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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
Autoren: Donald Ray Pollock
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Bougainville. Sie ging, um die Bestellung aufzugeben und ihm einen Kaffee zu holen, und Willard schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er noch vor ein paar Monaten sicher gewesen war, sein Leben würde auf irgendeinem schwül-feuchten, wertlosen Felsen mitten im Pazifik enden; und nun war er hier, atmete noch immer, war nur ein paar Stunden von zu Hause fort und wurde von einer Frau bedient, die aussah wie die lebende Version einer dieser Pin-up-Filmengel. Soweit Willard das überhaupt hätte sagen können, war dies der Augenblick, in dem er sich verliebte. Ganz egal, dass der Hackbraten trocken, die grünen Bohnen zerkocht und das Brötchen so hart war wie ein Stück Kohle. Er fand, sie hatte ihm das beste Essen serviert, das er je in seinem Leben gegessen hatte. Und als er fertig war, stieg er wieder in den Bus, ohne auch nur den Namen von Charlotte Willoughby zu kennen.
    Als der Bus den Fluss überquerte und in Huntington hielt, fand Willard einen Schnapsladen und kaufte sich fünf Flaschen Whiskey, die er in seinen Seesack steckte. Er setzte sich in die erste Reihe gleich hinter den Fahrer, dachte an die Frau im Diner und suchte nach irgendwelchen Anzeichen, dass er sich der Heimat näherte. Er war noch immer leicht betrunken. Ganz unvermittelt fragte der Busfahrer: »Na, bringen Sie ein paar Orden nach Hause?« Er sah Willard im Rückspiegel kurz an.
    Willard schüttelte den Kopf. »Nur diesen dürren alten Kadaver, in dem ich mich herumschleppe.«
    »Ich wollte ja gehen, aber die haben mich nicht genommen.«
    »Da haben Sie Glück gehabt«, meinte Willard. An dem Tag, als sie den Soldaten entdeckten, waren die Kämpfe auf der Insel fast vorüber gewesen, und der Sergeant hatte sie losgeschickt, um Trinkwasser zu suchen. Ein paar Stunden nachdem sie Miller Jones’ gehäuteten Körper begraben hatten, tauchten vier ausgehungerte japanische Soldaten mit frischen Blutspuren an ihren Macheten zwischen den Felsen auf, streckten die Hände in die Luft und ergaben sich. Als Willard und seine beiden Begleiter sie zum Kreuz zurückführten, gingen die Soldaten auf die Knie und flehten sie an oder entschuldigten sich, er wusste es nicht. »Sie haben versucht zu fliehen«, log Willard später im Camp. »Wir hatten keine Wahl.« Nachdem sie die Japse erschossen hatten, schnitt ihnen einer der beiden anderen Männer, ein Bursche aus Louisiana mit einer Sumpfrattenkralle um den Hals, die Querschläger abwehren sollte, mit einem Rasiermesser die Ohren ab. Er hatte eine Zigarrenkiste voll mit getrockneten Ohren. Sein Plan war es, die Trophäen für fünf Dollar das Stück zu verkaufen, wenn sie wieder in die Zivilisation zurückgekehrt waren.
    »Ich hab ein Magengeschwür«, erklärte der Busfahrer.
    »Sie haben nichts verpasst.«
    »Ach, ich weiß nicht«, entgegnete der Busfahrer. »Ich hätte mir gerne einen Orden verdient. Vielleicht sogar ein paar mehr. Schätze, ich hätte genug Krautfresser für zwei abknallen können. Ich bin ziemlich schnell mit den Händen.«
    Willard schaute dem Busfahrer auf den Hinterkopf und musste an die Unterhaltung denken, die er mit dem mürrischen jungen Priester auf dem Schiff geführt hatte, nachdem er gebeichtet hatte, Miller Jones erschossen zu haben, um ihn von seinem Leid zu erlösen. Der Priester hatte all dieses Sterben satt, das er gesehen hatte, all die Gebete, die er an Reihen toter Soldaten und Stapeln von Leichenteilen gesprochen hatte. Er hatte zu Willard gesagt, wenn auch nur die Hälfte der Menschheitsgeschichte wahr sei, dann sei das verkommene und korrupte Diesseits offenbar zu nichts anderem gut, als einen auf die nächste Welt vorzubereiten. »Wussten Sie«, fragte Willard den Fahrer, »dass die Römer Esel ausnahmen und die Christen bei lebendigem Leib in den Kadavern einnähten, um sie dann in der Sonne verrotten zu lassen?« Der Priester hatte jede Menge solcher Geschichten zu erzählen gewusst.
    »Was zum Teufel hat das mit einem Orden zu tun?«
    »Denken Sie mal drüber nach. Du bist verschnürt wie ein Truthahn im Bratentopf, nur der Kopf schaut aus dem Hintern des toten Esels heraus; und dann fressen dich die Maden auf, bis du das Himmelreich siehst.«
    Der Busfahrer runzelte die Stirn und packte das Lenkrad ein wenig fester. »Mein Freund, ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen. Ich hab davon gesprochen, mit ein paar Orden an der Brust nach Hause zu kommen. Haben diese Römerleute da den Menschen vielleicht Orden angeheftet, bevor sie sie in die Esel
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