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DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL 3: Edition Nancy Salchow (German Edition)

DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL 3: Edition Nancy Salchow (German Edition)

Titel: DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL 3: Edition Nancy Salchow (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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am selben Tag verloren hast, anfangs aufhorchen lassen. Vielleicht hat mich der Gedanke gereizt, diesen schrecklichen Tag aus der Sicht eines anderen zu erleben, zu erfahren, wie jemand anderes mit alldem umgeht. Vielleicht war es aber auch einfach nur der Wunsch, dem immer selben Trott zu entkommen, ohne mich von Patrick zu lösen. Etwas anderes zu sehen, etwas anderes zu hören, ohne ihn dabei aus dem Augenwinkel zu verlieren.
    Das Glück im Augenwinkel. Ja, ich kenne das Buch. Und noch immer verstehe ich nicht, was das alles zu bedeuten hat. Aber soll ich dir etwas sagen? Ich will es gar nicht verstehen. Ich will einfach nur den Tag leben. Jeden neuen Tag. Ich will den Vögeln zuschauen, wie sie die Futterkugeln vor meinem Fenster mit ihren Schnäbeln zerhacken. Ich will Bücherregale entstauben, Lieferungen auspacken, nervige Kundenfragen beantworten. Ich möchte meine Nase in den Wind halten und spüren, dass ich noch immer ein Teil dieser Welt bin. Trotz allem.
    Aber für all diese Dinge brauche ich niemanden als mich selbst. Und das, was von Patrick geblieben ist.

    Nita

    *

    Liebe Nita,
    dafür, dass du mich nicht näher kennenlernen möchtest und auch nicht willst, dass ich dich näher kennenlerne, hast du mehr von dir preisgegeben, als ich erwartet habe. Überhaupt ist dein Brief schon mehr, als ich mir erhofft habe. Ich kaufe dir einfach nicht ab, dass der Gedanke, deine Erinnerungen zu teilen, keinen Reiz auf dich ausübt. Dass es dich kalt lässt zu wissen, dass es jemanden gibt (und du die Chance hast, diesen jemanden kennenzulernen), der dasselbe durchgemacht hat wie du. Der noch immer, bis heute, dasselbe durchlebt wie du. Kann dir das alles wirklich egal sein? Oder zumindest nicht wichtig genug sein, um nicht so zu tun, als wäre es dir egal?
    Vielleicht geht es mir aber gar nicht so sehr darum, dass du zugibst, dass dir dieser Kontakt helfen kann. Vielleicht genügt es mir schon zu wissen, dass er mir hilft. Dass ich weiß, dass es jemanden gibt, der liest, was mir nach all den Monaten noch immer auf der Seele liegt.
    Ich habe immer über die Menschen gestaunt, die einen Verlust so schnell verarbeitet haben. Und nicht selten frage ich mich, ob ich ihn jemals verarbeiten werde. Würde der Versuch, meine ständigen Gedanken an Emma auf Situationen zu reduzieren, in denen mir die Erinnerung durch ein Foto von ihr oder ein bestimmtes Lied regelrecht aufgedrängt wird, nicht bedeuten, dass ich zulasse, sie zu vergessen? Und wäre allein diese Vorstellung nicht unverzeihlich?
    Marie sagt oft, dass ich das Verblassen der Erinnerungen zulassen muss, um den Schmerz mit der Zeit ertragen zu können. Doch immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich die Bilder von ihr in meinem Kopf schärfe, mir Gespräche und Momente mit ihr ins Gedächtnis rufe, nach Details suche, die den Rückblick nur umso schmerzhafter machen. Aber bis heute habe ich nicht gelernt, dieses Verhalten abzustellen. Immer wieder habe ich das Gefühl, Emma den Platz in meinem Leben zu nehmen, wenn ich das Verblassen der Erinnerungen zulasse. Marie sagt, dass es besser werden wird. Dass die Zeit alle Wunden heilt. Aber woher will sie das wissen? Woher will irgendjemand es wissen, der nicht dasselbe durchgemacht hat wie wir?
    Bist du glücklich, Nita? Mit deinem Leben, deinem Job? Sicher ist die Definition von Glück nach dem Schicksal, das uns ereilt hat, eine andere als früher, aber wenn man es auf die Floskel "Den Umständen entsprechend" reduziert, bist du dann glücklich? Zufrieden mit dem, was der Tag dir bringt? Du scheinst an kleinen Dingen deine Freude zu finden. Das zu lesen gibt mir auch für mich selbst Hoffnung. Es erinnert mich daran, meinen Blick wieder mehr für die Außenwelt zu schärfen.
    Ich habe mich wenige Tage nach Emmas Tod in die Arbeit gestürzt. Das Gästezimmer, das ich im Haus meiner Schwester bezogen hatte, wurde zu einem Tempel der Worte. Ich habe zusätzliche Aufträge als Übersetzer angenommen, mehr gearbeitet als je zuvor. Und auch jetzt finde ich die größte Ablenkung, wenn ich an einem Manuskript arbeite. Ich bin dankbar für diese Ablenkung, aber immer häufiger wird mir in ruhigen Minuten bewusst, dass es neben meinen Erinnerungen an Emma und der Arbeit nicht sehr viel gibt, dem ich bereit bin, Aufmerksamkeit zu schenken. Ob dies nach all den Monaten noch normal ist? Ob es irgendwann leichter wird, den Fokus auch wieder auf andere Dinge zu lenken?
    Der Kontakt zu dir zählt nicht wirklich zu "den
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