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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Gunner sie nur so hintergehen? Immer noch heftig weinend, zog sie die Beine unter ihr Gesäß und wiegte sich hin und her wie ein Kind. Hatte ihr dieser Mistkerl nicht noch vor wenigen Tagen ewige Liebe geschworen?! Während die Krämpfe allmählich abflauten, lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die gekachelte Wand und biss sich auf die Unterlippe. Mit dem Handrücken rieb sie sich die brennenden Augen, die sich jedoch umgehend wieder mit Tränen füllten. Hatte sie sich nicht – wie von ihm verlangt – am Dienstag mit einer fadenscheinigen Lüge kurz nach Einbruch der Dämmerung aus dem Haus geschlichen, um ihn unter der Metzig an der Donau zu treffen?! Ihr Herzschlag beschleunigte sich bei der Erinnerung an die Schrecksekunde, als sie mit Hans und dem neuen Gesellen zusammengestoßen war.
    Als sie endlich an dem vereinbarten Treffpunkt angekommen war, hatte Gunner dort, im Schutze einer Trauerweide, seine Lippen auf die ihren gepresst und die Hände unter ihre Röcke geschoben! Sie holte stockend Luft und wischte die Nase am Ärmel ihres Kleides ab. Noch immer kroch eine Gänsehaut ihren Rücken hinauf, wenn sie an das Gefühl zurückdachte, das sie bei seiner Berührung durchströmt hatte. Wie um die Kühle zu vertreiben, massierte sie ihre Oberarme und zog die Schultern hoch. Und dann, keine Woche später, trieb er sich mit einer stadtbekannten Dirne auf der Baustelle herum, um sie vor aller Augen zu begrapschen! Allmählich wichen verletzte Liebe und Enttäuschung dem Zorn. Wütend starrte sie auf den gefliesten Boden und zerkratzte in Gedanken das Gesicht der Nebenbuhlerin, der sie am liebsten Schlimmeres angetan hätte. Durch den tiefen Ausschnitt und die enge Schnürung ihres Kleides hatte man die Brustwarzen der Bäckersmagd nicht nur erahnen, sondern überdeutlich sehen können! Brigitta biss die Zähne aufeinander, als sie sich fragte, wie viel das Luder wohl für diese Auslage verlangte. Mit einem dümmlichen Lächeln hatte Gunner die prallen Brüste der übermäßig geschminkten Magd geknetet und seinen Unterleib an ihr gerieben. Was für ein Schwein! Mit einem wütenden Ausatmen ballte sie die Hände zu Fäusten und schwor sich, diesen Widerling nie wieder auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen. Was hatte er ihr nicht alles versprochen?! Mit kleinen Geschenken und Aufmerksamkeiten hatte er sich in ihr Herz geschlichen, nur um es ihr in einem einzigen Moment aus der Brust zu reißen und darauf herumzutrampeln. Erneut wollten Tränen in ihr aufsteigen, doch sie vertrieb sie mit einem energischen Zukneifen der Lider und holte tief Luft.
    Eigentlich hätte sie wissen müssen, dass er sich nur um sie bemühte, um über sie an ihren Vater heranzukommen. Wie viele Gesellen der weniger bedeutenden Meister strebte auch er danach, innerhalb der Zunft aufzusteigen. Und was war besser, als in die Dienste des Werkmeisters zu treten, dessen dumme Gans von Tochter sich um den kleinen Finger wickeln ließ?! Sie erhob sich mit schwachen Knien und zupfte die Röcke zurecht. Geistesabwesend legte sie das inzwischen feuchte Laken zusammen und warf es zurück auf den Stapel neben dem Waschbottich. Wenn sie doch nur meilenweit entfernt wäre! Dann müsste sie nie wieder die Erniedrigung über sich ergehen lassen, diesem falschen Gulden zu begegnen und das Feixen auf seinem hinterhältigen Gesicht zu sehen. Ihre Unterlippe schob sich trotzig nach vorne. Warum hatte ihr Vater nur den Posten des Inzignerio an der Mailänder Dombauhütte abgelehnt?, haderte sie und strich den zerknitterten Stoff glatt, bevor sie ein weiteres Mal tief durchatmete und den Riegel an der Tür hob. Mit dem Ärmel ihrer Fucke fuhr sie sich beinahe grob über die Augen, um auch die letzten Spuren ihrer Trauer auszulöschen. Der Teufel sollte sie holen, wenn sie sich von so einem Tagedieb, der jeder läufigen Hündin nachhechelte, die Laune verderben ließ! Vielleicht war es ein Wink des Schicksals, dass sie seine wahre Natur erkannt hatte, bevor er sie zu weiteren Schritten drängen konnte, die sie eventuell bereuen würde. Mit wiedergewonnenem Stolz reckte sie das Kinn, straffte die Schultern und trat in den Hof hinaus, wo eine Handvoll Hühner gackernd das Weite suchte. Sie würde tun, was ihr Vater ihr befohlen hatte, und ihrer Mutter bei der Hausarbeit zur Hand gehen. Wenn sie ihn gnädig stimmte, würde er ihr bei der Wahl ihres zukünftigen Gemahls vielleicht ein Mitspracherecht gewähren, anstatt sie – wie ihre Schwester Anna – mit
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