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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
Autoren: Antoinette Lühmann
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zurückerlangte.
    »Was wollt ihr von mir?«, presste sie zwischen kaum geöffneten Lippen hervor.
    Mit einem Mal hatte Carmen de Witt ihr kühl anmutendes Wesen verloren und erinnerte Nik an eine in die Enge getriebene Raubkatze, die ihre Bedränger musterte und ihren nächsten gefährlichen Zug erwog.
    Benthe trat einen Schritt auf Carmen zu und streckte die Hand nach ihrem Arm aus. Nik hätte sich am liebsten zwischen die beiden geworfen und Benthes Arm heruntergeschlagen.
    »Ich hatte ihn auch gern … er ist so nett und …«, stotterte Benthe hilflos und zog den Arm zurück, als sie Carmens frostigen Blick bemerkte. »Schlimme Dinge geschehen …«, fuhr Benthe tapfer fort, bevor ihr vollends die Stimme versagte.
    Ellie beobachtete jede von Carmens Bewegungen. Sie kniff die Augen konzentriert zusammen und legte den Kopf auf die Seite.
    Nik sah sich zu Luuk um. Der zuckte hilflos mit den Schultern und stieß ihn in den Rücken. Nik räusperte sich.
    »Wir wollen die Stadt vor den Kunstwerken beschützen, die Unglück über die Menschen bringen«, erklärte er.
    »Wie?« Carmens Stimme klang etwas schrill, doch auf ihrem Gesicht konnte Nik keine Gefühle ablesen. Sie hatte zu ihrer hochmütig kühlen Fassade zurückgefunden, obwohl sich ihre Finger um die Lehne eines Stuhles krampften.
    Ellie starrte die Frau des Stadtregenten weiterhin unverhohlen an. Benthe trat von einem Fuß auf den anderen. Nik räusperte sich wieder, weil er befürchtete, kein Wort würde über seine Lippen kommen. Die Frau hatte eine beunruhigende Wirkung auf Menschen.
    »Habt Ihr einen Spiegel von Heinrich Sehfeld?«, fragte Nik.
    »Nein«, antwortete Carmen. Sie sah nicht wieder zum Schreibtisch.
    Nik zögerte, bis Luuk ihm erneut seinen Ellenbogen in den Rücken stieß.
    »Könnt Ihr uns helfen, einen Spiegel zu bekommen? Wir brauchen einen Beweis, um den Spiegelmacher zu beschuldigen.«
    Sie nickte langsam und hielt den Blick auf ihre Schnallenschuhe gesenkt, die unter dem eisblauen Kleid hervorschauten.
    »Wir treffen uns heute Nacht in seiner Werkstatt.«
    Benthe wurde bei diesen Worten weiß wie eine Kalkwand. Ellie starrte die Frau unbeirrt an. Luuk stieß laut die Luft zwischen den Zähnen aus, doch Carmen schien das alles nicht zu bemerken oder sie wollte sich nicht davon stören lassen.
    »Ich werde euch hereinlassen und euch einen Spiegel geben und dann verschwindet ihr damit«, fuhr sie fort.
    Luuk öffnete den Mund und sein Einspruch bildete sich auf seinem Gesicht ab. Bevor er ein einziges Wort gesprochen hatte, fuhr Carmen ihn an.
    »Ich werde mir nicht einen Spiegel unter das Kleid stecken wie eine dreckige Diebin«, zischte sie.
    Ellie zuckte zusammen.
    »Aber …«, begann Luuk.
    Carmen wischte seinen Einwand mit einer Handbewegung fort. Luuk verstummte. »Kommt heute Nacht zu seiner Werkstatt. Wartet um zwei Uhr an der Hintertür!«, befahl sie und setzte sich wieder auf ihren Stuhl hinter dem Schreibtisch. »Dann werden wir ja sehen, ob sich euer Verdacht bestätigt …«
    Sie sah nicht mehr auf, als Nik die anderen zur Tür schob. Schweigend stapften sie durch den Regen zurück zu ihrem Versteck in dem alten Lagerhaus. Dicke Tropfen trommelten auf ihre Köpfe und fegten die Straßen leer. Die wenigen Menschen, die Ellie, Benthe, Luuk und Nik entgegenkamen, hielten den Kopf gesenkt und achteten nur auf die Pfützen im holprigen Straßenpflaster.
    Nik dachte an warme Öfen und knisternde Flammen, als sie mit klappernden Zähnen im Hafen ankamen. Sie mussten unten in der Halle bleiben, wo es eine kleine Feuerstelle und einen Rauchabzug gab, sonst würden sie sich in den nassen Sachen den Tod holen. Nik lächelte grimmig und dachte daran, welche Freude sie Heinrich und seinen Brüdern damit machen würden. Sie breiteten ihre Mäntel und Hosen über einigen Baumstämmen aus, die im vorderen Teil der Halle lagerten. Dann schoben sie Kisten vor die Feuerstelle und warteten in ihren nassen Hemden auf die Hitze der Flammen, die die feuchte Kälte vertreiben sollte.
    Die dicken Tropfen vor dem Fenster waren zu einem feinen Sprühregen geworden. Wenn sie Glück hatten, würde niemand in dem grauen Himmel den Rauch ihres Feuers entdecken. Im Hafen wurde es langsam ruhiger und immer weniger Geräusche drangen durch die trüben Fenster zu ihnen herein.Gerne hätte Nik ihr Erlebnis im Haus des Stadtregenten mit den anderen besprochen. Doch als er endlich aufhörte zu zittern, machten sich Erschöpfung und Hunger bemerkbar.
    Ellie
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