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Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)

Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)

Titel: Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
Autoren: Klaus Seibel
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Geburt. Hoffentlich würde es nicht ihr letzter werden. Als nüchtern kalkulierende Mathematikerin wusste Anne auch um diesen möglichen Ausgang, und dass die Wahrscheinlichkeit dafür eigentlich viel zu groß war. Für diesen Fall hatte sie ein Video vorbereitet. Es war an sicherer Stelle deponiert - und würde hoffentlich nie gebraucht werden.

5.
     
    „Der neue Wetterbericht kommt rein“, sagte Anne.
    Walter unterbrach seine aktuelle Arbeit, das Weltraumwetter war enorm wichtig. Ein starkes Ansteigen des Sonnenwindes hätte ihren Landeanflug deutlich verzögert. Solch ein energiegeladener Partikelstrom konnte wertvolle Anlagen unwiederbringlich zerstören und in der Anfangszeit hatten die Menschen dadurch einige teure Satelliten verloren. Inzwischen gab es ausreichend Vorwarnzeit, so dass die Betreiber ihre Satelliten für die Zeit eines starken Sonnensturms herunterfahren konnten. Die Bewohner der Internationalen Raumstation suchten Schutzräume auf - und die Bewohner der nördlichen Breitengrade auf der Erde freuten sich über die besonders ausgeprägten Nordlichter.
    „Alles im grünen Bereich“, sagte Anne. „Keine ungewöhnliche Sonnenaktivität. Wir haben Glück.“
    „Haben wir nicht“, sagte Walter. Er deutete auf eine Nachricht, die soeben auf seinem Monitor erschien. „Die Chinesen melden einen Meteoriten im Anflug.“
    „Jetzt erst? Warum haben wir das nicht früher erfahren?“
    Vor fünf Jahren hatten die Nationen sich auf ein Meteoritenfrühwarnsystem geeinigt, das in der Folgezeit installiert worden war. Solch eine Katastrophe wie vor fünfundsechzig Millionen Jahren konnte jederzeit wieder passieren, und die Menschen waren alles andere als vorbereitet. Die Sonden dieses Systems suchten in Verbindung mit starken erdgebundenen Teleskopen den Weltraum rund um die Erde ab.
    Walter zuckte die Schultern. „Hier oben fliegt einfach zu viel herum. Das wird man nie alles erfassen können.“
    „Ist auch nicht so wichtig“, sagte Anne. „Die Wahrscheinlichkeit, dass uns so ein Ding trifft, ist geringer, als wenn zwei Jäger in die Luft schießen und die Kugeln sich treffen. Gib mir die verfügbaren Daten und ich berechne den Kurs.“
    Walter tippte einige Befehle. „Auf der Erde sind sie auch schon am Rechnen. Sie haben ihn Mephisto getauft.“
    „100 - 140 Meter im Durchmesser und etwa 80.000 Kilometer pro Stunde schnell“, murmelte Anne, während sie die Daten in ihr eigenes Kursberechnungsprogramm eingab. Natürlich gab es Standardprogramme für diese Aufgabe. Anne kannte sie alle, denn entweder hatte sie daran mitgearbeitet oder sie zumindest eingehend geprüft. Trotzdem schwor sie auf ihr eigenes Programm. Das hielt sie immer auf dem neuesten Stand und beschleunigte es darüber hinaus mit einigen nicht standardmäßigen Kniffen.
    „Wenn der auf der Erde einschlagen würde, wäre es aus mit uns“, sagte Walter.
    „Wird er nicht, so viel kann ich jetzt schon sagen.“
    Bevor von der Erde ein Ergebnis kam, entstand auf Annes Monitor schon eine breite, verwaschene Linie. Die erste Kursprognose. Jetzt trafen auch erste Daten von der Erde ein. Die Linie wurde schnell schmaler, das hieß, die Prognosen wurden genauer. Sie führte in etwa 22.000 Kilometer Abstand an der Südseite des Mondes vorbei, für kosmische Maßstäbe ein Katzensprung.
    „Schade“, meinte Anne. „Es hätte ruhig etwas näher sein können. Ich hätte gerne mal einen Meteoriten mit eigenen Augen aus der Nähe gesehen.“
     
    Zwei Stunden später entdeckte Anne einen schwach leuchtenden Punkt. Er schien still im schwarzen Nichts zu stehen, obwohl er sich fast dreißig Mal so schnell bewegte wie eine Gewehrkugel. Man sah ihm nicht an, dass er zum tödlichen Geschoss werden konnte, das mehr Energie freisetzen würde als alle jemals gebauten Atombomben zusammen.
    „Ich habe etwas für dich“, sagte Walter. „Die Chinesen waren fleißig. Mit dem Himmelspalast waren sie in der optimalen Position und haben mit ihren Teleskopen einige Bilder geschossen. Hier kommt Mephisto.“
    Der Meteorit sah aus wie eine unförmige Kartoffel. Anne konnte kleinere Einschläge auf der Oberfläche erkennen, ein Zeichen, dass er schon lange unterwegs war, Millionen oder sogar Milliarden Jahre. Die Kartoffel drehte sich langsam um sich selbst. Jetzt kam die Rückseite ins Blickfeld. Sie sah vollkommen anders aus, zerklüftet, mit zahlreichen Vorsprüngen und Spalten.
    „Wahrscheinlich kommt er aus dem Asteroidengürtel“, meinte Walter.
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