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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberley Wilkins
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Paris gemacht hatte. Doch wenn sie glaubte, sie könne einfach so herkommen und die Hälfte des Geschäftes übernehmen, hatte sie sich geirrt. Juliet hatte die ganze Arbeit gemacht. Vielleicht könnte sie eine neue Hypothek aufnehmen und Libby auszahlen. In ihrem Kopf kreisten die verrücktesten Gedanken, wie immer, wenn es um Geld ging. Sie zwang sich, sich ganz auf die Gegenwart zu konzentrieren.
    Die Spätnachmittagsschatten krochen über den Sand. Juliet ging nach Hause, um den Küstenschutz anzurufen. Sie würden die Schildkröte mitnehmen, sezieren und überprüfen, woran sie gestorben war. Doch eigentlich war der Grund offensichtlich: Sie war am Fortschritt um des Fortschritts willen gestorben, der rücksichtslos und ohne jegliches Gewissen war. Und dies war die Ware, mit der Tristan Catherwood handelte.

    Abends um zehn war es gewöhnlich vollkommen still. Die Arbeit war erledigt, Küche und Teestube waren sauber, die Gäste schliefen, Formulare waren ausgefüllt und abgeheftet. Dann konnte sich Juliet endlich bei einer Kanne Tee entspannen, bevor sie eine Stunde später ins Bett ging. An diesem Abend hatte sie einen Übernachtungsgast: die siebenjährige Tochter ihrer Freundin und Mitarbeiterin Cheryl. Cheryl arbeitete eine Nachtschicht pro Woche im Surfclub, um Katies Privatschule zu finanzieren. Für eine alleinerziehende Mutter gab es um diese Uhrzeit kaum Betreuungsmöglichkeiten, also sprang Juliet ein. Katie schlief seit acht Uhr tief und fest im Gästebett in Juliets Schlafzimmer.
    Juliet schloss die Tabellenkalkulation, ging ins Internet und rief die üblichen Seiten auf. Es war ein warmer Abend, und sie beugte sich vor, um ein Fenster zu öffnen. Es störte sie, dass sie das Meer zwar hören, aber nicht sehen konnte. Vor zehn Jahren war sie aus der Wohnung mit Meerblick ausgezogen und hatte sie in zwei Gästezimmer umgewandelt. Damals hatte sie gehofft, dass es nur vorübergehend wäre; dass sie bald heiraten und Kinder bekommen und in ein größeres Haus ziehen würde. Aber sie war noch immer hier. Die Größe der Wohnung war eigentlich kein Problem. Unten gab es eine geräumige Küche, falls sie etwas Aufwendiges kochen wollte, und der kleine Raum hier oben war leichter sauber zu halten, was angesichts ihrer Arbeitsbelastung kein Nachteil war. Dass sie nicht verheiratet und Mutter war, störte sie hingegen sehr. Sie war achtunddreißig und kam sich vor, als zerrte man sie durch ein Fenster, das immer enger wurde. Eigentlich hätte sie schon vor vier Jahren den Richtigen kennenlernen müssen, damit sich das Fenster nicht vor ihrer Nase schloss.
    Die Schlafzimmertür ging auf. Katie stand im Schlafanzug da und kniff die Augen zu.
    »Was ist denn los, Liebes?«
    »Ich habe schlecht geträumt.« Das kleine Mädchen tapste herüber und kuschelte sich auf ihren Schoß. »Wo ist Mummy?«
    »Sie arbeitet noch. Sie holt dich morgen früh ab.« Juliet strich über Katies blondes Haar. »Hilfst du mir morgen beim Frühstück?«
    Katie zuckte schlaftrunken mit den Schultern.
    »Mach dir keine Sorgen wegen der schlechten Träume. Die verschwinden, sobald du die Augen aufmachst.«
    Katie drückte sich wortlos an sie. Juliet spürte den Herzschlag des kleinen Mädchens. Tock-tock, tock-tock, tock-tock.
    Schließlich fragte Katie: »Wer sind die ganzen Leute auf den Bildern?«
    »Männer.« Juliet warf einen Blick auf den Bildschirm.
    »Sind das alles deine Freunde?«
    »Nein, ich kenne keinen von ihnen.« Juliet war verlegen. Hoffentlich erzählte Katie ihrer Mutter, die immer noch hoffte, Juliet werde sich irgendwann von Scott Laceys Flehen erweichen lassen, nichts von Datemate. »Das ist nur eine Internetseite, auf der man neue Freunde kennenlernen kann.«
    Katie hatte jedoch bereits das Interesse verloren und gähnte.
    »Komm, ich bringe dich wieder ins Bett.«
    Sie hob Katie hoch und trug sie zurück zum Gästebett, deckte sie zu und sang ihr noch ein Schlaflied vor. Dann schloss sie leise die Tür und kehrte zu den Männergesichtern auf dem Bildschirm zurück. Sie hatte nie mit einem von ihnen Kontakt aufgenommen. Nicht ein einziges Mal. Dennoch verbrachte sie viel Zeit damit, sie nacheinander anzuklicken, über ihre Interessen, politischen und religiösen Überzeugungen zu lesen. Manche wirkten sehr nett und natürlich, andere waren hemmungslose Egomanen. Manche sahen gut aus, andere unscheinbar, aber freundlich. Doch bei keinem Einzigen hatte sie den Wunsch verspürt, sich mit ihm auf einen Kaffee zu
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