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Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)

Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)

Titel: Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
Autoren: Alyson Noël
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wartet geduldig. Doch als ich nicht an seine Seite eile, kommt er herüber zu dem abgenutzten alten Tisch, an dem ich über einem Buch brüte, das schon so lange Teil meines Lebens ist, dass ich mich an eine Zeit davor gar nicht mehr erinnern kann.
    »Was siehst du dir an ?« Er reibt mir tröstend den Rücken.
    Ich nicke zum Kodex hin. Die Worte wurden mir mitsamt der Atemluft geraubt. Ich weiß nicht, ob das, was ich sehe, real ist oder ob ich nur eine müde alte Frau bin, die auf einmal verrückt geworden ist. Er muss mir das eine oder das andere bestätigen, wobei ich insgeheim auf Letzteres hoffe.
    Sein geflüstertes »Mein Gott« liefert mir den Beweis dafür, dass es nicht an mir liegt.
    Seine starken Arme schließen sich um mich, doch das genügt nicht, um mich vor der Wahrheit abzuschirmen.
    Es geschieht tatsächlich.
    Eine lange vorhergesagte Zukunft ist in die Schwebe geraten.
    Dicht aneinandergeschmiegt blicken wir in den uralten Folianten. Sehen zu, wie Worte, die jahrhundertelang dort gestanden haben, langsam von den Seiten verschwinden.
    Und dort, wo bisher die Prophezeiung stand, einen leeren Fleck zurücklassen.
    »Was hat das zu bedeuten ?« Chays entsetzter Blick sucht meinen.
    Ich ziehe meine rote Strickjacke eng um mich und schaue zum Fenster, das sich wie ein Rahmen um die tanzenden Schneeflocken legt, die vom Himmel fallen.
    Ungern muss ich zugeben, dass ich nicht weiß, was das heißt.
    Ich habe keine Ahnung.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit fehlen mir die Antworten.

Phyre
    W i r sind schon fast zu Hause, als der Schnee zu fallen beginnt und mein Dad beschließt, meine Anwesenheit in seinem Auto zur Kenntnis zu nehmen.
    »Muss ich also davon ausgehen, dass du versagt hast ?«, fragt er in einem Tonfall, der so streng ist wie seine Miene – und so streng wie der nüchterne schwarze Anzug, den er trägt.
    Ich presse die Stirn ans Fenster und starre in eine unendliche Nacht hinaus, die nun weiß glitzert.
    »Antworte mir !« Er tritt heftig auf die Bremse. Hält den Wagen mitten auf der Straße an, als wären wir die Einzigen hier. Sind wir auch.
    Ich presse mich dicht an die Tür und ziehe die Schultern hoch. Jetzt bin ich dran.
    Heimlich hebe ich eine Hand und wische die paar Tränen weg, die ich mir erlaubt habe, bevor er sie sieht, da ich weiß, dass es das nur noch schlimmer macht.
    Das ist meine Rolle. Als ob ich das nicht wüsste. Ich habe sie seit meiner Kindheit eingeübt, seit dem Tag, als er mit dem Finger auf mich gezeigt und erklärt hat, dass ich unter meinen Schwestern seine Erwählte sei.
    »Na ?«, drängt er und fährt keinen Meter weiter, bis ich ihm die Antwort gebe, die er haben will.
    »Es ist nicht so einfach, wie du denkst«, erwidere ich und bereue es sofort. Es ist zu defensiv. Schreibt die Schuld mehr ihm zu als mir. Ich müsste es besser wissen. Diese Art von Taktik funktioniert nie.
    »Tatsächlich ?« Er rutscht hin und her und zerrt unsanft an seinen Ärmeln, genau wie er es jeden Sonntag tut, ehe er die Kanzel besteigt. »Dann sollte ich vielleicht eine deiner Schwestern hierherholen, damit sie sich an deiner statt um die Sache kümmert. Ember oder Ashe – welche wäre dir lieber ?«
    »Keine von beiden.« Die Antwort kommt schnell, ohne Zögern. Ich drehe mich auf dem Sitz zur Seite, bis ich ihm direkt ins Gesicht sehe. »Lass sie in Ruhe«, bitte ich. »Ich schaffe das. Ich mache es. Ich brauche nur …«
    Er starrt mich an. Seine Augen sind dunkel und ohne Gnade.
    »Ich brauche nur ein bisschen mehr Zeit. Es ist lang, wenn man zwei Jahre weg ist. Es ist, als finge man von vorne an. Ich muss erst sein Vertrauen wiedergewinnen. Das ist nicht mehr so leicht. Er hat eine Freundin. Glaubt, er sei verliebt. Und das ist er auch. Ich habe mitbekommen, wie er sie ansieht.« Die Wahrheit hinterlässt einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge.
    »Tja, dann würde ich sagen, du musst eben einen Weg finden, um ihn abzulenken, oder ?«
    Ich schlucke schwer. Nicke, wie er es erwartet. Konzentriere mich auf die andere Seite der Windschutzscheibe und beobachte, wie sich der Schnee in kleinen, vereinzelten Klumpen auf der schmutzig weißen Motorhaube sammelt.
    »Die Zeit wird knapp.« Er geht von der Bremse und lässt den Wagen langsam den Feldweg hinunterrollen.
    Die Zeit ist immer knapp. Das ist sie schon seit meiner Kindheit.
    »Es hat bereits begonnen. Die Zeichen sind überall.«
    Alles ist ein Zeichen. Eine seltsam angebrannte Scheibe Toast – eine Wolkenformation, die
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