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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus
Autoren: Jules Verne
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durch die Provinzen von Bundelkund zu locken? Nana Sahib setzte das voraus und schickte daher den getreuen Kâlagani zur Ausführung dieses Planes ab.
    Der Nabab verließ bald den Pal von Tandit, der ihm nicht mehr sicher genug schien, und drang weiter in das Nerbudda-Thal bis zu den letzten Schluchten der Vindhyas ein. Da lag die Festung Ripore, die ihm auf den ersten Blick als geeigneter Zufluchtsort erschien, in dem die Behörden Den, welchen sie für todt hielten, schwerlich austreiben würden.
    Nana Sahib zog sich also mit einigen, seiner Person ergebenen Hindus hierher zurück, erhielt bald Verstärkung durch eine Gesellschaft Dacoits, Gesellen, welche würdig waren, unter einem solchen Führer zu dienen, und wartete nun den Lauf der Dinge ab.
    Auf was wartete er seit vier Monaten? Einzig darauf, daß Kâlagani seinen Auftrag durchführen und ihm die baldige Ankunft des Oberst Munro in den Vindhyas anmelden sollte, wo jener unter seine Gewalt kam.
    Nur einer Befürchtung konnte Nana Sahib sich nicht ganz entschlagen. Wenn die über die ganze Halbinsel verbreitete Kunde von seinem Tode auch zu Kâlagani’s Ohren drang und dieser der Nachricht Glauben schenkte, konnte es ihn ja leicht veranlassen, auf sein Verrätherwerk gegenüber Oberst Munro zu verzichten.
    Aus diesem Grunde sendete er noch einen anderen Hindu auf der Hauptstraße nach Bundelkund hin, eben jenen Nassim, der dem Steam-House auf dem Wege durch Scindia unter der Banjari-Karawane begegnete, sich in Verbindung mit Kâlagani zu setzen wußte und diesen über den wahren Sachverhalt aufklärte.
    Nassim kehrte unmittelbar darauf nach der Veste Ripore zurück und theilte Nana Sahib Alles mit, was sich seit Kâlagani’s Abreise aus Bhopal zugetragen hatte. Oberst Munro und seine Begleiter fuhren unter Kâlagnil’s Führung in kleineren Tagereisen durch die Vindhyas, und am Puturia-See sollte man sie erwarten.
    Alles war dem Nabab nach Wunsch gegangen. Der Tag der Rache kam heran.
    Heut’ Abend stand nun Oberst Munro allein, ohne Waffen, vor ihm.
    Nach den ersten rasch gewechselten Worten sahen sich die beiden Männer scharf in’s Gesicht, ohne nur eine Silbe zu sprechen.
    Da, als dem Oberst plötzlich das Bild der Lady Munro recht lebhaft vor Augen trat, stürmte ihm das Blut heftig aus dem Herzen zum Kopfe – er wollte sich auf den Mörder der Opfer von Khanpur stürzen…
    Nana Sahib trat nur einige Schritte zurück.
    Drei Hindus fielen über den Oberst her und bändigten ihn, wenn auch mit großer Mühe.
    Inzwischen hatte Sir Edward Munro die Herrschaft wieder über sich selbst gewonnen. Der Nabab erkannte das offenbar, denn er winkte den Hindus von ihm abzulassen.
    Die beiden Feinde standen sich nun Auge in Auge gegenüber.
    »Deine Landsleute, Munro, begann Nana Sahib, haben die hundertzwanzig Gefangenen von Peschawar vor die Mündungen ihrer Kanonen gebunden, und seit jenem Tage sind über zwölfhundert Sipahis desselben entsetzlichen Todes gestorben! Deine Landsleute metzelten ohne Schonung die Flüchtlinge von Lahore nieder, erdrosselten nach der Einnahme von Delhi drei Fürsten und neunundzwanzig andere Mitglieder der königlichen Familie; sie haben in Laknau sechstausend der Unsrigen und dreitausend nach dem Feldzuge im Pendschab gemordet! Alles in Allem sind durch die Kanone, die Flinte, den Galgen und das Schwert hundertzwanzigtausend Officiere und Soldaten der Natifs-Armee und zweihunderttausend Eingeborne von Euch wegen jener Erhebung für unsere nationale Unabhängigkeit grausam hingeopfert worden!
    – Zum Tode mit ihm! Zum Tode!« riefen die Dacoits und die Hindus, welche Nana Sahib umringten.
    Der Nabab gebot ihnen Stillschweigen und wartete, daß Oberst Munro ihm antworten sollte.
    Der Oberst erwiderte nichts.
    »Du selbst, Munro, fuhr der Nabab fort, hast mit eigener Hand die Rani von Jansi, meine treue Gefährtin, getödtet… und sie ist noch nicht gerächt!«
    Oberst Munro schwieg auch hierauf still.
    »Endlich ist vor vier Monaten, sagte Nana Sahib, mein Bruder Balao Rao unter den mir bestimmten Kugeln gefallen… und mein Bruder ist noch nicht gerächt!
    – Zum Tode! Zum Tode mit ihm!«
    Die Rufe erklangen lauter als vorher und die ganze Horde schien nicht übel Lust zu haben, über den Gefangenen herzufallen.
    »Ruhe! rief Nana Sahib, erwartet die Stunde des Gerichts!«
    Alle schwiegen.
    »Es war, nahm der Nabab wieder das Wort, einer Deiner Vorfahren, Munro, jener Hektor Munro, der zuerst jene gräßliche Strafe ersann
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