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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition)
Autoren: Jörg Luzius
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merkwürdiger Blick auf seine Augen. Einen Moment lang schien er seltsam verwundert ins Leere zu starren, dann sackte er in sich zusammen.
    Der Mann, der uns im Visier gehabt hatte, fuhr herum. Doch noch ehe er die Drehung vollendet hatte, traf ihn das gleiche Schicksal wie seinen Begleiter. Mit einem dumpfen Laut sank er zu Boden.
    Direkt hinter ihm war Malcolm aus einer der Seitentüren getreten. Er hielt eine der Betäubungspistolen in der Hand. Langsam kam er näher. Ich sah wie seine Hände zitterten, als er die Waffe auf Roger richtete, der immer noch mit Sarinas Vater rang. Doch noch bevor Malcolm schießen konnte, hatte der große kräftige Mann den Priester mit einem Fausthieb außer Gefecht gesetzt. Roger lag da und bewegte sich nicht mehr.
    „Malcolm!“, rief ich.
    Er sah mir mit tiefem Blick entgegen.
    „Ich habe die Datei gefunden. Und es ist mir gelungen, sie zu öffnen. Du hattest recht. Es ist wahr. Alles was du gesagt hast ist wahr.“
    Er sah auf Roger und seine Leute hinab, dann sagte er:
    „Aber jetzt sollten wir erst einmal zusehen, dass wir von hier verschwinden. Denn auch für mich gibt es jetzt kein zurück mehr.“
    „Er hat recht.“, sagte Eileen nur knapp. Damit übernahm sie wieder die Führung.
    Noch im Laufen weihte ich Malcolm in unseren Plan ein.
    „Gut“, sagte er. „Aber wir sollten nicht zu Fuß flüchten. Ich habe da eine viel bessere Idee.“ Er keuchte. Anstrengungen war er nicht gewohnt. „Ich habe dir doch erzählt, dass ich gelegentlich mit dem Segelboot des Seilerjungen draußen war. Ich denke zur Not könnte ich es auch schaffen, uns damit von hier fort zu bringen. Wir müssen nur die Küste erreichen.“
    „Das ist perfekt.“, sagte ich. „Kannst du uns auch übers Meer bringen, zu einer Insel nordöstlich von hier?
    Er sah mich irritiert an.
    „Ich weiß nicht. Ich kann es versuchen. Sollte wohl nicht allzu schwer sein.“
    Da war er wieder, der alte Malcolm – der sich alles zutraute, und überzeugt davon war, in kürzerster Zeit alles zu lernen, wofür andere manchmal Jahre brauchten. Ich war sicher, dass er es schaffen würde, uns unbeschadet zur Isle of Man zu bringen.
    „Das Messer!“, rief Eileen.
    Wir hatten die Copterhalle erreicht. Ich reichte es ihr und sie kletterte in den Copter. Schon wenig später kam sie wieder zum Vorschein. Ein leises Zischen ertönte. Ich sah wie sich die Rückwand der Halle auftat und der Copter begann aufzuheulen. Dann hob er langsam ab.
    „Beeilt euch.“, sagte Eileen. „Sobald der Aerocopter im Freien ist, senkt sich das Tor wieder herab. Ich weiß nicht, ob ich es dann so ohne weiteres noch einmal öffnen kann. Und Vorsicht! Kommt nicht in den Bereich der Kameras, sonst durchschauen sie unseren Trick. Bleibt genau hinter mir, und bewegt euch wie ich es tue.“
    Sie hastete hinter dem Fluggerät her. Am Tor angekommen schickte sie uns hinaus. Sie selbst blieb zurück. Ich kam als letzter an ihr vorüber.
    Noch bevor ich durch das Tor war jedoch hielt ich inne. Ich wandte mich um.
    „Worauf wartest du!“, fuhr das blonde Mädchen mich energisch an.
    Ich blickte ihr entgegen.
    „Auf dich!“, sagte ich. Eigentlich hatte ich vorgehabt, ihr noch einmal für alles zu danken. Sarina hatte dies bereits im Treppenhaus getan, als wir auf das Schrillen des Alarms gewartet hatten. Doch Eileen hatte nur abgewinkt. Nun aber, da ich sie sah, wie sie so dastand und den anderen hinterher sah, schoss mir wieder durch den Kopf, was mir bereits die ganze Zeit schon nicht mehr aus dem Sinn hatte gehen wollen. Eileen hatte ihre Eltern verloren. Und sie hatte keine weiteren Verwandten, das hatte ich aus dem schweigsamen Mädchen mühsam herausbekommen. Nach dem Tod ihrer Mutter waren Jamerson und seine Schar ihre Familie gewesen. Doch auch der Weg zurück zu diesen war ihr verwehrt – das hatte sie unmissverständlich klar gemacht. Sie hatte niemanden mehr – und gehörte nirgendwo hin. Ich wusste noch zu gut, wie elend und verloren ich mir nach dem Tod meiner Mutter vorgekommen war. Und ich hatte wenigstens noch ein Ziel vor Augen gehabt. Wenngleich auch mir dieses mitunter manchmal nur noch utopisch erschienen, und ich gelegentlich sogar von zerfressenden Zweifeln heimgesucht wurde, ob ich dieses tatsächlich jemals würde erreichen können. Dennoch, ich hatte ein Ziel! Und nicht zuletzt – ich hatte Sarina. Und auch Malcolm, der sich erneut als wahrer Freund erwiesen hatte. Eileen aber hatte niemanden.
    „Komm mit uns.“,
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