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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume
Autoren: Mary Burton
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die tonangebende Senior-Studentin, hatte sie unter ihre Fittiche genommen und sie in die Welt der oberen Zehntausend eingeführt. In Kristens Haus war sie umgeben von Wohlgerüchen, schönen Kleidern und funkelnden Lichtern. Sie hatte eine neue Welt kennengelernt, fernab von ihren Pflegeeltern, eine Welt ohne laute Zankereien und fettige Essensgerüche. Jeder Besuch bei den Halls hatte Evas Glauben an Märchen und Happy Ends neue Nahrung gegeben.
    Abwesend rieb sie die Narbe an ihrer Schulter. Gott, wie sehr hatte sie sich geirrt.
    Eva schüttelte Zorn und Traurigkeit ab, trat aufs Gaspedal und fuhr langsam weiter. Keine Erinnerungen mehr. Keine Traurigkeit. Nach vorne blicken. Das war seit mehr als zehn Jahren ihr Mantra.
    Sie konzentrierte sich auf die Straße und die nächtliche Arbeit im Wohnheim, die vor ihr lag. Die Vergangenheit war tot. Sie streckte die Hand nach dem Radio aus und stellte einen Sender mit Rockmusik ein, deren Texte die Vergangenheit aus ihrem Kopf hämmerten.
    Während sie auf direktem Weg zum Obdachlosenheim fuhr, das im südöstlichen Teil Alexandrias lag, knurrte ihr der Magen, und ihr fiel ein, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Das King’s war heute brechend voll gewesen. Eigentlich wäre ihre Arbeitszeit um sieben zu Ende gewesen, aber sie war noch länger dort geblieben und hatte geholfen, den Ansturm zu bewältigen. Danach war sie hastig aufgebrochen und hatte das Abendessen vergessen, das ihr Chef ihr eingepackt hatte. Hoffentlich gab es reichlich Brot und Erdnussbutter im Wohnheim.
    Sie war gespannt, wer sich heute zur Nacht eingefunden hatte. Vielleicht hatte Tony, der ehemalige Soldat und Boxer, der gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden war, eine neue Geschichte auf Lager. Er ließ gern seine ruhmreichen Tage im Ring wiederaufleben und hatte geschworen, sein Temperament in Zukunft zu zügeln. Oder Pam. Sie war seit drei Wochen alkoholabstinent und redete davon, das Sorgerecht für ihre Kinder zurückzubekommen und eine Arbeit zu finden. Dann gab es noch Luna, eine jugendliche Ausreißerin. Eva hatte versucht, das Mädchen zum Besuch einer Abendschule zu überreden.
    Sie hatte gerade den zweiten Block aus Einfamilienhäusern zur Hälfte passiert, als sie in einiger Entfernung blinkende Lichter sah. Als sie näherkam, bemerkte sie mehrere Feuerwehrwagen und Polizeiautos, die sich am Ende der Sackgasse drängten, in der das Wohnheim lag. Sie setzte zurück und fuhr in eine parallel verlaufende Anwohnerstraße. Dort stellte sie den Transporter ab, stieg aus und ging zwischen den Gärten hindurch, die die beiden Straßen voneinander trennten.
    Helle Flutlichter, die von der Feuerwehr aufgestellt worden war, beleuchteten das »Haus Hanna«. Das künstliche Licht warf einen unheimlichen Glanz auf das zweistöckige Gebäude, das vom Feuer in eine rauchende Ruine verwandelt worden war. Obwohl die Männer den Brand im Griff hatten, spürte Eva die schwelende Hitze auf ihrem Gesicht.
    Rund um das Gebäude zuckten die blauen und roten Lichter unzähliger Feuerwehr- und Polizeiwagen.
    In Evas Kopf drehte sich alles. Die Erinnerung an ein anderes Feuer stieg in ihr auf und schnürte ihr die Luft ab. Sie konnte kaum atmen und wäre am liebsten stehen geblieben. Doch sie ging stetig weiter und fuhr sich mit zitternden Händen durch das lange, schwarze Haar. Suchend blickte sie sich in der Menge nach bekannten Gesichtern um. Sally, die Leiterin, war nirgendwo zu sehen. Von Rhonda, der Abendaufsicht, ebenfalls keine Spur.
    Oh Gott. Oh Gott.
    Ihr fielen die Menschen ein, die die Nacht wahrscheinlich im Heim hatten verbringen wollen. Tony. Pam. Luna. Sie hoffte inständig, sie bei einem der Einsatzwagen zu entdecken, in eine Decke gewickelt, in Sicherheit. Doch sie sah niemanden.
    Sie schlang die Arme um sich und wäre am liebsten unter dem gelben Absperrband hindurchgekrochen, um die Polizei nach den Bewohnern des Hauses zu fragen, doch sie tat es nicht. Seit sie vor sechs Monaten aus dem Gefängnis entlassen worden war, ging sie Polizisten aus dem Weg. Cops bedeuteten Ärger, und sie hatte sich geschworen, nie wieder einem von ihnen zu vertrauen und nie wieder ins Gefängnis zu gehen.
    Aber ihre Freunde. Gott, sie musste herausfinden, was los war.
    Sie zog den Kopf ein und bewegte sich auf die Menge der Schaulustigen zu. Die Hitze war immer noch so stark, dass sie einem die Lungen hätte versengen können.
    Eva stellte sich zu einem älteren Mann, der eine Brille
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