerettet worden war, befand sich auf der sicheren Reise dorthin, wo man ihren Wert am meisten zu schätzen
     wusste.

|34| 4
    Nervös rutschte Timo auf dem Rücksitz des Taxis in der Helsinkier Innenstadt hin und her. Das Blatt Papier, das zusammengefaltet
     in der Innentasche seiner Jacke steckte, und die wenigen Sätze darauf glichen trockenem Schießpulver. Neben ihm auf dem Sitz
     lag die Boulevardzeitung, die er sich im Flugzeug gegriffen hatte. Auf der ersten Seite war ein kleines Foto vom Staatsoberhaupt
     beim Besuch in Polen zu sehen. Kirsti Heino war die erste Frau im finnischen Präsidialamt.
    Timo gab sich Mühe, die Präsidentin möglichst neutral und objektiv zu betrachten, obwohl ihm das nicht leicht fiel. Erst vor
     wenigen Monaten war ihm klar geworden, was die Präsidentin zu Beginn ihrer politischen Karriere seinem Vater Paavo Nortamo
     angetan hatte.
    Timo drehte die Zeitung um, damit er den schmeichlerischen Gesichtsausdruck der Präsidentin nicht sehen musste. Er holte tief
     Luft und erstickte seine Aggressionen. Die durfte man ihm auf keinen Fall ansehen. Er war Profi, persönliche Motive durften
     auf seine Arbeit keine Auswirkungen haben. Auf der Rückseite der Zeitung stach eine Überschrift hervor: »Keine Dramatik bei
     der Präsidentschaftswahl zu erwarten. Zweite Amtszeit von Heino nach neuesten Umfragen sicher.«
    Timo verstand nur zu gut, dass der bescheidene Zettel in seiner Tasche die Konstellation bei der Präsidentschaftswahl auf
     einen Schlag verändern würde. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die Diskette aus der Seine echt war.
    Aber
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