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Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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Jahren verirrte sich gar niemand in die düsteren Adasümpfe.
    Die Novizin betrat lautlos die Halle und näherte sich mit gesenktem Blick dem Thron. Sie kniete nieder und küsste die Schuhspitze, die unter dem schwarzen Umhang hervorlugte.
    »Mutter Morad, Ihr habt mich rufen lassen?«
    Die Äbtissin war eine Furcht einflößende Frau von über neunzig Jahren. Das Alter hatte tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben, das von langem weißen Haar umrahmt wurde. Sie war zierlich gebaut, und die Zeit hatte sie knochig und hager werden lassen. Das Beängstigende an ihr waren jedoch die Augen, die schon so viel Böses gesehen hatten. Ihr Blick grub sich tief in jede Seele und zerrte die Gedanken und Gefühle ihres Gegenübers ohne Gnade ans Licht. So lebten ihre Anhänger in demütiger Furcht vor ihr, aber auch in begeisterter Hingabe an die Mächte des Bösen.
    Die Äbtissin besaß das zweite Gesicht. Diese Visionen vergrößerten ihre Macht über ihre Anhänger und ihre Feinde. Früher war sie oft gereist, um ihre magischen Künste zu vervollkommnen und ihr Wissen über die Unterwelt zu mehren, doch seit ein Dämon ihr bei einer Beschwörung ein Bein ausgerissen hatte, hatte sie das Kloster nicht mehr verlassen. Seither saß sie auf ihrem Thron und gab von hier aus Anweisungen.
    »Du kannst dich erheben, mein Kind.«
    Die Novizin richtete sich auf. Sie war ebenfalls ganz in Schwarz gekleidet, nur das Amulett mit dem Abbild des Dämonen, den die Mutter Oberin für sie ausgewählt hatte, funkelte feuerrot zwischen den Falten des Stoffes.
    »Womit kann ich Euch und dem Orden dienen?«, fragte das Mädchen gehorsam. Es stand aufrecht da, die Hände übereinander gelegt.
    »Tonya, eine wichtige Aufgabe wartet auf dich. Ich habe es in meinen Träumen gesehen. Astorin, der große schwarze Magier, ist auf dem Weg, uns hier in unserer Einsamkeit der Sümpfe zu besuchen.«
    Die Novizin versuchte, sich ihr Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Sie verwunderte nicht nur, dass der Magier den beschwerlichen Weg auf sich nahm, um hierher zu kommen, denn durch ein Tor in der Astralebene konnte man nicht nach Morad kommen. Dafür hatte die Äbtissin gesorgt. Sie wollte keine ungeladenen Gäste, die plötzlich vor ihrem Tor auftauchten. Was Tonya noch viel mehr verblüffte, war die Frage, was sie, eine einfache Novizin, mit der Sache zu tun haben könnte. Nun, vielleicht sollte sie sicherstellen, dass für sein leibliches Wohl gesorgt wurde und die einfachen Schwestern ihn zuvorkommend bedienten.
    »Ich habe dich ausgewählt, weil du zu den wenigen Menschen gehörst, die die Kraft durch ihr Erbe bereits in sich tragen. Schon bei deiner Geburt wurde das Band geknüpft, das dich mit den unteren Ebenen verbindet. Du hast die Macht, über Untote zu gebieten.«
    Tonya wusste von ihrer Gabe, denn sie war der Grund, warum der Orden sie von ihrer Familie getrennt und hierher gebracht hatte. Ob ihre Eltern sie freiwillig hergegeben oder ob der Orden sich das Kind einfach geholt hatte, wusste sie nicht. Die Erinnerung an Eltern und Geschwister war längst verblasst. Tonya wartete stumm darauf, dass die Äbtissin weitersprach und ihr Anweisungen für die ihr zugedachte Aufgabe übertrug.
    »Astorin wird nach Draka reisen, und du wirst ihn begleiten.«
    Tonya wusste, dass sie unaufgefordert nicht sprechen durfte, und meist gelang es ihr, sich daran zu halten, doch in diesem Moment war das Erstaunen zu groß. Sie blickte auf.
    »Draka? Ihr meint, ich werde den Grafen von Draka sehen?«
    Die Äbtissin zog verärgert die dünnen Augenbrauen zusammen. Rasch senkte Tonya den Blick wieder. »Verzeiht«, murmelte sie.
    »Das ist richtig. Du wirst den Grafen von Draka sehen, und du wirst an Astorins Seite gegen ihn kämpfen. «
    Wieder sprudelten die Worte aus Tonya heraus, ehe sie ihnen Einhalt gebieten konnte. »Ich? Meine Ausbildung ist noch lange nicht abgeschlossen. Verzeiht, Mutter Oberin, Graf von Draka ist der mächtigste Vampir der Westlande, ja vermutlich aller Länder um das Thyrinnische Meer. Ich bin nicht stark genug, um es mit ihm aufzunehmen.«
    »Schweig! Ich habe dich für diese Aufgabe ausgewählt, und du wirst sie zu Ehren des Ordens ausführen. Zweifelst du an meiner Urteilskraft?«
    »Nein, Mutter Morad«, beeilte sich Tonya zu versichern und verneigte sich tief.
    »Du wirst deinen Auftrag erfüllen, ich habe es gesehen. Wieder einmal wird der Moradorden eine große Tat vollbringen. Doch ich habe auch deinen Tod gesehen. Du wirst nicht lebend
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