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Das Geheimnis des Templers - Episode I: Ein heiliger Schwur (German Edition)

Das Geheimnis des Templers - Episode I: Ein heiliger Schwur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Templers - Episode I: Ein heiliger Schwur (German Edition)
Autoren: Martina André
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war Gero erst später aufgefallen. In Lumpen gekleidet und dünn wie ein Stock, die großen, braunen Augen auf Gero gerichtet, als wäre er ein aufgehender Stern, stand die Kleine auf dem schmutzigen Pflaster des Burghofes, als habe sie sich verirrt. Und obwohl ihr lockiges Haar so verlaust war, dass selbst Essigwasser nichts helfen würde, war sie für Gero das schönste Wesen, das er je in seinem jungen Leben gesehen hatte.
    Die niedliche Kleine war etwa drei Jahre jünger als Gero und allem Anschein nach Jüdin, wie der Vater wenig später bei einem deftigen Mahl zu berichten wusste. Er und seine Begleiter hatten sie beim Angriff der Mameluken auf Akko vom Totenlager der Eltern gerettet, die kurz zuvor von den einfallenden Heiden erschlagen worden waren.
    „In der Hitze des Gefechtes habe ich geschworen, sie vor Gott dem Herrn an Kindes statt anzunehmen, wenn er uns lebend aus der Stadt heraushilft“, erklärte er Geros Mutter, die das Ganze zunächst für einen schlechten Scherz hielt. Doch als Geros Vater sie daran erinnerte, dass sie selbst zwei Töchter verloren hatte, lenkte sie ein, und schon kurz darauf hatte sie das Mädchen fest in ihr Herz geschlossen.
    Auch Gero und sein Bruder Eberhard hatten keine Mühe, die Kleine als Schwester anzuerkennen, wobei sie Geros vier Jahre älterem Bruder eher gleichgültig war. Was vielleicht daran lag, dass er sich lieber seiner Knappenausbildung widmete als einem zerbrechlichen Püppchen aus dem Outremer, wie er sie nannte.
    Der ursprüngliche Name des Mädchens war Hannah gewesen, doch schon bald hatte der Vater sie auf den christlichen Namen Elisabeth taufen lassen und heuerte Gero an, sie zusätzlich zur gottgefälligen Unterweisung durch Bruder Rezzo in der Bibel zu unterrichten. Obwohl Elisabeth so scheu war wie ein Reh und zu Beginn kein einziges Wort in deutscher Sprache verstand, faszinierte sie Gero so sehr, dass sie ihn sogar dazu verleitete, Hebräisch zu lernen.
    Der Umstand, dass seine Eltern Elisabeth – oder Lissy, wie er sie nannte – nur an Kindes statt angenommen hatten und sie somit nicht seine leibliche Schwester war, hatte ihn in jungen Jahren bedrückt. Erst als er älter wurde, erkannte er den Nutzen darin. Sie waren nicht blutsverwandt. Das hieß, er durfte sie auf eine weitaus innigere Art lieben, als es bei leiblichen Geschwistern üblich gewesen wäre. Was zudem bedeutete, dass die Gefühle, die er für sie hegte, keiner wie auch immer gearteten Beichte bedurften. Ein geradezu himmlischer Vorteil, wenn man eine gottesfürchtige Mutter und einen strenggläubigen Vater besaß, dessen Verlangen nach unbeugsamem Gehorsam im Sinne der Heiligen Schrift keinen Raum ließ für eine Liebe, der keine Zukunft erlaubt war.
    Seinem Vater schien diese Zuneigung ohnehin zu entgehen. Er zog es vor, nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land unentwegt von seinen Heldentaten zu berichten, und Gero wurde das Gefühl nicht los, dass er sich auf diese Weise für die Niederlage, die er und die übrigen Christen hatten hinnehmen müssen, rechtfertigen wollte. In den endlosen Debatten, die er in Anwesenheit seiner noch jugendlichen Söhne mit anderen einheimischen Rittern führte, hieß es fortan, Jerusalem sei zwar seit der Einnahme von Akko vorerst an die Heiden verloren, aber es gebe durchaus noch eine Chance, diesen ungläubigen Teufeln den heiligen Boden aufs Neue zu entreißen. Allerdings nur, wenn Gott der Herr ein Einsehen habe und die mutigsten aller Ritter noch einmal zusammenrufe, um ihnen in einem letzten, alles vernichtenden Schlag gegen den Feind – und damit meinte er vor allem die ägyptischen Mameluken – endlich den lang ersehnten Sieg zu verschaffen.
    Weil irgendein verteufelter Mameluke ihm im Kampf die rechte Hand abgeschlagen hatte, konnte Geros Vater sich leider nicht mehr persönlich für die Rettung des Heiligen Landes einsetzen.
    „Aber ich habe ja noch einen jüngeren Sohn, der diese Aufgabe später einmal mit Bravour übernehmen wird“, betonte er stets vor versammelter Mannschaft mit glänzenden Augen und lenkte seine Aufmerksamkeit auf Gero, dem er damit gewaltig schmeichelte. „Nicht wahr, mein Junge?“, fragte er, wie um sich selbst zu bestätigen, und klopfte seinem Jüngsten mit stolzem Blick auf die Schulter. „Ich habe beim Niedergang von Akko vor Gott dem Allmächtigen geschworen, dass ich dich im rechten Alter zum Templerorden gebe“, bekannte er zu Geros Überraschung, „damit du mit der Miliz Christi das zu Ende
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