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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition)
Autoren: Darynda Jones
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keine Angst machen.«
    Sah ich aus, als hätte ich Angst? An meinem Mörderblick musste ich wohl noch feilen.
    Ich ignorierte ihn und mühte mich aus dem Bett. Ich trug ein Hockeyhemd der Scorpions, das ich dem Torhüter abgeluchst hatte, und karierte Boxershorts – dieselbe Mannschaft, andere Position. Chihuahuas, Tequila und Strippoker. In einer Nacht, die auf der Liste der Dinge, die ich nie wieder tun werde, auf ewig ganz oben stehen wird.
    Ich biss mörderisch gequält die Zähne zusammen und schleppte die vierhundertsiebzig schmerzenden Pfund Richtung Küche und – worauf es wirklich ankam – zur Kaffeemaschine. Koffein würde die Pfunde abschmelzen und in null Komma nichts mein Normalgewicht wiederherstellen.
    Da mein Apartment ungefähr so groß war wie eine Schachtel Käsekräcker, brauchte ich nicht lange, um mich im Dunkeln in die Küche vorzutasten. Der Tote folgte mir. Die Toten folgen mir immer. Ich konnte bloß beten, dass dieser die Klappe hielt, bis das Koffein wirkte, aber wehe, so viel Glück war mir nicht beschieden.
    Ich hatte die Maschine kaum angeschaltet, als er auch schon loslegte.
    »Äh, ja«, meldete er sich von der Küchentür, »es ist so, dass ich gestern ermordet wurde, und man hat mir gesagt, Sie seien diejenige, an die man sich da wenden kann.«
    »Hat man Ihnen gesagt, hm?« Vielleicht entwickelte die Kaffeemaschine, wenn ich einfach vor ihr herumlungerte, einen Minderwertigkeitskomplex und arbeitete schneller, um mir zu beweisen, dass sie dazu fähig war.
    »Der Junge meinte, Sie klären Verbrechen auf.«
    »Ah, meinte er das?«
    »Sie sind doch Charley Davidson, oder?«
    »Die bin ich.«
    »Sind Sie ein Polyp?«
    »Nicht ganz.«
    »Hilfssheriff?«
    »Nee.«
    »Politesse?«
    »Hören Sie«, sagte ich und drehte mich endlich zu ihm um, »nichts für ungut, aber soweit ich weiß, können Sie schon vor dreißig Jahren gestorben sein. Tote haben kein Zeitgefühl. Null. Nix. Nada .«
    »Gestern, achtzehnter Oktober, fünf Uhr zweiunddreißig nachmittags, zwei Schüsse in den Kopf, die ein Schädelhirntrauma und mein sofortiges Ableben zur Folge hatten.«
    »Oh«, sagte ich, mein Misstrauen zügelnd. »Also, ich bin kein Polyp.« Damit wandte ich mich wieder der Kaffeemaschine zu, entschlossen, ihren eisernen Willen mit meinem berüchtigten Mörderblick zu brechen, der direkt nach –
    »Gut, was sind Sie dann?«
    Ich fragte mich kurz, ob Ihr schlimmster Albtraum eine blöde Antwort wäre. »Ich bin Privatdetektivin. Ich spüre Ehebrecher und entlaufene Hunde auf. Mit Mordfällen gebe ich mich nicht ab.« Das tat ich eigentlich schon, aber das musste er ja nicht wissen. Ich hatte gerade erst einen großen Fall abgeschlossen und hoffte auf ein paar freie Tage.
    »Aber dieser Junge – «
    »Angel«, sagte ich, frustriert, dass ich den kleinen Satansbraten nicht bei erster Gelegenheit ausgetrieben hatte.
    »Angel? War er ein Engel?«
    »Nein, er heißt bloß Angel.«
    »Er heißt Angel?«
    »Ja. Wieso?«, fragte ich zurück. Obwohl mir das Getue um Angel langsam auf den Wecker ging.
    »Ich dachte bloß, ich bin womöglich sein Auftrag.«
    »Das ist bloß sein Name. Und glauben Sie mir, er ist alles andere als ein Engel.«
    Nach einer erdgeschichtlichen Epoche, in der sich Einzeller zu Talkshowmoderatoren entwickelten, ließ Mister Kaffee mich immer noch schmoren. Ich gab’s auf und beschloss, lieber pullern zu gehen.
    Der Tote folgte mir. Die Toten folgen –
    »Sie sind sehr … hell«, meinte er.
    »Hm, danke.«
    »Und … strahlend.«
    »Aha.« Das war nichts Neues. Nach allem, was ich so mitbekommen habe, sehen mich die Verstorbenen als Leuchtfeuer, als blendende Wesenheit – mit der Betonung auf blendend – , die sie über Kontinente hinweg erkennen können. Und je näher sie mir kommen, desto blendender werde ich. Falls man das so sagen kann. Ich hab dieses Strahlen immer für einen Vorteil gehalten, wenn man die einzige Schnitterin diesseits des Mars ist. Und als solche war es meine Aufgabe, Menschen ins Licht zu führen. Durch das Portal. Das heißt, durch mich. Leider ging das nicht immer reibungslos. Manche ließen sich weder raten noch helfen. »Übrigens«, nahm ich den Faden wieder auf, indem ich einen Blick über die Schulter warf, »wenn Sie mal einen Engel sehen, einen echten, laufen Sie. Und zwar schnell. In die Gegenrichtung.« Ganz so schlimm war’s nicht, aber es machte mir Spaß, Leuten Angst einzujagen.
    »Wirklich?«
    »Wirklich. Hey … « Ich hielt inne und
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