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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman
Autoren: Heyne
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den sich die Häuser schmiegten. Eine Kirche, ja, die fehlte im Dorf noch. Bei seiner Trauung mit Wemke hatte es keines Gotteshauses bedurft. Auf ihr beider Wunsch war die Vermählung unter freiem Himmel abgehalten worden. Hier, am Strand, in der warmen Sonne des letzten Augusttages vor acht Jahren. Wemke hatte in ihrem Hochzeitskleid wie ein schimmernder
Schmetterling an seinem Arm geschwebt. Sie trug einen Kranz, den die Insulanerinnen ihr nach altem Brauch geflochten hatten. Handbreite Seidenbänder waren daran festgeknotet und hingen ihr bis zur Taille hinab. Freya schritt mit glücklichem Lächeln vor ihnen her und streute Blumen auf den weißen Sand. Die Zeremonie war schlicht und wunderschön. Keine Orgelmusik, nur das leise Rauschen der Wellen begleitete die Trauung.
    Danach wartete Ailt mit der festlich geschmückten Kutsche des Vogtes auf sie und bestand darauf, mit ihnen über die Insel zu fahren. Benno ließ sich nicht lange bitten und sprang mit einem Satz mit auf den Kutschbock, und so folgten sie lachend seinem Beispiel. Die anderen Gäste winkten dem Hochzeitswagen mit fröhlichen Gesichtern hinterher.
    Die Insulaner richteten die Feier aus, allen voran Hannes, der Wirt. Stolz gab er bei ihrer Rückkehr von der Rundfahrt dem Orchester ein Zeichen, das sie daraufhin mit einem Hochzeitslied begrüßte.
    »Ist ja nicht, dass nur die Hofrätin was kann!« Unter dem Applaus der Gäste verbeugte er sich tief, um dann Wemke zu küssen und Freya durch die Luft zu wirbeln.
    Onno, im roten Gewand, spielte den Clown und zog Blumen aus dem Ärmel. Er hielt sich viel bei den Wirtsleuten auf, die ihn im Laufe der Zeit ins Herz geschlossen hatten.
    Jeels seufzte bei dem Gedanken an die tiefe Zufriedenheit, die er später, als Wemke zu ihrem ersten Tanz in seine Arme geglitten war, empfunden hatte. Und diese Zufriedenheit hatte ihn bis heute nicht wieder verlassen.
    »Jeels!«
    Wemkes Rufen rüttelte ihn aus der Verzauberung. Sie winkte ihm zu. Er sollte den beiden in die Dünen folgen. Seine Füße fanden wie von selbst den Weg. Die warme Luft war vom Duft der Inselblumen erfüllt. Jeels’ Augen blieben an den
Strandastern hängen, deren von kleinen lilafarbenen Blättern umgebene Blüten leuchteten wie kleine Sonnen.
    »Bist du glücklich?«, hatte sein Vater ihn einmal gefragt. Damals, in einem anderen Leben. Heute wusste er, was mit Glück gemeint war. Es bedeutete zu wissen, woher man kam und wohin man gehörte. Und damit war nicht nur ein Ort gemeint, nicht nur die Insel Wangerooge. Es schloss auch die Menschen ein, die man liebte.
    »Glück«, dachte er. »Ich habe es gefunden. Alles Glück der Welt.«
    Er drehte sich um, blinzelte in die Sonne und ließ von den Dünen aus seinen Blick über die grün funkelnden Wellen schweifen. Das Leben lag vor ihnen, weit, strahlend und geheimnisvoll wie das Meer um Wangerooge.

Schlusswort
    Wenn man als Schriftstellerin das Netz seiner Fantasie auswirft, geschieht es manchmal, dass Handlungen, die man festgelegt hat, sich plötzlich während des Schreibens verändern. Man sieht Pläne vom Weg abkommen, Helden ganz andere Rollen übernehmen und Winzigkeiten wichtig werden. Das sind Augenblicke, in denen mich ein Gefühl von Demut beschleicht und für die ich wirklich dankbar bin.
    Ich plante eine Reise in die Vergangenheit der Insel Wangerooge, wollte die Anfänge des Tourismus mit den Augen einer Außenstehenden erkunden und fand mich unversehens in den Sog der Geschichte hineingezogen. Ich brach auf, um den Zauber dieser Insel spürbar zu machen und fühlte mich von den Geschehnissen selbst bei der Hand genommen. Sie setzten sich wie ein Mosaik zusammen, dessen Teile ich, als Autorin, nach und nach finden und einpassen durfte. Das fertige Bild bringt mich selbst zum Staunen, und das macht den Reiz des Schreibens aus.
    Ich habe festgestellt, dass nichts vorhersehbar ist. Das gilt für das Schreiben eines Romans, aber auch für die Reise durch das Leben. Da nützen weder gutes Kartenmaterial noch intensive Vorbereitungen. Letztlich mag es besser sein, alle Planung über Bord zu werfen. Vielleicht finden wir so viel einfacher unseren Weg. Denn jeder von uns hat seine eigene Geschichte. Wir alle sind winzige Sandkörnchen eines großen Strandes.
    Zumindest steht mir dieses Bild vor Augen, wenn meine
Füße auf Wangerooge über den weichen Sand laufen. Aus wie vielen Muschelschalen, Krebsgehäusen, Bauteilen einstigen Lebens mag er entstanden sein? Was birgt und verbirgt er
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