Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Titel: Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
Vom Netzwerk:
verwirrt, in Verzweiflung, am Arm Philipps.
    »Oh!« murmelte sie, »das ist zu viel, das ist zu viel, Philipp! Mir schien doch, ich habe genug erduldet.«
    »Muth,« sagte Philipp leise, noch diese Prüfung, meine Schwester.«
    »Nein, nein!« erwiderte Andree, »ich vermag es nicht. Die Kräfte eines Weibes sind begrenzt; vielleicht werde ich thun, was man von mir verlangt; doch bedenke, Philipp, wenn sie mit mir spricht, wenn sie mich beglückwünscht, so werde ich sterben.«
    »Du wirst sterben, wenn es sein muß, meine theure Schwester,« sagte bei junge Mann, »und dann wirst Du glücklicher sein als ich, denn wie gern wäre ich todt!«
    Er sprach diese Worte mit einem so düstern und so schmerzlichen Ausdruck, daß Andree, als würde sie von einem Stachel zerrissen, vorwärts stürzte und zur Königin drang.
    Olivier sah sie vorübergehen; er trat an die Wand zurück, um nicht ihr Kleid zu streifen.
    Er blieb allein im Salon mit Philipp, neigte das Haupt, wie sein Schwager, und erwartete den Ausgang der Unterredung, welche die Königin mit Andree haben sollte.
    Diese fand Marie Antoinette in ihrem großen Cabinet. Trotz der Jahreszeit, im Monat Juni, hatte sich die Königin Feuer anzünden lassen; sie saß in ihrem Lehnstuhl, den Kopf zurückgeworfen, die Augen geschlossen, die Hände gefaltet wie eine Todte.
    Sie bebte vor Kälte.
    Frau von Misery, welche Andree eingeführt hatte, zog die Thürvorhänge zu, schloß die Thüre und verließ das Gemach.
    Zitternd vor Aufregung und Zorn, zitternd auch vor Schwäche, wartete Andree mit niedergeschlagenen Augen, daß ein Wort zu ihrem Herzen käme; sie wartete auf die Stimme der Königin, wie der Verurtheilte auf das Beil wartet, das sein Leben durchschneiden soll.
    Hätte Marie Antoinette den Mund in diesem Augenblick geöffnet, Andree würde, gelähmt wie sie war, unterlegen sein, bevor sie begriffen oder geantwortet.
    Eine Minute, ein Jahrhundert dieses gräßlichen Leidens verging, ehe die Königin eine Bewegung gemacht hatte.
    Endlich stand sie auf, indem sie ihre Hände auf die Arme ihres Lehnstuhles stützte, und nahm von ihrem Tisch ein Papier, das ihre wankenden Finger mehrere Male entschlüpfen ließen.
    Dann schritt sie wie ein Schatten, ohne daß man ein anderes Geräusch, als das Streifen ihres Kleides auf dem Teppich hörte, die Arme gegen Andree ausgestreckt, auf diese zu und überreichte ihr das Papier, ohne ein Wort zu sprechen.
    Zwischen diesen beiden Herzen war das Wort überflüssig: die Königin hatte nicht nöthig, das Verständnis Andree's hervorzurufen; Andree konnte keinen Augenblick an der Seelengröße Marie Antoinette's zweifeln.
    Jede Andere hätte vermuthet, die Königin werde ihr ein reiches Leibgedinge, die Urkunde einer Güterschenkung oder das Patent einer Stelle bei Hof bieten.
    Andree errieth, daß das Papier etwas Anderes enthielt. Sie nahm es und las, ohne sich von der Stelle zu rühren, auf der sie stand.
    »Andree,« hatte die Königin geschrieben, »Sie haben mich gerettet. Meine Ehre kommt mir von Ihnen zu, mein Leben gehört Ihnen. Im Namen dieser Ehre, die Sie so viel kostet, schwöre ich Ihnen, daß Sie mich Ihre Schwester nennen können. Versuchen Sie es, Sie werden mich nicht erröthen sehen.
    »Ich lege diese Schrift in Ihre Hände; es ist das Pfand meiner Dankbarkeit; es ist die Mitgift, die ich Ihnen schenke.
    »Ihr Herz ist das edelste aller Herzen; es wird mir Dank wissen für das Geschenk, das ich Ihnen biete.
    »Unterz.: Marie Antoinette von Oesterreich Lothringen. «
    Andree schaute ihrerseits die Königin an. Sie sah ihre Augen mit Thränen befeuchtet, sie sah sie, den Kopf zurückgeworfen, auf eine Antwort warten.
    Sie durchschritt langsam das Zimmer, verbrannte an dem beinahe erloschenen Feuer das Billet der Königin, verbeugte sich tief, ohne ein Wort zu sprechen, und verließ das Cabinet.
    Marie Antoinette machte einen Schritt, um sie aufzuhalten oder ihr zu folgen; aber die unbeugsame Gräfin, welche die Thüre offen ließ, kehrte wieder zu ihrem Bruder in den anstoßenden Salon zurück.
    Philipp rief Charny, nahm seine Hand und legte sie in die Hand Andree's, während die Königin auf der Schwelle des Cabinets, hinter dem Thürvorhang, den sie mit dem Arm auf die Seite schob, dieser schmerzlichen Scene beiwohnte.
    Charny ging wie der Bräutigam des Todes, den seine leichenbleiche Braut wegführt; er ging und schaute rückwärts nach dem blassen Gesichte Marie Antoinette's, die ihn Schritt für Schritt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher