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das gutenberg-komplott

das gutenberg-komplott

Titel: das gutenberg-komplott
Autoren: born
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e ten. Thomas warf einen unruhigen Blick auf Steininger, der alt g e worden war; sie hatten sich lange nicht gesehen. Thomas kam der Gedanke, dass die Audienz möglicherweise keine reine Formsache sei, wie sein Begleiter behauptete.
    Schon öffnete sich die eiserne Flügeltür zum Saal, und fünf Männer traten heraus: Zunftherren, Mitglieder des Stadtrats. Ihre Gesichter wirkten blass. Sie sprachen kein Wort, während sie die Treppe hinuntergingen.
    Der Türsteher in seiner blauen und roten Uniform kam mit eiligen Schritten auf Steininger zu. »Er erwartet euch«, sagte er und fügte mit gesenkter Stimme hinzu: »Vorsicht! Das G e spräch war unerfreulich. Er ist gereizt.«
    Als sie auf den glatten, schlammbedeckten Steinplatten fast die Tür erreicht hatten, neigte Steininger den Kopf zu Thomas: »Antworte nur, wenn er dich anspricht. Ansonsten überlass das Reden mir!«
    Sie betraten den großen, eher niedrigen Saal, der von drei Säulen getragen wurde. Die Wände waren mit Teppichen g e schmückt, auf denen Jagdszenen und Wappen zu sehen waren. An einer Seite des Raums befanden sich fünf Fenster mit bu n ten Scheiben. Eines zeigte das Mainzer Wappen, zwei weiße Räder vor rotem Hintergrund; andere bildeten Bischöfe ab. Aber weil es draußen dunkel war, wollten die Farben nicht leuchten; R e genbäche liefen über das Glas. Nahe bei einem gelb und rötlich flackernden Kamin, die linke Gesichtshälfte vom Feuer beschienen, saß auf einem Thron Dietrich von E r bach . Er war Erzbischof von Mainz und oberster Kurfürst im Heiligen Römischen Reich. An einem Tisch neben Erbach rol l te ein älterer Mann eine Pergamenturkunde zusammen, an der rote Siegel hingen; er führte bei wichtigen Verhandlungen Pr o tokoll. Zwei Geistliche standen beim Bischof und diskutierten mit ihm. Steininger und Thomas blieben in gebührendem A b stand stehen, denn der Bischof schien sie nicht zu bemerken.
    Erbach hatte einen Wutanfall gehabt, sie hatten sein Geschrei vorhin trotz der geschlossenen Tür gehört, und sein Kopf sah aus, als habe er ein halbes Fass Wein geleert. Thomas hörte Wortfetzen wie »Zünfte«, »Verbrecherbande« und »an den Ga l gen«. Endlich blickte der Bischof herüber und winkte Steini n ger zu sich, ohne Thomas zu beachten.
    »Steininger! Hast du gehört, was der Stadtrat ausgebrütet hat?«
    Der Kurfürst war ein kleiner, feister Mann. Er trug über e i nem weißen Gewand einen prächtigen Mantel mit Goldbesatz und einen Bischofshut, der viel zu groß für seinen fast kahlen Kopf wirkte. Sein Bischofsstab, der am oberen Ende zu einem P geformt und mit Edelsteinen geschmückt war, lehnte sei t lich am Thron. Der Kurfürst rutschte unruhig hin und her. Ohne Ste i ningers Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Wir sollen Weinsteuer zahlen!«
    »Eine bodenlose Frechheit!« Steininger schüttelte den Kopf. »Erst haben sie die Stadt ruiniert – und jetzt sollen wir für die Schulden aufkommen …«
    Thomas kannte die Hintergründe nicht, aber offenbar gab es für Erbach und Steininger keine schlimmere Vorstellung, als Weinsteuer zu zahlen. Der Untergang der Welt hätte kaum gr ö ßeres Entsetzen ausgelöst.
    »Was wollen die noch alles?!«, rief Dietrich von Erbach. »Die Stadträte überschätzen ihre Macht. Sie wollen sich an den König wenden. Sie behaupten, Mainz habe den Status einer freien Reichsstadt, die nur ihm untersteht …« Er lachte gekün s telt. »Sie übersehen nur eins: Der König will von ihnen nichts wissen. Sie stehen nämlich bis zum Hals bei den Frankfurtern in der Kreide.« Der Fürst legte seinen Kopf schief und hob die Brauen. »Wen hast du da mitgebracht, Steininger?«
    »Das ist unser neuer Richter!«
    Erbach wandte sich Thomas zu, der abseits stand. Keiner sprach. Thomas sah, wie die hellen, sehr wachen Augen seines neuen Arbeitgebers ihn musterten. Thomas war groß gewac h sen, hatte schwarze, lockige Haare, die ein rötliches Barett b e deckte, und dunkle Haut.
    »Unser Richter …« Dietrich von Erbach streckte die Hand aus. Thomas kniete nieder und küsste den bischöflichen Ring.
    »Steininger hat Euch eingestellt …« Dietrich zog die Stirn in Falten. »Wie war gleich Euer Name?«
    »Thomas Berger.«
    Der Bischof kniff die Lippen zusammen. »Ihr verdankt Eure Stelle Steininger. Er war mein Stellvertreter während meiner Romreise. Ich habe ihn beauftragt, wichtige Entscheidungen zu treffen, auch Personalentscheidungen. Das Richteramt ist a u ßerordentlich wichtig.« Der Bischof
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