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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Autoren: J.R.R. Tolkien
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umher.
    Es gab nun in diesem Gartenfleck ein hohes Tor aus Gitterwerk, golden schimmernd in der Dämmerung, das zum Pfad der Träume führte, und von dort verliefen gewundene Wege, gesäumt mit hohem Buchsbaum, zum schönsten aller Gärten, und in der Mitte des Gartens stand ein weißes Häuschen. Woraus es gebaut war und wann, wusste niemand zu sagen, und auch heute weiß man es nicht, doch man hat mir erzählt, dass ein mattes Licht von ihm ausging wie von einerPerle, und sein Dach war mit Stroh gedeckt, doch dieses war von Gold.
    Auf der einen Seite der Hütte nun wucherte ein Dickicht von weißem Flieder und auf der anderen wurzelte eine mächtige Eibe, aus deren Schösslingen die Kinder sich Bogen schnitzten oder über deren Äste sie auf das Dach kletterten. Doch in dem Fliedergebüsch sammelten sich die Vögel mit den schönsten Stimmen und sangen und sangen. Vom Alter gebogen waren die Wände der Hütte, und die Gitter vor ihren vielen kleinen Fenstern wanden sich in seltsamen Formen. Niemand, so geht die Rede, wohnte darin, der nicht von den Eldar insgeheim und sorgsam behütet wurde, damit kein Leid sich ihm nähere, und doch wussten die Kinder, die ungebunden darin spielten, nichts von dieser Hut. Dies nun war die Hütte der Kinder oder die des Spiels des Schlafs und nicht die des Vergessenen Spiels, wie es fälschlich in einem Lied unter den Menschen geheißen hat – denn kein Spiel geriet damals in Vergessenheit, die Hütte des Vergessenen Spiels aber, ach, sie gibt es heute nur noch hier.
    Jene damals waren auch die ersten Kinder – die Kinder der Väter der Menschenväter, die dorthin kamen; und aus Mitleid suchten die Eldar alle, die jenen Pfad entlangkamen, zur Hütte und in den Garten zu geleiten, damit sie sich nicht nach Kôr verirrten und bezaubert würden vom Glanze Valinors; dann nämlich würden sie entweder auf immerdar dort bleiben und großes Herzeleid über ihre Eltern bringen, oder sie würden zurückwandern, auf immer die vergebliche Sehnsucht im Herzen, und sonderlich werden und ungebärdig unter den Kindern der Menschen. Nein, einige gar, die bis zum Rand der Felsen von Eldamar wanderten und dort umherstreiften, geblendet von den schönen Muscheln, vielfarbenen Fischen, den blauen Weihern und dem Silberschaum, sie kehrten zur Hütte zurück,die sie so sanft anlockte mit dem Duft vieler Blumen. Allerdings gab es gleichwohl ein paar, die an jenem Strand die lieblichen Flöten der Solosimpi von fern her gehört hatten, und diese spielten nicht mit den anderen Kindern, sondern erklommen die oberen Fenster, begierig, jenseits der Schatten und Bäume einen Blick auf das ferne Meer zu erhaschen und auf die verzauberten Küsten.
    Meistenteils aber gingen die Kinder nicht oft in das Haus, vielmehr tanzten und spielten sie in dem Garten, pflückten Blumensträuße oder jagten den goldenen Bienen und den Schmetterlingen mit den reichgeschmückten Flügeln nach, welche die Eldar zum Vergnügen der Kinder in den Garten gesetzt hatten. Viele Kinder sind dort Freunde geworden, die sich später in den Ländern der Menschen wiedertrafen und liebten, doch davon wissen die Menschen vielleicht mehr, als ich euch erzählen kann. Doch einige gab es dort, die, wie ich erzählt habe, die Flöten der Solosimpi aus der Ferne hörten, oder andere, die bei neuen Streifzügen außerhalb des Gartens die Telelli auf dem Hügel singen hörten. Ja, es gab sogar einige, die in Kôr gewesen und danach heimgekehrt waren, und ihre Gedanken und Herzen waren des Staunens voll. Aus den verschwommenen Erinnerungen jener, aus ihren unfertigen Erzählungen und abgebrochenen Liedern erwuchsen viele sonderbare Sagen, welche die Menschen lange Zeit entzückten und es vielleicht noch immer tun: Aus diesen Kindern nämlich wurden die Dichter der Großen Lande. 7
    Als nun die Feen Kôr verließen, wurde jener Pfad für immer mit großen unübersteigbaren Felsen versperrt, und bis auf den heutigen Tag steht die Hütte gewisslich leer, und der Garten liegt verlassen, und so wird es bleiben bis lange nach dem Auszug, wenn, so alles einen guten Lauf nimmt, die Straßen durch Arvalin nach Valinor von den Söhnen und Töchtern derMenschen erfüllt sein werden. Als die Eldar aber sahen, dass keine Kinder kamen, um sich dort zu erfrischen und zu vergnügen, breiteten sich Kummer und Trübsal unter ihnen aus, und die Menschen hörten beinahe auf, an die Schönheit der Eldar und den Ruhm der Valar zu glauben oder ihrer zu gedenken, bis einer
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