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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
Autoren: Anke Bracht
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Giftphiolen getrunken, die ihr Vater immer für den Fall bereithielt, dass Räuber oder wildernde Soldaten das Haus überfielen und die Familie Folter und Tod zu befürchten hätte. Ihr Vater war Christ gewesen, und ein guter dazu, aber er besaß auch eine außerordentlich praktische Ader. Sie lächelte in Erinnerung an ihn und versuchte, sich seine Züge und die ihrer Mutter vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Die Gesichter der Eltern blieben schemenhaft, und abermals fühlte sich Donata schutzlos und allein. Ein Schauer durchzog ihren Körper.
    »Ihr habt viel Blut verloren, meine Contessa. Ihr müsst Euch ausruhen.«
    Die Hebamme stand jetzt wieder neben ihrem Lager. Sie strich der jungen Frau die Haare aus dem schmalen Gesicht und gab ihrer Stimme einen betont unbekümmerten Klang, als sie sagte:
    »Will sich die Contessa noch etwas hübsch machen, bevor der Herr Gemahl kommt? Ich bin sicher, er wird gleich da sein.«
    Donata nickte. Maria deckte das Bett auf, wechselte das Laken und zog ihrer Herrin das nasse Hemd aus. Mit geübten Griffen wusch sie den weißen Leib und wickelte die Gräfin stramm in feuchte Leinentücher. Sie holte ein sauberes Hemd mit kostbaren Florentiner Spitzen aus der Truhe neben der Tür und half der Contessa beim Anziehen. Das Hemd hatte Donata auch in der Hochzeitsnacht getragen. Danach nie wieder. Sie wollte nicht an diese Stunden erinnert werden. War es ein schlechtes Omen, dass sie es nun erneut trug? Sie schob ihre bösen Ahnungen zur Seite.
    Maria eilte indes mit raschelnden Leinenröcken zu dem asiatischen Schränkchen, das zwischen den beiden hohen, noch verhangenen Fenstern stand. Sie zog eine kleine Flasche mit Blütenessenz aus einer der reich verzierten Schubladen. Mit der milchigen Flüssigkeit besprengte die Alte das Bett, und ein paar Tropfen tupfte sie der Gräfin auf den Puls. Sie bemühte sich um einen aufmunternden Blick und lächelte Donata zu. Im Zimmer war es still. Das Kind schlief anscheinend. Nachdem Maria ihre Herrin wieder in die Kissen zurückgelehnt hatte, kämmte sie ihr mit zärtlicher Langsamkeit das glatte Haar, dessen Farbe am ehesten mit dem Gefieder eines Raben zu vergleichen war. Dieses lange Haar, mehr blau als schwarz, war der schönste Schmuck der jungen Contessa. Es bildete einen herrlichen Kontrast zu den großen hellgrauen Augen und der feinen, ebenso hellen Haut. Maria konnte ein Schluchzen kaum unterdrücken. Ihre Herrin war eine schöne, von ihren Gefühlen geleitete, doch fehlgeleitete Frau. Und sie, Maria, trug Mitschuld an dem, was nun folgen würde.
    »Mein Kind, Maria.«
    Donata klang schläfrig und bestimmt zugleich. Der Wein mit den Kräutergaben wirkte offenbar immer noch. Die Alte bekreuzigte sich. Ich bitte Dich, oh Herr, betete sie stumm, lass sie nicht so leiden.
    »So gib mir meine Tochter.«
    Die Hebamme wollte gerade zur Antwort ansetzen, da ertönten Schritte vor der Tür. Schnell waren sie und hart, und sie kündeten davon, in welcher Erregung sich ihr Verursacher befand. Ein Stoß gegen die Tür ließ die Frauen zusammenschrecken. Er war da. Ascanio di Cavalli hatte das Schlafgemach seiner Gemahlin betreten.
    Donata blickte ihrem Mann entgegen. Sie fürchtete sich vor ihm, so wie jedes einzelne Mal seit ihrer ersten Begegnung. Was würde er dazu sagen, dass sie ihm eine Tochter geboren hatte? Es konnte ihm egal sein, er hatte ja bereits zwei Söhne. Schnell und zielstrebig eilte er durch das schwach erleuchtete Gemach und blieb an ihrer Bettseite stehen. Das flackernde Licht der Kerzen malte Schatten auf sein Gesicht. Sein Blick war nicht zu deuten. Di Cavallis dunkle Augen funkelten vor ungezügelter Leidenschaft, und Donata spürte überdeutlich, dass etwas nicht stimmte. Er betrachtete sie, wie man einen Schmetterling betrachtet, bevor man ihn aufspießt – mit dieser eigenartigen Mischung zwischen Wehmut und Glück. Sie wartete. Darauf, dass er an ihrem Bett knien, ihre Hand ergreifen werde. Nichts dergleichen geschah. Der Conte stand unbeweglich da und sah auf seine Frau herab. Sie hatte das Licht seiner Tage und Nächte sein sollen. Er hätte sein Leben für sie gegeben, er hätte alles für sie getan. Doch dafür war es nun zu spät. Sie sollte seine Rache spüren, jetzt, und dann sollte sie der Teufel holen. Er sah Maria an, und sein Blick duldete keinen Widerspruch.
    »Geh, Weib, lass mich mit der Contessa allein.«
    Er zog einen kleinen Lederbeutel aus seinem Wams und warf ihn der alten Frau zu. Die Silbermünzen
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