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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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Wandschrank fehlte, war der Tanzsaal geradezu überfüllt, und Zusammenstöße ließen sich kaum mehr vermeiden. Henry breitete die Arme aus, und die Tänzer drehten sich zu den Seiten hin weg, wenn sie kamen.
    »Ist das der Wind?«, fragte Henrietta.
    »Ja«, antwortete Henry. »Es weht ein bisschen.«
    Er führte Henrietta gerade vor sich her, als plötzlich die beiden Türen am Ende des Saales aufsprangen.
    Henrietta klammerte sich an Henry. »Was war das?«, flüsterte sie. »Was siehst du?«

    Henry antwortete nicht. Er und die Mehrzahl der Tänzer standen wie erstarrt und sahen gebannt auf die Türen. Eine große Gestalt, in einen Wolfspelz gehüllt und mit einem schlanken Stab, der seinen Träger überragte, betrat den Saal. Am Ende des Stabs wuchs eine lange, schmale Spitze aus einer mörderischen Doppelklinge hervor. Kräftige Männer, doch keiner so groß wie der im Wolfspelz, betraten nun den Saal.
    Dann begann das Schreien. Henrietta konnte es hören. Sie löste sich aus Henrys Griff und hielt sich die Ohren zu. Henry stand reglos da und sah zu. Er fühlte die bekannte Übelkeit in sich aufsteigen. Einige der Männer hielten hagere Wölfe an Ketten und auf ein Zeichen des Anführers hin ließen sie die knurrenden Tiere frei und hetzten sie auf die Menge.
    Einige Tänzer wurden von den Wölfen angefallen. Vor allem aber wurden sie von den Tieren in der Mitte des Saals zusammengetrieben. Einzelne Gestalten tanzten allerdings noch einsam vor sich hin, und entweder sahen die Wölfe sie nicht oder sie waren für sie unantastbar. Während die Leute zusammengetrieben wurden, schob Henry Henrietta weiter. Was auch immer als Nächstes geschehen würde, er wollte es nicht sehen. Der Saal hallte wider von Schreien und Weinen, aber Henry wandte sich nicht um. Henrietta schluchzte, als Henry sie in Richtung des Wandschranks dirigierte, und
während er zugleich auf seine Füße und den Boden um sie herum achtete, sah er einen Mann vor einem Wolf flüchten. Der Mann war groß, nicht so klein wie die anderen Leute, und er lief auf den Wandschrank zu. Er sah über seine Schulter und Henry blinzelte. Der Mann hatte das Gesicht seiner Mutter. Er riss die Tür des Wandschranks auf, und der Wolf schnappte nach seinen Füßen, während der Mann in das Fach stieg.
    Sobald der Mann verschwunden war, drehte sich der Wolf noch immer knurrend um und ließ seine Augen durch den gesamten Saal wandern. An Henry blieb sein Blick hängen. Sein Nackenhaar stellte sich auf und er zog die Lefzen hoch.
    »Ruhe!« Die Stimme des Anführers erhob sich über den Lärm. Seine Männer pfiffen und aus allen Ecken des Saales kamen die Wölfe zu ihnen zurück. Auch der Wolf, der Henry gegenüberstand, lief zu seinem Führer. Einer der kleinen Männer wollte aus der Gruppe derer, die auf der Tanzfläche zusammengetrieben worden waren, ausbrechen und zu einer Tür laufen. Aber die Wölfe rissen ihn rücklings nieder und das Schreien begann erneut.
    »Ruhe!« Die Stimme des Anführers klang wie Donner. Dieses Mal unterstrich er seine Worte durch eine Geste mit seinem Stab und die großen Fenster zersprangen in tausend Scherben und ließen Glassplitter auf die Menge
herabregnen. »Ihr habt die Hexen-Königin durch eure Unterpfande lange genug von euch ferngehalten. Aber Nimiane sieht, dass eure Unterpfande nun verschwunden sind, und euch wird es ebenso ergehen. Wir sind die Hexenhunde und sie füttert uns gut.«
    Henry wollte nicht hinhören. Er wollte auch nicht hinsehen. Er schob und stieß Henrietta zur Wand und verfrachtete sie dann in das Fach.
    »Schnell!«, sagte er. Er musste schreien, weil sich wieder Lärm erhob. »Mach die Augen zu und kriech durch.«
    Henrietta schlängelte sich hinein, aber ihre Füße wollten nicht verschwinden. »Es geht nicht auf«, rief sie Henry zu.
    Henry quetschte sich neben sie. »Rutsch zur Seite, so weit du kannst! Wenn ich fast durch bin, hältst du dich an meinen Beinen fest und kommst mit geschlossenen Augen hinter mir her.«
    Henry reckte sich, griff nach dem Seil und versuchte, sich voranzuziehen. Doch das Seil flog ihm entgegen. Das Ende war säuberlich abgeschnitten.
    Während die Wölfe heulten und das Glas zersprang, während die Menschen schrien und die Männer lachten, kauerten die beiden Kinder im Schrank. Am Ende erstarben die Stimmen. Die Decke stürzte ein und die Balken brannten.

    Dotty sprang von ihrem Stuhl auf und lief zur Treppe. Penelope und Anastasia folgten ihr.
    Oben im Flur wurde sie
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