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Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Titel: Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)
Autoren: Ines Kiefer
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mich.
    Manu kicherte bloß noch, wenn ich anrief: »Ich find den klasse!«

    Am 28. Januar 2008 passierte ein Wunder: Thomas küsste mich. Oder ich ihn?

    Allmählich erfuhr ich, dass Thomas nach einer großen Enttäuschung beschlossen hatte, allein zu bleiben. Im Grunde genommen hatte er sich schon auf dem Feuerwehrfest in Limbach in mich verguckt. Doch es dauerte Jahre, bis er sich das eingestand. Von diesem Moment an konnten wir beide unser junges Glück genießen.

Noch mal von vorne
    Thomas’ Mutter Karin begleitete mich zu einem Shooting nach Ulm für eine Firma, die Rollstuhlantriebe fertigt. Wir fuhren weiter nach Isny, wo mir meine Lieblingsrollstuhlfirma einen Werbevertrag anbot. Alles lief wunderbar für mich, und ich fühlte mich sehr wohl mit Karin, die mich sofort in ihr großes warmes Herz schloss. Allerdings nahm Tim dort bestimmt einen noch größeren Platz ein als ich – und das war mir nur recht.
    Zu den Filmaufnahmen für den Werbespot begleiteten mich Tim und Thomas nach Stuttgart. In einer Turnhalle sollte ich einen Rollstuhltanz aufführen, Richtung Kamera fahren und meinen Spruch sagen: »Hallo, ich bin Ines Kiefer und seit einigen Jahren Rollstuhlfahrerin. Wie früher als Gardemädchen, tanze ich heute immer noch gern. Für mich ist es wichtig, immer die neueste und modernste Technik für meine Mobilität und Unabhängigkeit zu nutzen.«
    Ich sollte den Text ablesen und gleichzeitig in die Kamera blicken. Das war nicht möglich. Also sollte ich den Text auswendig lernen. Normalerweise ist so was kein Problem für mich – aber bitte ohne Zeugen!
    »Bist du so weit, Ines?«
    Alle starrten mich an. Requisite, Maske, Kameraleute, Ton, Regisseur, jede Menge Assis, also Assistenten. Stress pur. Ich verquatschte mich: »Hallo, ich bin Ines Kiefer, und wie früher als Gardemädchen …«
    »Macht nichts, Ines. Wir drehen das gleich noch mal.«
    »Hallo, ich bin Ines Kiefer und für …«
    »Okay, noch mal.«
    Ich schaffte es erst beim fünften Mal, den Satz fehlerfrei zu sprechen. Das war mir sehr peinlich.

    Thomas’ Leben änderte sich schlagartig durch unsere Beziehung. Plötzlich verlief nichts mehr in geordneten Bahnen. Gerade Tim verlangte ihm manchmal viel ab. Er sagte zwar nicht »Du bist nicht mein Papa«, doch er ließ es Thomas spüren oder brachte es in anderen Worten auf den Punkt: »Ich war vor dir da!«
    Zu Beginn dachte ich manchmal, Thomas würde so viel mit Tim unternehmen, um mir Raum zum Lernen zu verschaffen. Dann fand ich heraus, dass es ihm selbst große Freude machte, mit Tim beispielsweise in den Zoo zu gehen. Das freute mich noch mehr. Mit der Zeit akzeptierte Tim Thomas auch, und die beiden hatten viel Spaß miteinander. Wenn ich sie zuweilen in irgendein Spiel versunken sah, wurde mein Herz flüssig vor lauter Glück.
    Thomas begleitete mich gern auf Reisen. Ich legte die Termine so, dass sie am Freitag begannen und wir übers Wochenende unterwegs waren. Schließlich musste ich montags wieder zur Schule und Thomas zur Arbeit.
    Einmal sollte ich mich selbst synchronisieren, da eine Tonaufnahme in einem Werbefilm nicht gut zu verstehen war.
    »Das ist ganz leicht, Ines. Du siehst dich sprechen und wiederholst das Ganze noch mal genau so«, instruierte mich ein Redakteur.
    Ich starrte auf den Bildschirm beziehungsweise meinen Mund und glaubte, das nie hinzukriegen. Dann klappte es doch auf Anhieb. Also bei mir. Leider nicht bei der Technik.
    »Bitte noch mal, Ines.«
    Ich sprach den Satz.
    »Super. Und jetzt langsamer.«
    »Okay, wir machen das noch mal.«
    »Gut. Und jetzt gleich noch mal. Versuch bitte, ruhiger zu reden.«
    »Perfekt, Ines. Ganz große Klasse. Und jetzt sprichst du das Ganze noch mit einem inneren Lächeln.«
    Und so wiederholte ich es noch mal und noch mal und noch mal. So läuft das im Mediengeschäft. Ein Buch zu schreiben ist wesentlich effizienter!

Die Familienzusammenführung
    Zu Tims drittem Geburtstag lud ich nicht nur Thomas’ Familie, sondern auch Markus und seine Eltern ein. Thomas’ Großeltern waren mir gegenüber skeptisch, vermutete ich. Ihr armer Enkel. Eine geschiedene Frau im Rollstuhl, die Thomas womöglich pflegen musste. Und ein fremdes Kind. Oder täuschte ich mich da? Karin überbrückte alle Stimmungstiefs mit ihrer fröhlichen Art. Sie wuselte herum wie ein guter Geist und verbreitete Fröhlichkeit – wie die wunderbaren Kuchen, die sie gebacken hatte. Kurz darauf lud ich Thomas’ Großeltern noch einmal ein und fand
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