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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht
Autoren: Eileen Bryan
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Terrasse und in den Garten. Wie versteinert beobachtete sie, wie er neben ihrem Sohn stehenblieb. Mit einem neugierigen Lächeln blickte der Kleine zu ihm auf. Als Marvin mit seiner gebräunten Hand dem Jungen über den Lockenkopf strich, zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.
    Sekundenlang
    schien
    Marvin
    mit
    dieser
    einen
    Berührung
    Vergangenheit und Zukunft zu verbinden. Warm lächelte er auf den Jungen herab, bevor er zu seinem Jeep ging und davonfuhr.
    Grandmas scharfe braune Augen ruhten auf dem gebeugten Kopf ihres Urenkels, bevor sie mit sorgenvollem Ausdruck dem Jeep nachblickte. „Danny, deine Beeren sind jetzt wirklich genug gewaschen. Sammle sie ein und laß uns dann in die Küche gehen“, sagte sie so laut, daß es im Haus zu hören war. Schnell wischte Barbara sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen, atmete ein paarmal tief durch und ging mit zitternden Knien zum Mülleimer, um die Glasscherben endgültig wegzuwerfen.
    „He, Mami, schau mal, wieviel Brombeeren Grandma und ich gepflückt haben!“ rief Danny fröhlich. Mit seinen staubigen Turnschuhen baute er sich vor Barbara auf, damit sie seinen Ertrag begutachtete. „Was ist passiert? Hast du dir weh getan?“ fragte er erschrocken, als er ihre verbundene Hand sah.
    Barbara zwang sich zu einem Lachern, bevor sie auf ihren Sohn herabblickte. „Es ist nicht zu fassen, aber ich bin genauso ein Tollpatsch wie du.“ Prüfend blickte der Junge ihr in die Augen, als glaube er ihr nicht so recht. Doch im nächsten Moment war es vergessen. „Schau dir nur diese Ernte an!“ Stolz hielt er seinen Eimer hoch. „Grandma findet immer die Stellen, wo die meisten Beeren wachsen. Wenn sie ein paar Jahre eher auf die Welt gekommen wäre, hätte sie eine gute Späherin bei den Indianern abgegeben.“
    „Jetzt mach aber mal langsam, mein Junge. Für wie alt hältst du mich eigentlich?“ Grandmas dunkle Augen blitzten belustigt unter den weißen Brauen hervor. „Stell deinen Eimer ins Waschbecken und laß deine Mami erst einmal verschnaufen. Du kannst dich in der Zwischenzeit umziehen gehen.“ Mit lautem Klappern stellte Danny seinen Eimer ab und stürmte aus der Küche.
    Barbara las ein letztes Stückchen Glas aus der Küchenecke vom Boden auf und ging stumm zum Abfalleimer, um es wegzuwerfen. Dabei hielt sie den Kopf gesenkt, um dem scharfen Blick ihrer Großmutter zu entgehen. Still nahm die alte Frau einen Scheuerlappen und wischte den Küchenboden auf, bevor sie liebevoll Barbaras Schulter streichelte.
    „Komm, setz dich einen Moment zu mir auf die Terrasse“, sagte sie in einem sanften, liebevollen Ton. Ebenso wie Danny, gehorchte auch sie ohne Widerspruch und folgte ihrer Großmutter nach draußen.
    Eine ganze Weile schwiegen die beiden Frauen. Nur das rhythmische Knarren von Grandmas Schaukelstuhl unterbrach die Stille. „Du kannst Marvin Farrett ausrichten, daß er mir ein Glas schuldet. Und wenn er das nächste Mal Schaden anrichtet, dann soll er ihn auch gefälligst selbst beseitigen“, erklärte Grandma schließlich. Dabei hörte sie keine Minute auf, in ihrem Stuhl hin und herzuwippen.
    „Ich habe nämlich den Eindruck, daß jedes Mal Schaden entsteht, wenn ihr beiden zusammenkommt.“
    Nachdenklich blickte Barbara in die Dämmerung hinaus. „Du weißt, wie es um uns steht, Grandma, nicht wahr?“ Immer noch vermied sie es, ihrer Großmutter ins Gesicht zu sehen. Doch der Klang ihrer Stimme verriet der alten Frau genug.
    „Ich wußte es schon lange, bevor ihr zwei es auch nur ahnen konntet. Ich wußte es, als du mich batest, dir sonntags das Haar aufzuflechten, wenn du stundenlang in den höchsten Ästen jener alten Eiche kauertest, um einen Bück auf ihn zu erhaschen. Oder wenn du dich nachts in den Schlaf weintest und seinen Namen flüstertest. Ich bin vielleicht nicht sehr gebildet, aber ich habe einen Blick für die Natur und die Menschen. Ja, Liebes, Marvin Farrett hat dich beherrscht, lange bevor du Danny bekommen hast, euren Sohn.“
    „Er glaubt, Danny sei Edwards Sohn“, flüsterte Barbara, deren Kehle so zugeschnürt war, daß sie kaum mehr sprechen konnte.
    Das Knarren des Schaukelstuhls stoppte für ein paar Sekunden. „Wie blind sind doch die Menschen. So, wie man im Nebel seinen Weg verlieren kann, so sieht Marvin vor lauter Schuldgefühlen die Wahrheit nicht. Danny ist kein Träumer wie Edward. Er ist eine Kämpfernatur wie Marvin. Und das wird Marvin eines Tages auch auffallen. Du mußt ihm nur Zeit
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