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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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an den Führer.«
    »Ihr ward dumme Jungen«, sagte Albert Roth, »dumme kleine Jungen, die das Unglück hatten, im Krieg aufzuwachsen.«
    Kurt Roth legte seine Hand auf die des Vaters.
    Albert Roth fuhr fort: »Volker Sternberg war der Kompaniechef des Volkssturms. Ein Nazi. Er wollte Panzersperren bauen gegen die amerikanischen Panzer, die von Heidelberg her nach Bruchsal durchstießen. Es gab auch noch deutsche Panzer in der Nähe. Die Kampfgruppe Kullmann, im Norden von Bruchsal. Wenn es zu Kämpfen kommen würde, dann im Norden, in der Nähe der Fabrik von Sternbergs Familie. Deshalb wollte er, dass wir im Osten eine Panzersperre aufbauen. Um die Amerikaner abzulenken. Von seiner Fabrik. Verstehen sie?«
    Dengler nickte.
    »Niemand von uns wollte dafür sein Leben riskieren. Es gab Diskussionen. Sternberg schrie, drohte mit der SS.«
    »Er schoss in die Luft. Befahl dann meinem Vater, sein Gewehr herzugeben«, sagte Kurt Roth.
    Einen Augenblick herrschte Stille.
    »Er wollte seine Autorität wiederherstellen«, sagte Albert Roth. »Wenn ich gewusst hätte, was er vorhatte, hätte ich ihm die Waffe nie gegeben.«
    »Er nahm das Gewehr«, sagte Kurt Roth und sah seinen Vater an, »dann befahl er Fritz, seinen Sohn und meinen besten Freund, und mich zu sich. Mitkommen, befahl er. Dann gingen wir zu der Tür des Spritzenhauses, er schloss sie auf. Fritz und ich gingen mit ihm in das dunkle Spritzenhaus.« Albert Roths Augen wurden feucht.
    Er sagte: »Ich begriff zu spät, was er vorhatte. Ich verstand es einfach nicht, konnte es mir nicht vorstellen. Mein Leben lang mache ich mir diesen Vorwurf: zu spät. Ich kam zu spät. Als ich begriff, was er vorhatte, rannte ich zur Tür. Er hatte sie von innen abgeschlossen. Ich hämmerte mit beiden Fäusten dagegen und schrie: Lass meinen Bub raus.«
    Jetzt liefen Albert Roth die Tränen über das Gesicht und hinterließen dunkle Spuren auf seinen Wangen.

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    77. Inmitten des gleißenden Lichtes steht ein Mann
    Inmitten des gleißenden Lichtes steht ein Mann.
    Er schlägt die Tür des Spritzenhauses zu und verriegelt sie. Jetzt erst erkennt Steven Blackmore die beiden Buben. Es sind die gleichen Jungs, die er am Cockpit der Maschine überrascht hat.
    Der Mann trägt ein Gewehr.
    Er kommt auf ihn zu.
    Blackmores Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Die beiden Buben sind ein gutes Zeichen.
    Er wird mich nicht vor den Kindern erschießen.
    Aber der Mann mit dem Gewehr hat einen bösen Blick.
    Direkt vor ihm lädt der Mann die Waffe durch. Die Patrone fährt mit einem ratschenden Geräusch ins Schloss. Mit halb geschlossenen Augenlidern fixiert Blackmore ihn.
    Der Mann befiehlt den Jungen, näher zu kommen.
    Unsicher gehen sie einige Schritte vor. Der Jüngere weint.
    Der Mann schreit ihn an.
    Er reicht die Waffe dem Größeren.
    Draußen hämmert jemand gegen die Tür und schreit: »Lass meinen Buben raus!«
    Der Junge mit dem Gewehr blickt zur Tür.
    Der Mann schreit ihn an.
    Blackmore kann kein Deutsch, aber den Befehl versteht er. »Schieß, Kurt, schieß! Schieß endlich.«
    Blackmore zerrt an seinen Fesseln.
    »Schieß endlich! Schieß!«
    Der Bub heult.
    Die Mündung der Waffe beschreibt einen Kreis.
    Vielleicht trifft er mich nicht!
    Draußen hämmert es weiter gegen die Tür.
    »Lass meinen Buben raus, du Schwein!«
    »Schieß jetzt.«
    Der Mann greift nach dem Lauf und hält ihn direkt an Blackmores Schläfe.
    »Schieß jetzt, schieß, verdammt nochmal.«
    Blackmore sieht dem Jungen in die Augen.
    Der Bub reißt die Waffe zur Seite.
    Der Mann lässt den Lauf los.
    Der Junge drückt ab, und Blackmore fühlt den sengenden Schmerz an seiner Schulter.
    Grenzenlose Erleichterung.
    Vorbeigeschossen. Der Junge hat vorbeigeschossen.
    Den Schmerz in der Schulter spürt er kaum.
    Vielleicht schaffe ich es. Komme noch einmal davon.
    Blackmore reißt an den Fesseln. Er spürt, wie sie sich lockern.
    Der Mann lädt die Waffe durch und drückt sie dem kleineren Jungen in die Hand.
    Brüllt ihn an.
    »Schieß du jetzt.«
    Der Junge wimmert. Er pinkelt in die Hose. Blackmore sieht die Pisse aus den kurzen Hosen das Bein herunterlaufen.
    »Schieß, Fritz, verdammt, schieß endlich.«
    Wieder hält der Mann die Mündung direkt an Blackmores Schläfe.
    »Schieß jetzt, oder ich schlag dich tot.« Blackmore sucht den Blick des kleinen Jungen. Aber der Bub hat die Augen geschlossen.
    »Schieß endlich!«
    Entsetzt sieht er, wie der rechte Zeigefinger des Buben sich zum Abzugbügel
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