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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Autoren: J.R.R. Tolkien
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ursprünglichen Vorstellungen von ihrem Schluss aufgegeben. Diese Vorstellungen kann man freilich aus seinen Notizen erschließen; doch diese sind zum größten Teil in rasender Eile mit Bleistift geschrieben, die Handschrift ist inzwischen verwischt und undeutlich und stellenweise selbst nach langenBemühungen kaum zu entziffern. Die Notizen befinden sich auf kleinen Papierschnipseln, ungeordnet und undatiert, oder in einem kleinen Notizbuch, in dem er während der jahrelangen Arbeit an den Verschollenen Geschichten flüchtig seine Gedanken und Überlegungen niederschrieb (vgl. S. 279). Normalerweise sind diese Notizen zum »Eriol«- oder dem »Englischen« Element nur knappe Entwürfe, in denen die wichtigsten Züge der Erzählung, oft ohne inhaltliche Beziehung, in Form kurzer Abrisse skizziert sind; und diese weichen ständig voneinander ab.
    In einer Skizze, die sich in diesem kleinen Notizbuch findet und bei der es sich auf jeden Fall um einen der frühesten dieser Abrisse handeln muss, überschrieben »Geschichte von Eriols Leben«, wird der Seefahrer mit der Überlieferung in Beziehung gesetzt, nach der Britannien im 5. Jahrhundert n. Chr. von Hengest und Horsa besetzt wurde. Dies war ein Ereignis, dem mein Vater viel Zeit und Nachsinnen widmete; er las darüber in Oxford und entwickelte bestimmte neue Theorien, besonders im Zusammenhang mit dem Auftauchen von Hengest im Beowulf . 3
    Aus diesen Notizen erfahren wir, dass Eriols ursprünglicher Name Ottor lautete, er sich selber aber Wǽfre (altenglisch ›ruhelos‹, ›umherwandernd‹) nannte und sein Leben auf dem Meer verbrachte. Sein Vater hieß Eoh (altenglisch Dichtersprache ›Pferd‹). Eoh wurde von seinem Bruder Beorn erschlagen (beorn, altenglisch ›Krieger‹, ursprüngliche Bedeutung ›Bär‹, wie das verwandte altnordische björn; vgl. Beorn im Hobbit, der »Pelzwechsler«). Eoh und Beorn waren die Söhne von Heden, dem »in Leder und Pelz Gekleideten«, und Heden verfolgte seine Abstammung bis zum Gott Wóden zurück (wie viele Helden der nordischen Sage). In anderen Notizen gibt es weitere Verbindungen und Beziehungen, doch da von dieser Geschichte keine zusammenhängende Erzählung existiert, sind diese Namen nur insofern von Bedeutung, als sie die Richtung anzeigen, in der sich das Denken meines Vaters zu jener Zeit bewegte.
    Ottor Wǽfre lebte auf der Insel Helgoland in der Nordsee, und er heiratete eine Frau namens Cwén (altenglisch ›Frau‹, ›Gattin‹); sie hatten zwei Söhne, wovon der eine »nach seinem Vater« Hengesthieß (hengest, altenglisch ›Pferd‹), der andere Horsa, »um Eoh zu rächen«.
    Dann wurde Ottor Wǽfre von der Sehnsucht nach dem Meer gepackt: Er war ein Sohn Earendels und unter dessen Lichtstrahl geboren. Wenn ein Strahl Earendels auf ein neugeborenes Kind fällt, wird dieses ein »Kind Earendels« und ein Wanderer. (So auch in der Hütte des Vergessenen Spiels, wo Eriol vom Autor und von Lindo »Sohn Earendels« genannt wird.) Nach dem Tod von Cwén verließ Ottor seine kleinen Kinder. Hengest und Horsa rächten Eoh und wurden mächtige Stammesführer; aber Ottor brach auf, um Tol Eressea zu finden, und fand es auch, hier altenglisch se uncúpa holm genannt, die »unbekannte Insel«.
    In diesen Notaten wird einiges über Eriols Aufenthalt in Tol Eressea mitgeteilt, das nicht im Buch der Verschollenen Geschichten erscheint, doch brauche ich hier daraus nur die Bemerkungen zu zitieren, dass »Eriol den Namen Angol annahm« und dass er später von den Gnomen (den späteren Noldor; vgl. S. 83) »nach seinem Heimatland« Angol genannt wurde. Dies bezieht sich mit Sicherheit auf die alte Heimat der »Engländer«, bevor sie über die Nordsee nach Britannien zogen: altenglisch angel, angul, neuhochdeutsch Angeln, das Gebiet der dänischen Halbinsel zwischen der Flensburger Förde und dem Fluss Schlei, südlich der heutigen dänischen Grenze. Von der Westküste der Halbinsel ist es nicht sehr weit nach Helgoland.
    An einer anderen Stelle steht Angol als gnomische Entsprechung von Eriollo, und es heißt von diesen Namen, sie stammten aus »der Gegend im nördlichen Teil der Großen Lande, ›zwischen den Meeren‹, woher Eriol kam«. (Weitere Angaben zu diesen Namen siehe unter Eriol im Anhang.)
    Man darf nicht denken, dass diese Notizen die Geschichte Eriols umfassend wiedergeben, wie mein Vater sie zum Zeitpunkt der Niederschrift der Hütte des Vergessenen Spiels konzipiert hatte, doch immerhin heißt es dort,
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