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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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sich die Zeit damit vertrieben, an allem, was ich sagte, herumzumäkeln. Was er sich eben unter einem amüsanten Geplänkel vorstellte.
    Einige Augenblicke vergingen. Tick. Tick. Tick. Tick. Tick.
    Ryan sprang eben wieder auf, als die Tür aufging und Christopher Corcoran in Labormantel, Jeans und Turnschuhen eintrat. Mit seiner blassen Haut und den grünen Augen, den roten Haaren und den Sommersprossen war Corcoran die Verkörperung des irischen Klischees. Und entschieden nervös.
    »Tut mir wirklich leid wegen der Verzögerung. Aber diese Sache mit der verschwundenen Leiche entwickelt sich zu einer italienischen Oper.«
    »Ich hasse es, wenn Leichen Beine kriegen.« Der alte Ryan-Humor.
    Corcoran lächelte freudlos. »Vor allem, wenn man verantwortlich ist für den Verstorbenen.«
    »Das war dein Fall?«, fragte ich.
    Corcoran nickte. Als ich ihn anschaute, gingen mir unzählige Erinnerungen durch den Kopf. Ein schmächtiger Junge, steckendürre Glieder und wilde, karottenfarbene Haare. Gusseiserne Tische, die in langen Reihen an den Boden geschraubt waren. Endlose Messen auf harten Kirchenbänken.
    Als Kinder waren Corcoran und ich direkte Nachbarn in einem Viertel in der South Side mit dem Namen Beverly und eingetragene Mitglieder der St. Margaret's Church of Scotland gewesen. Man darf nicht vergessen, dass die Katholiken Chicagos die Bevölkerung nach Pfarrgemeinden unterteilen, nicht nach der Geografie. Merkwürdig, aber so ist es eben.
    Als ich acht war, starben mein Vater und mein Bruder, und meine Familie siedelte um nach North Carolina. Corcoran blieb in Chicago. Wir verloren uns natürlich aus den Augen. Ich wuchs heran, besuchte die University of Illinois und machte dann meinen Master an der Northwestern. Er studierte in Michigan, machte seinen Bachelor in Medizin und absolvierte dann eine Spezialausbildung in Pathologie. So war es die Forensik, die uns beide wieder in Kontakt brachte.
    Zu einem Wiedersehen kam es schließlich '92 anlässlich eines Falls, in dem es um ein Baby in einem Koffer ging. Corcoran hatte inzwischen geheiratet, war nach Chicago zurückgekehrt und hatte sich ein Haus am Longwood Drive gekauft.
    Auch wenn er jetzt ein wenig weiter östlich und in einer deutlich besseren Gegend lebte, war Corcoran doch zu seinen Wurzeln zurückgekehrt.
    Jetzt hat sich herausgestellt, dass die Leiche die ganze Zeit hier war.« Corcorans Stimme brachte mich in die Gegenwart zurück. »Der Kerl war so dürr, dass er hinter einer fetten Frau auf einem der oberen Kühlregale einfach verschwand. Die Techniker haben ihn schlicht übersehen.«
    »Happy End«, sagte Ryan.
    Corcoran schnaubte. »Sagen Sie das Walczak.«
    Von Stanley Walczak hieß es, dass sein Ego seinen Ehrgeiz um Längen überragte. Auch seine Gerissenheit war gigantisch. Nach dem Rücktritt des früheren Medical Examiners vor neun Monaten hatte Walczak sein weit verzweigtes Netz politischer Beziehungen aktiviert und einige Gefallen eingefordert und war so, zur Überraschung einiger und zum Missfallen vieler, zum Cook County Medical Examiner ernannt worden.
    »Walczak ist sauer?«, fragte ich.
    »Der Mann hasst schlechte Publicity. Und ineffizientes Arbeiten.« Corcoran seufzte. »Wir bearbeiten hier ungefähr zwanzig Einlieferungen pro Tag. Zwischen gestern und heute Morgen mussten unsere Leute sechzig Bestattungsinstitute anrufen, um herauszufinden, ob eine Lieferung vielleicht an eine falsche Adresse gegangen war. Vier Techniker und ein Ermittler mussten von ihren normalen Arbeiten abgezogen werden, damit sie mithelfen konnten, Zehenetiketten zu kontrollieren. Drei Mal mussten wir alles durchgehen, bis wir den Kerl gefunden hatten. O Mann, wir haben einen halben Kühlraum nur für langfristig Unbekannte reserviert.«
    »Fehler passieren schon mal.« Ich versuchte, ermutigend zu klingen.
    »Hier wird das Verlegen einer Leiche nicht gerade als karrierefördernder Schachzug betrachtet.«
    »Du bist ein fantastischer Pathologe. Walczak kann sich glücklich schätzen, dich zu haben.«
    »Seiner Ansicht nach hätte ich viel schneller Herr der Lage sein müssen.«
    »Erwarten Sie Konsequenzen?«, fragte Ryan.
    »Die Familie sieht sich vermutlich jetzt in diesem Augenblick nach einem Anwalt um. Es gibt doch nichts Besseres als ein paar Dollar, um unerträglichen Schmerz zu lindern, auch wenn niemand wirklich leiden musste. Die amerikanische Art eben.«
    Corcoran kam um den Tisch herum, und wir alle setzten uns. »Walczak sagt, er braucht nicht
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