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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers
Autoren: Johanna Kirchen
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Schließlich konnte er den Krämpfen in seinen Armen und Beinen nichts mehr entgegensetzen; Hannes ergab sich seinem Schicksal, die Welt um ihn herum wurde dunkel.
    *
    Lenz freute sich auf seinen wohlverdienten Feierabend. Gemütlich fuhr er gen Trier. Heute noch ein Verhör, dann, so hoffte er, eine Inhaftierung, und die Sache wäre aus der Welt.
    Sein bimmelndes Handy zwang ihn, rechts ranzufahren. „Wer stört?“, meldete er sich.
    „Schlechte Nachrichten, Chef“, tönte es aus dem Apparat, „Zielperson ist nirgendwo aufzufinden.“
    Klar, irgendetwas musste ja noch schiefgehen! Lenz schaute auf seine Uhr. Bis morgen warten oder zuschlagen und mögliche Beweise sichern?
    Im Grunde war alles sonnenklar, hieb und stichfest. „Was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf morgen!“, tönte er ins Telefon. Der Beamte am anderen Ende legte eine Bedenkpause ein. „Äh … Wohnungszutritt, Chef?“ „Zutritt zur Wohnung!“, bestätigte Lenz und trat auf das Gaspedal.
    *
    Anne machte sich Sorgen. Das Wetter draußen war ebenfalls nicht dazu angetan, sie zu beruhigen. Hannes war noch immer nicht nach Hause zurückgekehrt, und vor ihrem geistigen Auge spielten sich Schreckensszenarien ab; sie sah ihn von irgendwelchen Ästen oder ganzen Bäumen erschlagen oder im Sturm vom Hochsitz geweht. Anne versuchte vergeblich, ihre aufsteigende Panik zu bekämpfen. Eben noch hatte sie sich eingebildet, einen dunklen Schatten über die Terrasse schleichen gesehen zu haben. So ein Gewitter weckt eben die Urängste in uns Menschen, analysierte sich Anne. Archaische Gefühle, tiefsitzende Furcht, Fluchtinstinkte. Genau wie beim Steinzeitmensch, der vor dem Säbelzahntiger flieht. Aber Hannes ist ein erfahrener Jäger und schon öfter bei solchem Wetter im Wald gewesen, beruhigte sie sich. Außerdem, er ist sauer auf mich und lässt mich mit aller Sicherheit extra zappeln. Vielleicht sitzt er auch schon lange mit seinen Kameraden in der Jägerkneipe.
    Sie nahm die Pfanne mit den mittlerweile dunkelbraunen Bratkartoffeln in dem Moment vom Herd, als das Licht kurz flackerte, um dann gänzlich zu erlöschen.
    Oh, Mann, auch das noch! Anne hielt Ausschau nach Kerzen samt Streichhölzern und fand beides in einer Schublade. Damit beleuchtete sie notdürftig Wohnzimmer und Küche.
    Ein Auto fuhr auf den Hof, eine Tür wurde zugeschlagen, der Bewegungsmelder im Hof klickte, blieb aber vollkommen dunkel. Endlich!, dachte sie erleichtert, das muss Hannes sein.
    Anne war im Begriff, zur Haustür zu laufen, als es auch schon laut klopfte.
    Warum hat Hannes denn keinen Schlüssel?
    Sie öffnete die Tür. „Oh, hallo, das ist ja eine Überraschung!“ Anne freute sich in der Tat. „Welch eine Freude, Dr. Mezza, wie komme ich denn zu dieser Ehre?“, fragte sie ihn und bat ihn herein.
    Der Notar winkte fröhlich mit einem Buch in der Hand. Stolz berichtete er, es nun endlich fertig zu haben. Leider habe er es nicht rechtzeitig zu ihrem Geburtstag geschafft, so wie ihre liebe Freundin dies ursprünglich geplant hatte.
    „Hier bitte“, sagte Dr. Mezza feierlich und überreichte ihr das in teures Leder gebundene Buch. Behutsam nahm Anne es in die Hände und schlug die erste Seite auf. Es war das Tagebuch, Ambrosius‘ Tagebuch, ins Deutsche übersetzt und in wundervoller Schrift gedruckt.
    „Vielen Dank“, hauchte Anne ergriffen, um noch im selben Moment die Stirn zu runzeln. „Aber was war denn mit Michael? Sollte er nicht das Buch für mich zu Weihnachten …?“
    „Ach, Sie meinen diesen kleinen Studenten?“, fiel Mezza ihr ins Wort und winkte lächelnd ab. „Der war mit dieser Aufgabe doch leicht überfordert, heimlich hat er das Tagebuch zu mir gebracht.“ Mezza zwinkerte Anne vielsagend zu. „Nur seine kleine Freundin durfte davon nichts erfahren. Sie sollte doch stolz auf ihren angehenden Altphilologen sein.“
    Anne schmunzelte. „Kommen Sie, Herr Dr. Mezza, ich mache noch schnell die Tür zu, und dann setzen wir uns gemütlich ins Wohnzimmer und trinken hierauf eine Flasche Wein!“
    Rasch verschloss Anne die Haustür und drehte den Schlüssel einmal um. Dabei fiel ihr Blick aus dem Dielenfenster. Seltsam, ging es ihr durch den Kopf, alle anderen Häuser der Straße haben Licht. Sie verwarf den Gedanken aber schnell wieder und wandte sich ihrem Besucher zu, der wartend hinter ihr gestanden hatte. „So“, lächelte sie ihn freundlich an, „jetzt können wir!“
    „Sehr gern“, strahlte Mezza und hakte sich bei Anne
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