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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition)
Autoren: Gerner, Károly
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formen, wie es gegenwärtig die fast unzähligen Zerwürfnisse und Scheidungen befürchten lassen. Andererseits wusste bereits der römische Dichter Ovid vor zweitausend Jahren poetisch festzuhalten, dass leidenschaftliche Hingaben nicht ewig währen: „Jupiter lacht aus der Höhe über die Meineide der Liebenden und lässt sie bedeutungslos im äolischen Südwind verwehen“. Aber eine solide Partnerschaft ist mehr als überschäumende Schwärmerei. Wenn man allerdings erfährt, dass gegenwärtig (2013) in Ostdeutschland nur noch vierundfünfzig Prozent der Eltern minderjähriger Kinder mit Trauschein zusammenleben, kommt man schon ins Grübeln, ob die Familienform Ehe überhaupt noch eine Zukunft hat. Möglicherweise unterliegt sie tatsächlich einer schleichenden Auflösung.
    Das wäre aber insbesondere deshalb fatal, weil sie von allen Bindungsarten immer noch über das sicherste, günstigste und höchste Geburtenpotenzial verfügt. Und nichts braucht unser arg verschrumpelter Lebensbaum dringender als eigenen Nachwuchs. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um die künftige Sicherung des Wohlstandes, sondern ums Überleben schlechthin. Also müsste die Institution Ehe perspektivisch wieder gestärkt werden, wofür es durchaus reelle Chancen gibt.
     
    Solche und weitere Themen werden im vorliegenden Buch tiefer ausgelotet.
    Den Hauptteil meiner Ausführungen widme ich jedoch einer fast dämonenhaften Geschichte, deren Spukgeister mich unglaublich lange gefangen hielten, weil sie größtenteils realen Vorkommnissen entsprangen. Diese martervolle Peinigung will ich nun endgültig aus meinem Innersten verbannen, indem ich mir freiweg von der Leber schreibe, was mich eine halbe Ewigkeit unbarmherzig in Fesseln schlug.
     
    Damit auch meine geschätzte Leserschaft rasch erahnt, was hinsichtlich des absonderlichen Geschehens als Lektüre zu erwarten ist, sei nachfolgend eigens dafür der wesentliche Handlungsverlauf unserer Story kulant preisgegeben.
    Sonach flugs hin zu den Säulen der Ereignisse! Sie begegnen uns vorerst, trotz meines größtenteils atheistischen Weltbildes, im betont religiösen Gewand, und zwar wie folgt:
     
    Die auffallend schöne und ebenso kluge Diana lag in den letzten Wehen und erwartete ein Kind der Sünde. Das vermochte in der Gemeinde von immerhin knapp viertausend Seelen kaum noch jemanden zu überraschen. Es hatte sich nämlich schon vor Monaten mit Windeseile herumgesprochen, dass ihre bezaubernde Lehrerin vom gleichermaßen attraktiven Priester geschwängert wurde.
    Und nun erntete das aufsehenerregende Liebespaar die kostbarste Frucht seiner inbrünstigen Zuneigung. Auch diese Nachricht machte blitzschnell die Dorfrunde.
    Obwohl die sensationelle Begebenheit unverblümt vom sträflichen Vergehen des katholischen Würdenträgers am Keuschheitsgelübde kündete, das er während seiner Weihe zum Kaplan andächtig vollzog, waren dennoch allesamt zutiefst erfreut und buchstäblich glückstrunken über den neuen Erdenbürger, den sie Abel nannten.
    Jeder genoss auf seine Weise in vollen Zügen das augenscheinlich wohlwollende Entgegenkommen Fortunas: die stolze Mutter, weil sie ihrem Erwählten einen gesunden Sohn schenkte; der frischgebackene Vater, da ihm seine Angebetete den größten Herzenswunsch erfüllte; die Eltern der umschwärmten Wöchnerin, zumal sie bereits seit Längerem sehnsüchtig auf einen oder mehrere Enkel hofften. Und alle Einheimischen sowieso.
    Keiner empfand die Botschaft als beunruhigend, wie üblicherweise zu befürchten wäre. Das Gegenteil davon trat ein: Die Menschen zeigten sich hellauf begeistert. Sie strömten trotz winterlicher Kälte am 18. November 1936 eilends zum großen Marktplatz, umarmten einander jubilierend, stimmten enthusiastisch Lobgesänge an, wiegten sich immer schneller im heißen Rhythmus ihres Nationaltanzes, dem Csárdás, und gerieten dabei zusehends in stürmische Euphorie, gleichsam, als ob sie der Himmel unverhofft mit lauter auserlesenen Gaben überschüttet hätte.
     
    Nur die Erzeuger des scheinbar tollkühnen Missetäters erfuhren nichts vom ungezähmten sexuellen Begehren ihres Nachfahren. Dessen vorgeblich frevelhafte Exzesse hätten sie als strenggläubige Christen ohnehin nicht schadlos verkraftet. Insofern kam ihnen vielleicht der Umstand zugute, dass sich ihr Domizil in der Landeshauptstadt befand. Und Budapest war weit entfernt.
    Da ihre Empfindlichkeit den Verwandten in der südlichen Provinz hinreichend vertraut war,
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