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Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)

Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)

Titel: Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
Autoren: Rudi Klausnitzer
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führt.
     

     
    Heute müsste Snow seine Karte von Soho nicht mehr selbst zeichnen, sondern könnte für seine Untersuchungen auf Google Maps und dessen geografische Daten zurückgreifen und diese mit Krankenhausinformationen, Suchanfragen, Google-Trends, Twitter-Auswertungen und bald wahrscheinlich auch mit den Daten von Biosensoren verknüpfen. Die gesammelten Informationen könnte er mithilfe von allgemein verfügbaren Diensten speichern, verarbeiten und schließlich die notwendigen Analysen auf seinem persönlichen Computer durchführen.
    Was Dr. Snow aber schon damals erkannte, war der Wert dieser Daten. Er analysierte sie und setzte sie in Beziehung zueinander. Das Ergebnis waren Informationen, mit denen es ihm damals gelang, die Behörden von der Notwendigkeit von Maßnahmen zu überzeugen.
     
    Die 40-Sekunden-Wette
    „Die paar Minuten waren die reinste Hölle für unsere 28 US-Sabre-Jetfighter im Kampf mit fast 50 russischen MIGs, die wie die zornigen Bienen rund um uns herumschwirrten“, beschreibt ein US-Pilot die Cockpit-Situation in einem Luftkampf im Koreakrieg der 1950er-Jahre. „Ich stieg nochmals auf rund 6100 Meter und stieß auf 6 MIGs. Da ich in einer guten Angriffsposition war, suchte ich mir eine von ihnen aus und feuerte zwei Runden. Eine traf den Rumpf der Maschine des Feindes, die andere ging über die MIG hinweg. Sofort kam Rauch aus seinem Heck, ich traf ihn mit einer weiteren Runde wieder in den Rumpf und sein Jet begann zu brennen. Ich nahm das Gas zurück und folgte ihm runter auf 1980 Meter, wo ich sah, wie die Maschine auseinanderbrach. Plötzlich hörte ich einen Sound wie eine Popcornmaschine, wirbelte herum und sah zwei MIG aus einer für sie sehr guten Position auf mich feuern. Das war eine teuflische Überraschung …“
    Der Augenzeugenbericht aus diesem Kampf auf Leben und Tod lässt den blitzschnellen Ablauf der Handlungs- und Entscheidungskette spüren, der in solchen Extremsituationen notwendig ist, in denen es darum geht, nichts dem Zufall zu überlassen, die Aktionen des Feindes, aber auch die der eigenen Kollegen konstant im Auge zu behalten, ständig die Instrumente der Maschine zu beobachten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. 2
    Die Wette, die der junge US-Navy-Pilot John Richard Boyd damals seinen Kollegen anbot, war simpel und legendär: „Wenn du es schaffst, innerhalb von 40 Sekunden an die Heckflosse (Anm.: die gefährlichste Position, die ein Feind innehaben kann) meiner Maschine zu kommen, zahle ich dir 40 Dollar.“ Viele versuchten es, kein einziges Mal musste Boyd zahlen. Ob Freund oder Feind – jeder, der ihn kannte, betrachtete John R. Boyd als außergewöhnlichen Charakter. Ein US-Kampfjet-Pilot im Koreakrieg und späterer „Top Gun“-Instrukteur. Unangepasst, im ständigen Kampf mit der Bürokratie der US-Army, ein guter Pilot, aber vor allem ein ausgezeichneter Stratege und innovativer Denker. 3
    Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, was dieser US-Pilot mit unserem Thema zu tun haben soll. Unsere Aufmerksamkeit konzentriert sich auf ein Traktat, das Boyd über militärische Taktik schrieb. Er analysierte, was in den extremen Situationen im Cockpit vorging. Wie man diese Abfolge von Wahrnehmungen, Entscheidungen, Aktionen in ein allgemeingültiges System bringen und dieses nützen kann, um den Feind zu besiegen. Für ihn war der Zyklus, der da sekundenschnell immer wieder ablief, klar: Beobachten, orientieren, die Entscheidung für das Handeln treffen – und handeln! Er nannte diesen rasend schnellen Ablauf den „OODA-Loop“: Observe-Orient-Decide-Act. Dieser Zyklus, so erkannte Boyd, läuft beständig ab, und die exakte und rasche Verwertung der Daten aus der Vielzahl an Wahrnehmungen jeder einzelnen Stufe kann das eigene Handeln optimieren. Ein Konzept zur Ausschaltung von Zufällen, denn Zufälle konnten lebensgefährlich werden! Wir werden Boyd und seinem Konzept im Laufe des Buches noch einige Male begegnen.
    John Snow, unser Arzt in den Zeiten der Cholera, hat bewiesen, dass größere Datenmengen, die auf den ersten Blick nicht nur völlig unterschiedlich, sondern auch zusammenhanglos scheinen, die Basis für Analysen sein können, die zu wichtigen Informationen führen. Er wollte die zunächst zufällig wirkende Verbreitung der Cholera in London nicht akzeptieren und bediente sich bei seinen Überlegungen zur Ausbreitung und der Lokalisierung des Ausgangspunktes der geografischen Verortung von Daten. Ein System, das heute
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