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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer.
Autoren: Erich Kästner
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Abend. Toi, toi, toi.« Und dann spuckten sie einander dreimal auf die Anzüge. Sebastian hatte erzählt, dass das die Schauspieler immer täten.
    Johnny trat zu Martin. »Was ist denn mit dir los?«, fragte er.
    »Du kannst zwar deinen Text, aber du redest ihn herunter, als dächtest du an sonst etwas.«
    »Heute Abend wird’s schon gehen«, meinte der Primus. »Ich habe nachts schlecht geschlafen.«
    Als sie sich wieder umgezogen hatten, legten sie die Kostüme und Zöpfe und Barte in den Schrank, in dem die Sprungbretter standen. Dann gingen sie ins Schulhaus und stiegen zum Krankenzimmer hinauf Man hatte ihnen erlaubt, Uli zu besuchen.
    Nachdem sie sich erkundigt hatten, wie’s ihm gehe, erzählten sie ihm, die Aufführung werde bestimmt klappen. Matthias meinte, der Quartaner Stöcker sei so weit ganz brauchbar. Mit Uli natürlich nicht zu vergleichen. Aber immerhin. Die anderen nickten.
    »Das freut mich«, sagte Uli. »Und morgen reist ihr alle fort!
    Außer Johnny und mir. Lasst euch nur recht viel bescheren.«
    Dann winkte er Matthias ans Bett und drückte ihm verstohlen eine Tafel in die Hand. »Der Grünkern war schon wieder da«, flüsterte er. »Wie steht’s denn mit dem Appetit?«
    »Es macht sich«, meinte Matz.
    »Na, siehst du«, sagte Uli. »Immer tüchtig essen!«
    »Zu Hause ist es noch viel schlimmer mit mir«, erklärte Matthias und steckte die Schokolade in die Tasche. »Meine alte Dame staunt Bauklötze. Sie sagt, was ich so zusammenfräße, sei geradezu polizeiwidrig.«
    »Mach dir nichts draus«, meinte Sebastian. Er war heute duldsamer als sonst. »Was der Mensch braucht, muss er haben!« Dann wandte er sich zu Uli und schüttelte onkelhaft das Haupt. »Du bist ja ein Bruder! Ein wahres Glück, dass wir auf dem Turnplatz keinen Kirchturm stehen haben. Von dem wärst du wahrscheinlich auch heruntergehüpft.«
    Sie standen um das Krankenbett herum und wussten, obwohl sie eine Menge redeten, nicht recht, was sie sagen sollten. Der Junge im Bett war für sie nicht mehr derselbe kleine Uli, den sie seit Jahren kannten.
    »Schade, dass du heute Abend nicht dabei bist«, meinte Johnny. »Na, ich erzähle dir morgen ganz ausführlich, wie es war.«
    Martin stand am Fenster. Eigentlich wollte er den anderen mitteilen, dass auch er hier bleiben werde. Aber er brachte es nicht übers Herz. Trotz seiner Freunde kam er sich verlassen vor. Völlig verlassen.
    Die Weihnachtsfeier übertraf sämtliche Erwartungen. Zu Beginn spielten zwei Primaner Klavier. Variationen über bekannte Weihnachtslieder. Dann hielt Oberstudiendirektor Professor Doktor B. Grünkern eine kleine Ansprache. Sie glich zwar sämtlichen Weihnachtsansprachen, die er zeit seines Lebens gehalten hatte; aber er sagte zum Schluss ein paar Sätze, die neu waren und die Jungen rührten. Er sagte: »Ich komme mir manchmal wie der Weihnachtsmann persönlich vor. Trotz des schwarzen Gehrocks, in dem ich stecke, und obwohl ich keinen weißen Vollbart umhängen habe. Ich bin fast so alt wie er. Ich komme alle Jahre wieder. Ich bin jemand, über den man noch lächelt, wenn er mit der Rute droht. Und schließlich bin ich, wie er, ein Mann, der die Kinder lieb hat.
    Vergesst das, bitte, niemals. Denn so etwas entschuldigt vieles.«
    Er setzte sich wieder und putzte seine Brille mit dem Taschentuch. Die Sekundaner aber senkten die Köpfe. Sie schämten sich, weil sie den alten Mann reihenweise ausgelacht hatten. Und der große Christbaum schimmerte mit den unzähligen elektrischen Birnen so schön, dass allen Anwesenden sehr feierlich zumute war.
    Dann folgte die Uraufführung des »Fliegenden Klassenzimmers«. Um es gleich zu sagen: Die Aufführung klappte großartig. Bei dem Satz: »Der Unterricht wird zum Lokaltermin«, da lachten die Lehrer ganz so, wie Sebastian es erwartet hatte. Martin war freilich nicht auf der Höhe. Umso größeren Eindruck machte der Quartaner Stöcker. Außer den Quartanern und Tertianern erkannte ihn kein Mensch. Sie hielten ihn allen Ernstes für ein kleines reizendes Mädchen und konnten es sich nur nicht erklären, wieso ein weibliches Wesen hierher kam. Stöcker kletterte zwar im letzten Akt zu früh aus seiner Wolke heraus. Aber das Weihnachtslied, das kurz darauf folgte und das alle laut mitsangen, machte den Schaden wieder gut. Man war toll begeistert.
    Der Grünkern segelte mit fliegenden Rockschößen auf die Darsteller los und schüttelte jedem einzelnen die Hand. Und zu Johnny Trotz sagte er begeistert:
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