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Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Titel: Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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machte, schritt nicht wie ein Triumphator einher. Er schwankte, schleppte den Fuß mit Zögern und schien tappend in der Nacht zu gehen, als hätte er nicht die Gefährtin der Königin zur Führerin und die Königin selbst, weiß und aufrecht unter ihrem Baume stehend, zum Ziel gehabt.
    Sobald er Marie Antoinette erblickte, wurde das Zittern das Charny an ihm bemerkt hatte, nur noch stärker. Der Unbekannte zog seinen Hut ab und fegte damit gleichsam den Boden. Er schritt weiter. Charny sah ihn in den dichten Schatten eintreten; er verbeugte sich tief und zu wiederholten Malen.
    Charny's Staunen hatte sich indessen in starre Verwunderung verwandelt. Von der Verwunderung sollte er bald zu einer andern Gemüthsbewegung übergehen. Was wollte die Königin im Park zu einer so vorgerückten Stunde? Was wollte dieser Mann? Warum hatte er verborgen gewartet? Warum hatte ihn die Königin durch ihre Begleiterin holen lassen, statt selbst zu ihm zu gehen?
    Charny hätte beinahe den Kopf verloren. Er erinnerte sich indessen, daß sich die Königin mit geheimnißvoller Politik beschäftigte, daß sie oft Intriguen mit den deutschen Höfen anknüpfte, Verbindungen, auf welche der König eifersüchtig war und die er streng verbot.
    Vielleicht war dieser mysteriöse Cavalier ein Curier aus Berlin oder Schönbrunn, ein adeliger Herr, der eine geheime Botschaft überbrachte, eine jener deutschen Figuren, wie Ludwig XVI keine mehr in Versailles sehen wollte, seitdem der Kaiser Joseph II. sich erlaubt hatte, in Frankreich einen Cursus der Philosophie und der kritischen Politik zum Nutzen seines Schwagers, des allerchristlichsten Königs, zu halten.
    Der Eisbinde ähnlich, welche der Arzt auf eine vom Fieber glühende Stirne legt, erquickte diese Idee Olivier, den armen Olivier, gab ihm den Verstand wieder und beschwichtigte das Delirium seines ersten Zornes. Die Königin beobachtete übrigens eine Haltung voll Anstand und sogar voll Würde.
    Drei Schritte entfernt stehend, unruhig, aufmerksam, lauernd, wie die Freundinnen oder die Duennen bei Watteau'schen parties carées , störte die Begleiterin durch ihre diensteifrige Angst Herrn von Charny in seinem ganz keuschen Visiren. Doch es ist ebenso gefährlich, bei politischen Rendezvous ertappt zu werden, als es beschämend ist, bei Liebesrendezvous ertappt zu werden. Und nichts gleicht mehr einem Verliebten, als ein Verschwörer. Beide haben denselben Mantel, dieselbe Empfindlichkeit des Ohrs, dieselbe Unsicherheit der Beine.
    Charny hatte nicht viel Zeit, diesen Betrachtungen nachzuhängen. Die Begleiterin verließ ihre Stellung und durchbrach das Gespräch. Der Cavalier machte eine Bewegung, als wollte er sich niederwerfen; er erhielt ohne Zweifel seinen Abschied nach der Audienz.
    Charny versteckte sich hinter einem dicken Baum. Sicherlich mußte die Gruppe, indem sie sich trennte, theilweise an ihm vorüberkommen. Seinen Athem zurückhalten, die Gnomen und Sylphen bitten, daß sie alle Echos der Erde und des Himmels unterdrücken möchten, dieß war das Einzige, was ihm zu thun übrig blieb.
    In diesem Augenblick glaubte er einen Gegenstand von heller Nuance an der königlichen Mantille hinabgleiten zu sehen; der Cavalier verbeugte sich lebhaft bis zum Grase, erhob sich dann wieder mit einer ehrfurchtsvollen Bewegung und entfloh, denn die Geschwindigkeit seines Abgangs ließ sich unmöglich anders bezeichnen.
    Doch er wurde in seinem Laufe von der Begleiterin der Königin aufgehalten, die ihn mit einem kurzen Schrei zurückrief und ihm, als er angehalten hatte, mit halber Stimme das Wort zuwarf:
    »Warten Siel«
    Es war ein sehr gehorsamer Kavalier, denn er blieb auf der Stelle stehen und wartete.
    Charny sah nun die zwei Frauen, Arm in Arm, zwei Schritte von seinem Verstecke vorübergehen; die durch den Rock der Königin bewegte Luft machte die Pflanzenstiele des Rasens beinahe unter Charny's Händen wogen.
    Er fühlte den Wohlgeruch, den er bei der Königin anzubeten gewohnt war: Eisenkraut und Reseda vermischt – eine doppelte Trunkenheit für seine Sinne und seine Erinnerung.
    Die Frauen gingen vorüber und verschwanden.
    Dann, nach einigen Minuten, kam der Unbekannte, um den sich der junge Mann während des ganzen Ganges der Königin bis zur Thüre nicht mehr bekümmert hatte: er küßte mit Leidenschaft, mit Wahnsinn eine ganz frische, balsamische Rose, welche sicherlich diejenige war, deren Schönheit Charny bemerkt hatte, als die Königin in den Park eintrat, und die er so
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