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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett
Autoren: Unknown
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einem grotesken Knäuel kraftloser Gliedmaßen. Alles
lachte und der große Star aus Paris war voll Bewunderung: »Voilà, ca c’est une
partenaire vraiment incredible!«
    Und nicht nur der junge
Kavallerieoffizier Bela applaudierte hingerissen. Aber ihm zwinkerte Ludmilla
lausbubenhaft zu.
    Der Graf erkundigte sich nach
ihren vertraglichen Verpflichtungen und versprach, mit ihrem Agenten
Verhandlungen aufzunehmen. Als sich die animierte Gesellschaft aufzulösen
begann, war der Leutnant an ihrer Seite und erbot sich, sie in die
Artistenpension zu bringen.
    Nachdem man an der Tür des kleinen
Hotels dem Nachtportier geläutet hatte und ihn schon heranschlurfen hörte,
neigte sie sich ihm zu und sagte mit der schlichten Einfachheit eines
Landmädchens des böhmisch-mährischen Grenzgebietes an der Leitha und mit der
selbstbewußten Demut der Jungfrau aus Domremy: »Wenn Sie mechten wissen, wie
geil ich beim Fegeln bin, mechten Sie es mit mir versuchen!«
    Ein entsprechendes Trinkgeld
veranlaßte den brummenden Portier, zwei Gäste statt einem in das kleine
Mansardenzimmer zu lassen. —
    Die Kammer des Artistenhotels war
so eng, daß das frischgebackene Liebespaar gar nicht anders konnte, als sich
eng aneinander zu halten oder die Horizontale aufzusuchen. »Ist hier allein
schon akrobatisches Kunststick, sich nackert auszuziehen«, flüsterte sie und
legte den Finger auf seinen Mund. »Heert man alles durch dinne Wende, und
Zimmermenscher und Hausburschen haben Ohrn an Wand, wenn zwei sich mechten
liebhaben. Also — bitta scheen — nachher leise stöhnen, wenn gefeilig, Herr
Leitnant.«
    Sollte der Herr Leutnant erwartet
haben, Sensationelles an kühnen Liebespositionen zu erleben, so sah er sich
getäuscht. Aber er wurde voll entschädigt. Aus der scheinbar knochenlosen
Kunstperson des Artistenproletariats war ein schlichter Naturmensch geworden.
    Ludmilla strömte die ungebrochene
reine Kraft ihres slawischen Geburtslandes aus, den köstlichen Ruch von dunkler
Ackerkrume, von Obstbäumen und Kornfeldern. Bela versank in diesem
durchtrainierten Körper seltsamerweise wie in einem wogenden Feld blutroter
Mohnblumen.
    »Nix Hoppla, Voala und Tusch«,
flüsterte sie. »Kann ich nur fegeln wie behmische Kechinnen..., die fegeln aber
gut, weil sie nur denken an gute Sachen für hungrigen und bedirftigen Leib...«
    Und trotz Vollbeschäftigung fing
sie an, genüßlich zu schmatzen und zwischendurch verzückt Delikatessen der
böhmischen Küche zu artikulieren. Offensichtlich verband das jahrelang zum
Hunger verurteilte Artistenkind die lustvolle Vereinnahmung eines männlichen
Körpers mit der Einverleibung wohlschmeckender Nahrung zu halluzinatorischen
Assoziationen. Lieben und Schlemmen, Magen und Unterleib, Gaumenlust und
Sinnenkitzel, unterschiedliche Begriffe, verschmolzen bei ihr zu einem einzigen
Inbegriff von Glücksgefühl und Lebenserfüllung. Und so erklangen in ihren
zärtlich geflüsterten und gestöhnten Halbsätzen und Exklamationen die obszönen
und vulgärsten Reizworte des Sexvokabulars zusammen mit den Namen und
Eigenschaften von leckeren Gerichten eines böhmischen Kochbuches. Da wurde eine
»Schaumroll’n« die es beim Konditor Jedlicka in Brinn nicht in dieser Qualität
gab, mit Belas hervorstechender Männlichkeit in Beziehung gebracht, da sprach
sie von ihrem Fotzerl als süßem Powidltatschkerl, da ging ein Geschlechtsteil
auf wie ein Germknödel, da war das Pudern so süß wie Mohnnudeln mit
»Puder«zucker, da hatte sie das Titschkerln so gern wie Grammelpogatscherln, da
schmeckte der Penis wie Pofesen und Topfenpalatschinken, da zerging etwas auf
der Zunge »wi a Doboschtort’n«, da wurden Dalken, Golatschn und Haluska zum
Maßstab für Sexualriten, Praktiken, Geschmacksmerkmale. Das Kamasutram
verwandelte sich plötzlich in die Speisekarte eines gutgeführten Wirtshauses in
Olmütz oder Iglau. Die Verwandtschaft von Essen und Erotik, von allen uteralen,
oralen, ja analen Nervenreizen wurde von ihr trefflich auf den Horizont einer
Prager Köchin gebracht. Was zweifellos ein schlüssiger Beweis für ihre Geschmackssicherheit
war.
    Bela fand diese neue und
unerwartete Erfahrung ungeheuer überzeugend, und, so lächerlich sie erscheinen
mochte, sosehr sie sich auch für eine erfolgreiche Casinogeschichte eignete — er
wußte, daß er sie nie dem Spott anderer Männer preisgeben würde. So nah fühlte
er die schlichte Urerkenntnis eines naiven Menschenkindes, das von allem
Schlamm seiner
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